„Naivität ablegen“
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat der Geldwäsche den Kampf angesagt und plant eine neue Behörde. Der Spd-abgeordnete Sebastian Fiedler will nicht ganz so weit gehen.
Sind im Kampf gegen Finanzkriminalität zu viele Behörden involviert? Sebastian Fiedler:
Bei Ermittlungsbeziehungsweise Strafverfahren ist das nicht das Problem. Ich plädiere deswegen nicht für eine ganz neue Konstruktion, sondern dass das Zollkriminalamt aufgewertet und mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet wird. Die Behörde muss eine eigenständige Bundesoberbehörde, auf Augenhöhe mit dem Bundeskriminalamt, werden. Dort könnte die Stelle für Sanktionsdurchsetzung angesiedelt werden. Und ebenfalls dort könnte man eine Stelle ansiedeln, die eigeninitiativ nach verdächtigem Vermögen sucht – außerhalb von Strafverfahren.
Was genau bedeutet das?
Die Idee ist, dass wir ein Instrument schaffen, mit dem verdächtige Vermögensgegenstände gesucht und eingezogen werden können. Immerhin geht uns jedes Jahr ein hoher zweistelliger Milliardenbetrag durch die Lappen. Die neue Einheit könnte öffentliche Quellen durchforsten. Ab einem bestimmten Verdacht könnten die Ermittler die Gegenstände einziehen. Dazu müsste rechtliches Neuland betreten und in einem Gesetz definiert werden, was einen Vermögensgegenstand zu einem verdächtigen macht. Mit den erweiterten Kompetenzen könnte ohne strafrechtlichen Anfangsverdacht ermittelt werden. Der Staat muss seine Naivität gegenüber der Geldwäsche ablegen. Das wäre ein wirksamer Schritt.
Und was braucht es noch?
Das Zollkriminalamt reicht nicht aus im Kampf gegen Geldwäsche. Ein massives Problem sind nach wie vor die Aufsichtsbehörden der Länder. Die Geldwäscheaufsicht über Wirtschaftsakteure, die nicht zur Finanzindustrie gehören, ist Ländersache, und da liegt der Hase im Pfeffer. Während für die Finanzindustrie die Bafin zuständig ist, ist die LänderAufsichtsstruktur im Nicht-finanzsektor total zerklüftet und mit wenigen Ausnahmen in desaströsem Zustand. Eigentlich hat sie seit 1993, seit es das Geldwäsche-gesetz gibt, noch nie funktioniert. Es gibt mehr als 300 Behörden und Stellen, die für Melde-verpflichtete wie Juweliere, Makler oder Autohändler zuständig sind. Die Länder haben vor über zehn Jahren schon gefordert, dass der Bund die Zuständigkeit komplett übernehmen soll. Diese Konsequenz ist absolut richtig. Allerdings brauchen wir dafür definitiv zusätzliches Personal.