Weniger Bundestagsmandate: Warum nicht folgende Lösung?
Die gegenwärtigen Bemühungen von Regierung und Opposition, die Zahl der Bundestagsmandate durch den Wegfall von Überhangund Ausgleichsmandaten künftig zu begrenzen, sind zu begrüßen. Weniger begrüßenswert finde ich, dass dies zulasten von Direktmandaten gehen soll. Warum nicht folgende Lösung:
Jeder Wahlberechtigte hat weiterhin zwei Stimmen zu vergeben (zwei Stimmen deshalb, weil es 299 Wahlkreise und 598 zu vergebende Mandate gibt), doch es wird nicht mehr zwischen Erst- und Zweitstimme unterschieden, sondern man wählt einfach zwei Kandidaten und mit diesen zugleich deren Partei. So kann man weiterhin einen Kandidaten aus dem eigenen Wahlkreis und einen aus einem anderen Wahlkreis, eine oder auch zwei Parteien wählen. Gewählt wird ausschließlich nach dem Verhältniswahlrecht, die Fünf-prozentklausel wird beibehalten.
Auf den Landeslisten der Parteien stehen die Kandidaten in alphabetischer Reihenfolge. Der Wähler kreuzt den oder die Kandidaten seiner Wahl an und entscheidet damit allein über dessen bzw. deren Rangfolge auf der Landesliste. Ebenso bleibt es ihm überlassen, für zwei Frauen, für zwei Männer oder für eine Frau und einen Mann zu stimmen. Dass Parteien, die hier nur sehr einseitige Angebote machen, sich letzten Endes selbst um Stimmen bringen, dürfte auf der Hand liegen. Der einzige Nachteil dieses Verfahrens
besteht darin, dass, wie bei Kommunalwahlen, die Stimmzettel sehr lang werden; Badenwürttemberg hat immerhin 38 Wahlkreise. Aber das müsste die Sache wert sein. Denn ein solches Wahlverfahren rückte, ganz dem Geist der repräsentativen Demokratie und dem Wortlaut des Grundgesetzes entsprechend, den einzelnen Mandatsträger wieder stärker in den Vordergrund, ohne dass die Rolle der Parteien substanziell geschmälert würde.