Hexen hoch hinaus!
Zwei Jahre lang trieben sie ihr Unwesen im Verborgenen, jetzt stürmten die Panscherhexen wieder das Rathaus – die Anklageschrift im Gepäck.
Ganz bestimmt hat es Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle nicht immer leicht. Trotzdem: Mit so blassem Gesicht hat man ihn selten erlebt. Regelrecht weiß war es. Und überhaupt – auch die Gesichtsform schien anders als sonst. Genau betrachtet, wirkte sogar die Kleidung etwas seltsam . . .
Ah, doch dann! Henle hob den Arm und? Zeigte den Giengenern wieder sein normales Gesicht. Die weiße Bärenmaske, die er sich für den Rathaussturm der Panscherhexen ausgesucht hat, schob er für einen kurzen Moment aus dem Gesicht – um auch vernünftig sehen zu können, was sich da abspielt vor dem Rathaus – bei bestem Wetter und nach zwei Jahren Hexenpause.
Sehr lustige Kostüme
Was sich da abspielte? Polonaisen waren es, tanzende Kinder, verkleidete Besucherinnen und Besucher, die sich unter die Panscherhexen mischten und großen Spaß hatten. Nicht zu vergessen einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Giengener Stadtverwaltung, die sich mit ihren Kostümen in diesem Jahr gegenseitig übertroffen haben. Zwei Jahre Pause? Da blieb offenbar viel Zeit zum Nachdenken.
Im Verborgenen ihr Unwesen treiben mussten auch die Panscherhexen in den vergangenen Monaten. Allerdings stellten sie vor allen klar: „Hand ihr glaubt, dass mir verschwunda sind? Des isch a Witz, des woiß doch jedes Kind, dass mir Hexa – wenn au net direkt vor Ort, im Städtle hearat jedes Wort!“
Ausreichend Worte also, um informiert zu sein über das, was sich in und um Giengen zuletzt getan hat. Vor allem kritische Worte musste sich die Stadtverwaltung von den Hexen zur ein oder anderen Entwicklung anhören. Eine 30er-zone in der Innenstadt? Ein Industriepark an der
A 7? Eine Großbaustelle am Reichsstadtring? Alles Dinge, von denen die Panscherhexen wenig angetan waren. Auch über ständig neue Stellenausschreibungen und personelle Wechsel in der Verwaltung schimpften sie.
Doch die im wahrsten Sinne des Wortes bunte Truppe um OB Henle wusste sich zu verteidigen. „Mir bugglat und schaffad hochkonzentriert – ihr wissat net ma, wie ma Arbeit buchstabiert! Machat als Saisonarbeiter des, was eich g’fällt – und kassierad am
End’ vom Staat Kurzarbeitergeld?“, konterte Hauptamtsleiter Bernd Kocian, der sich in kurzer Hose und hochgezogenen Tennissocken aus dem Rathaus traute.
Alkohol der gemeinsame Nenner
Auf einen gemeinsamen Nenner aber kamen Hexen und Stadtverwaltung wenigstens bei einem Thema: Alkohol. Nicht, weil sich beide Seiten ausnahmsweise an einem Donnerstagvormittag ein Gläschen gönnten, sondern weil sich die Hexen schon auf den
Winzer-sommer freuen, den es heuer zum ersten Mal geben wird. OB Henle muss lediglich aufpassen, dass ihm die Narrenzunft den Wein nicht verpanscht.
Trotz aller Kritik leistete das Stadtoberhaupt dieses Jahr gnädig kaum Widerstand, als die Hexen ihm den Schlüssel fürs Rathaus abnahmen. Zur Belohnung gab es einen Tanz, bei dem es für die Hexen hoch hinaus ging. Pyramiden in luftigen Höhen? Die Panscherhexen haben es nicht verlernt.