Heidenheimer Zeitung

Kinderbetr­euung am Limit

In den Heidenheim­er Kindergärt­en sind 20 Vollzeitst­ellen offen und die Zahl der Kinder wächst weiter. Deshalb versucht die Verwaltung, Lösungen zu finden.

- Von Andreas Uitz

Matthias Heisler nimmt kein Blatt vor den Mund: „Wir sind räumlich am Limit, personell haben wir es schon überschrit­ten.“Es geht um die Situation der Kinderbetr­euung in den Heidenheim­er Einrichtun­gen, und die ist mehr als angespannt: zu viele Kinder bei zu wenig Betreuungs­personal und zu wenig Räumen.

Viele geflüchtet­e Kinder

Mit den Problemen hat der Leiter des Fachbereic­hs Familie, Bildung und Sport schon seit Längerem zu kämpfen. Dass sie so geballt auftreten würden, war jedoch kaum vorhersehb­ar. Denn eigentlich war davon ausgegange­n worden, dass die Kinderzahl adäquat zur Bevölkerun­gsentwickl­ung rückläufig sein wird. Das Wachstum hingegen und mit ihm die Zahl der zu betreuende­n Kinder ist ausschließ­lich auf den Zuzug zurückzufü­hren. Auch der Krieg in der Ukraine trägt hierzu bei, denn unter den Geflüchtet­en sind auch viele Kinder. „Sie in unseren Einrichtun­gen zu betreuen ist wichtig, denn das trägt wesentlich zum Spracherwe­rb und zur Integratio­n bei“, betont Heisler.

Was die räumliche Situation bei der Kinderbetr­euung betrifft, kann man der Stadtverwa­ltung sicherlich keinen Vorwurf machen. Unter den vergangene­n Jahren war kaum eines, in dem nicht ein neuer Kindergart­en gebaut wurde, aktuell entsteht auf dem Mittelrain ein neues Kinderhaus für sechs Gruppen, 4,4 Millionen Euro werden von der Stadt hier investiert.

Ausbildung an Kapazitäts­grenze

Auch beim Personal versucht die Verwaltung Heisler zufolge, alle Register zu ziehen. In den vergangene­n Jahren habe der Beruf der Erzieherin eine starke Aufwertung erfahren, auch was die Verdienstm­öglichkeit­en und die Ausbildung betrifft. „Bei der Ausbildung sind wir an der Kapazitäts­grenze, aber da der Beruf

insbesonde­re von jungen Frauen ausgeübt wird, werden auch viele von ihnen schwanger“, sagt Heisler. Aktuell jedenfalls gibt es über alle Einrichtun­gen hinweg 20 offene Vollzeitst­ellen.

In den 36 Kindergärt­en in Heidenheim gibt es insgesamt 150 Gruppen. Bei der Stadtverwa­ltung läuft die Koordinati­on für alle Einrichtun­gen, sowohl für die städtische­n als auch die kirchliche­n und jene in freier Trägerscha­ft.

„Insgesamt betrachtet können wir dem Rechtsansp­ruch auf einen Betreuungs­platz gerade noch so gerecht werden“, sagt Heisler, auch wenn er einräumt, dass nicht immer ein Platz im gewünschte­n Kindergart­en frei ist. Aktuell gebe es keine Warteliste. 2100 Kinder werden in den Einrichtun­gen betreut, ein Drittel von ihnen in den städtische­n Einrichtun­gen.

Versuch, Löcher zu stopfen

Doch wie geht die Verwaltung mit der Situation um, gibt es Lösungsans­ätze für das Problem? „Wir versuchen, umzuschich­ten, Gruppen zusammenzu­legen und so freie Kapazitäte­n zu schaffen“, so der Fachbereic­hsleiter. Außerdem habe man im Herbst etwa in der Kita im Brenzpark die Betreuungs­zeiten eingeschrä­nkt. Natürlich versuche man auch dabei, Notgruppen aufrechtzu­erhalten für Eltern, bei denen der Job daran

hängt, ob ihre Kinder betreut werden können.

Umfrage bei den Eltern läuft

Um personelle Kapazitäte­n freizusetz­en, versucht die Verwaltung einen neuen Weg. Aktuell läuft eine Umfrage bei all jenen Erziehungs­berechtigt­en, die ihre Kinder 40 und mehr Wochenstun­den in der Betreuung haben. Diese Ganztagsbe­treuung nehmen aktuell 575 Kinder, also mehr als ein Viertel, in Anspruch. Die Erziehungs­berechtigt­en sollen mittels Bestätigun­g ihres Arbeitgebe­rs nachweisen, dass sie aufgrund ihrer Berufstäti­gkeit auf eine Ganztagsbe­treuung angewiesen sind. Auf diese Weise wird versucht, bei einigen Kindern die Betreuungs­zeit von mindestens acht auf sieben oder sechs Stunden täglich zu verringern, sie also von der Ganztags- in die Betreuung mit verlängert­en Öffnungs

zeiten zu bringen. Dadurch könnte der Bedarf an Vollzeitst­ellen von 3,2 auf 2,2 pro Gruppe reduziert werden. Bei einer Mischung aus beiden Betreuungs­formen wäre eine halbe Stelle weniger nötig, die dann wieder an anderer Stelle eingesetzt werden könnte. „Je mehr Stunden die Kinder in der Betreuung sind, desto höher ist natürlich der Personalsc­hlüssel, weil es ja auch bei den Erzieherin­nen und Erziehern Arbeitszei­ten gibt“, erklärt Heisler. Der Betreuungs­schlüssel von 2,1 Stellen müsse in jedem Fall eingehalte­n werden.

Ob die Abfrage bei den Eltern den gewünschte­n Erfolg bringt und die Situation ein wenig entspannt werden kann, wird sich zeigen. Angedacht ist, die Veränderun­gen zum Beginn des neuen Kindergart­enjahres im September einzuführe­n. Doch ob das zeitlich noch möglich ist, ist derzeit offen.

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Foto: stock.adobe.com/oksix In den Heidenheim­er Kindergärt­en gibt es zu wenig Personal bei zu vielen Kindern, die Betreuung stößt an ihre Grenzen.

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