„Es schwindet der Kitt“
Briefwechsel zwischen den Ministern Habeck und Lindner wirkt nach. Union legt Finger in die Wunde.
Stilkritik, Warnung vor einem Wunschkonzert – der per Brief ausgetragene Streit zwischen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) um die Aufstellung des Haushalts schlägt am Tag nach seinem Bekanntwerden weiter hohe Wellen. Auch wenn Wolfgang Büchner, Sprecher der Bundesregierung, am Freitag versuchte, der Auseinandersetzung die Schärfe zu nehmen. „Es ist doch schön, wenn statt E-mails auch mal Briefe geschrieben werden“, sagte er in der Bundespressekonferenz.
Vorausgegangen war ein Briefwechsel, in dem Habeck seinem Kollegen mitteilte, dass die Grünen-kabinettsmitglieder den Haushaltsvorgaben Lindners nicht nachkommen wollten und könnten. Er erwarte stattdessen vom Finanzminister, dass dieser „umweltschädliche Subventionen streichen“und die „Einnahmen vermehren“solle, wenn Geld fehle. Lindner wies diese Forderungen
– ebenfalls per Brief – zurück.
Spd-generalsekretär Kevin Kühnert kritisierte nun die Art und Weise, wie die beiden Minister kommunizieren. „Das öffentliche Austauschen von Briefen ist ein Ritual, bei dem alle Beteiligten verlieren“, sagte er dem „Spiegel“. Der Briefwechsel schwäche den Absender und nerve die Bürger.
Grüner Schuldenbremse-streit
Die Union warnte vor einem Wunschkonzert bei der mittelfristigen Finanzplanung. „Es schwindet der Kitt, der das rotgelb-grüne Bündnis bislang zusammengehalten hat“, erklärte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase (CDU).
Bei den Grünen wurden zudem unterschiedliche Ansichten darüber deutlich, inwieweit die Schuldenbremse nach den coronabedingten Ausnahmejahren künftig gelten soll. Habeck hatte in seinem Brief an Lindner die Sorge geäußert, dass die von mehreren Grünen-ministern geplanten Projekte bei Einhaltung der Schuldenbremse nicht finanziert werden könnten. Dass die Bundesregierung sich an die im Grundgesetz festgelegte Verpflichtung halten solle, den Haushalt weitgehend ohne neue Kredite auszugleichen, daran ließ Habeck aber keinen Zweifel.
Anders die Sprecherin der Grünen Jugend, Sara Lee Heinrich. Sie hatte im Zusammenhang mit der Haushaltsdiskussion per Twitter mitgeteilt: „Die Schuldenbremse muss weg.“Im Bundeswirtschaftsministerium sei dies aber „kein Thema“, sagte ein Sprecher.
Derzeit wird der Haushalt für das kommende Jahr vorbereitet. Er sieht bisher ein Volumen von 424 Milliarden Euro vor. Da mehrere Ministerien – darunter auch Spd-geführte – zusätzliche Wünsche in Milliardenhöhe geäußert haben, muss entschieden werden, welche Vorhaben prioritär sind.