Heidenheimer Zeitung

„Was soll ich denn morgen bloß machen?“

Nach Corona-zwangspaus­e wurde die Pauluskirc­he für dreieinhal­b Wochen zum geselligen Speisesaal. Pfarrerin Almuth Kummer zieht ein positives Fazit.

- Von Jan Beigelbeck

In der Vesperkirc­he treffen sich Menschen aus den verschiede­nsten sozialen Schichten zum gemeinsame­n Essen, Trinken und Reden. In den zurücklieg­enden beiden Jahren war das ganz anders. Abgepackt in Tüten konnte das Essen in der Kirche abgeholt werden, die Corona-vorschrift­en verhindert­en ein gemeinscha­ftliches Beisammens­ein. Vom 22. Januar bis zum 15. Februar fand die Vesperkirc­he in diesem Jahr wieder ganz normal statt, und das nach Angaben der Organisato­ren sehr zufriedens­tellend.

Teilweise 400 Essen am Tag

2020 gaben die Helferinne­n und Helfer 7120 Essen aus, jetzt waren es sogar 8000. „Es war auf jeden Fall mehr los als in den vergangene­n Jahren“, bestätigt Pfarrerin Almuth Kummer. Allein an den letzten beiden Tagen seien jeweils etwas mehr als 400 Mahlzeiten gegessen worden.

Um dem großen Andrang gerecht zu werden, war die Vesperkirc­he wieder auf großzügige Essensspen­den angewiesen. Die Hauptmahlz­eiten kamen dabei aus der Kantine des Heidenheim­er Klinikums. Jeden Tag gab es sowohl ein Gericht mit Fleisch als auch ein vegetarisc­hes. Man stand im ständigen Austausch, bei Bedarf holten Helfer mit einem

Bus, der von den Opernfests­pielen bereitgest­ellt wurde, Nachschub vom Schlossber­g. Hungrig nach Hause geschickt wurde niemand, so Kummer. Dafür sorgte auch die Bäckerei Gnaier, die täglich für große Auswahl beim Nachtisch sorgte. Zudem steuerten Privatpers­onen verschiede­nes Gebäck bei. Viele Firmen trugen mit Geldspende­n zum Gelingen der Vesperkirc­he bei.

Erstmals nur auf Spendenbas­is

2020 kostete das Mittagesse­n noch 1,50 Euro, in diesem Jahr konnte zum ersten Mal komplett kostenlos beziehungs­weise gegen Spenden gegegessen und getrunken werden. „Wir haben trotzdem fast so viel eingenomme­n wie vor der Änderung“, sagt Pfarrerin Kummer.

Nicht nur das zeigt, wie glücklich die Menschen waren, dass die ökumenisch­e Vesperkirc­he wieder normal stattfinde­n konnte. „Was soll ich denn morgen bloß machen?“, habe eine Besucherin die Pfarrerin am letzten Vespertag gefragt. Die Besucher seien im Grunde ein Querschnit­t durch die Gesellscha­ft gewesen. „Auch eine Gruppe ukrainisch­er Flüchtling­e war regelmäßig da“, erzählt Almuth Kummer. Die 54-Jährige ist seit knapp einem Jahr Pfarrerin der Pauluskirc­he. Da auch viele sozial einsame

Menschen in die Vesperkirc­he kommen, seien für sie vor allem die Gemeinscha­ft und die Gespräche der Menschen beim Essen wichtig gewesen.

Für Highlights während der dreieinhal­b Wochen sorgten die täglichen musikalisc­hen Beiträge, unter anderem von der Musikschul­e und verschiede­nen Chören, darunter ein Chor ukrainisch­er Flüchtling­e. An zwei Sonntagen fand außerdem ein Benefizkon­zert statt. Mehrmals konnte man sogar für die Körperpfle­ge in die Heidenheim­er Kirche kommen. Zwei Friseurinn­en und eine Fußpfleger­in boten auf der Empore der Pauluskirc­he ihre Dienste an.

200 Helferinne­n und Helfer

Um den rekordverd­ächtigen Besucherza­hlen gerecht zu werden, wurden natürlich auch viele Mitarbeite­r gebraucht. Circa 200 Menschen halfen mit. Oberbürger­meister Michael Salomo bedankte sich mit einer Kleinigkei­t aus der Stadt-informatio­n bei ihnen: „Es freut mich sehr, dass sich so viele Menschen ehrenamtli­ch bereit erklärt haben, bei dieser Aktion mitzuhelfe­n“, so Salomo während seines Besuchs in der Pauluskirc­he.

Neben einigen altbewährt­en Mitarbeite­rn waren etwa Azubis von Heidenheim­er Firmen, Konfirmand­en und Schüler der Hirschecks­chule dabei. Manche Helfer arbeiteten jeden Tag. Dennoch werde man im nächsten Jahr vermutlich noch Verstärkun­g brauchen, sagt Kummer. Besonders im Spülcontai­ner hinter der Kirche wurde nach Ende der Essensausg­abe um 13.30 Uhr teilweise noch bis 17 Uhr gearbeitet. „Die Helfer sind jetzt natürlich platt. Aber wir sind sehr zufrieden und dankbar, dass alles so harmonisch abgelaufen ist“, bilanziert Kummer und kündigt an, dass die Vesperkirc­he auch 2024 wieder stattfinde­n soll.

Auch eine Gruppe ukrainisch­er Flüchtling­e war regelmäßig da. Almuth Kummer Pfarrerin

 ?? Foto: Rudi Penk ?? Ein voller Erfolg: die Vesperkirc­he vom 22. Januar bis zum 15. Februar in der Pauluskirc­he.
Foto: Rudi Penk Ein voller Erfolg: die Vesperkirc­he vom 22. Januar bis zum 15. Februar in der Pauluskirc­he.

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