Todesstoß für den Verbrenner
In zwölf Jahren ist Schluss mit Benzin und Diesel. Zuvor tobt die Debatte um die Abgasnorm Euro 7. Wie teuer werden Autos, fallen Arbeitsplätze weg?
Ein Countdown wird so runtergezählt: 4, 3, 2, 1. Bei der Euro-abgasnorm geht es andersherum: Euro 5, Euro 6 – und jetzt Euro 7. Irgendwann ist immer das Ende erreicht: 2035 sollen aus dem Auspuff eines neuen Pkw keine Rußpartikel, Stickoxide, kein Kohlendioxid mehr kommen. Bis es so weit ist, dürfte noch einige Zeit vergehen und die Diskussion um Grenzwerte, Tests und Termine anhalten.
Die Eu-kommission hält den Straßenverkehr für die größte Quelle der Luftverschmutzung in Städten. Deshalb müssten erlaubte Stickoxide für Diesel und Emissionen wie Feinstaub etwa durch Bremsen oder Reifenabrieb sinken, letzteres auch bei E-autos. Abgas-grenzwerte für Benziner bleiben gleich. Ein sogenanntes Onboard-monitoring muss nach den Plänen Überschreitungen erkennen. Prüfbedingungen sollen strenger werden.
Die Fahrzeugbranche will zwar laut Vw-konzern einen Beitrag für bessere Luft leisten, bezeichnet aber den aktuellen Euro 7-Vorschlag der Kommission wegen seiner „unrealistischen zeitlichen Zielvorgaben“bis Juli 2025 für Hersteller und Genehmigungsbehörden als „nicht umsetzbar“. Produktionsstopps in Europa seien dann unvermeidlich, heißt es aus Wolfsburg auf Anfrage für die Marken Porsche, Audi und VW Pkw: „Der Euro 7 Vorschlag würde in seiner jetzigen Form große personelle und finanzielle Ressourcen binden.“Diese könnten sinnvoller zukunftsgerichtet für die Elektrifizierung eingesetzt werden.
Ein Argument, das auch der Bus- und Lkw-hersteller Daimler Truck verwendet. Die „Milliarden von Euro“für neue Motoren- und Abgasnachbehandlungs-technologien würden personelle und finanzielle Ressourcen binden und sollten besser für emissionsfreie Technik eingesetzt werden. Die Autoländer Bayern, Baden-württemberg und Niedersachsen hatten die Bundesregierung aufgefordert, die aktuellen Pläne zu Euro 7 nicht zu akzeptieren. Bundesumweltministerin Steffi Lemke mahnte realisierbare Einführungsfristen an, damit Arbeitsplätze erhalten und modernisiert werden könnten. Der Vorsitzende des europäischen Autobranchenverbands Acea Renault-chef
Luca de Meo sieht 300 000 Arbeitsplätze gefährdet.
Ein weiterer umstrittener Punkt ist die Verteuerung von Autos. Statt 120 Euro wie die EU sieht das Bundesverkehrsministerium 400 Euro Mehrkosten auf Käufer zukommen. Während de
Meo zwischen 7 und 10 Prozent mehr vorhersagt, hält die EU bei Kleinwagen eine Erhöhung von 0,8 Prozent und bei Diesel von 0,7 Prozent für realistisch. Wie die Industrie auf so hohe Werte komme, sei nicht nachvollziehbar, heißt es dagegen aus Brüssel.
Der Kommissions-vorschlag führe laut Volkswagen-konzern „besonders bei der Einstiegsmobilität zu geringeren Verkäufen, längerer Haltedauer alter Fahrzeuge und einer verlangsamten Flottenerneuerung“. Sprich: schmutzigere Autos werden länger gefahren. BMW sieht eine mögliche Verknappung, gerade im Kleinwagensegment.
Nicht wenige Akteure halten Euro 7 aber für notwendig oder sogar zu wenig ambitioniert. Neben Umweltschützern fordert Stefan Bratzel vom Center Automotive Management eine „Debatte mit mehr Rationalität“. Es solle nicht in alte Muster verfallen werden, sagt der Auto-experte. Elektroautos müssten billiger werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Dem Branchenverband VDA werde seit dem Diesel-skandal kaum noch geglaubt, selbst wenn er recht habe.
Das letzte Wort ist bei Euro 7 noch nicht gesprochen. Die Eustaaten und das Europaparlament müssen über das Vorhaben verhandeln und sich auf eine gemeinsame Linie verständigen. Selbst in der Bundesregierung gibt es keine einheitliche Position. Auto-experte Ferdinand Dudenhöffer warnt vor einer „weichgespülten Abgasnorm Euro 7“, die technischen Fortschritt und Transformation zum E-auto behindern würde. Die Argumentation wegfallender Arbeitsplätze kam in jeder Diskussion um eine neue Abgasnorm: Euro 5, Euro 6 – und jetzt Euro 7.
Nötig ist eine Debatte mit mehr Rationalität.