Kampf gegen Geldwäsche
Rund 100 Milliarden Euro werden in Deutschland pro Jahr über „Umleitungen“illegal erwirtschaftet. Finanzminister Lindner will dagegen vorgehen.
Drogenhandel, Prostitution, illegales Glücksspiel, Waffenhandel und Korruption – laut Bundesinnenministerium sind dies die Hauptbetätigungsfelder der Organisierten Kriminalität. Das dort illegal erwirtschaftete Geld wird oft über diverse Konten und Firmen „umgeleitet“und in den normalen Wirtschaftsverkehr geschleust. „Am Ende ist nicht mehr zu erkennen, woher die Gelder kommen und wem sie eigentlich gehören“, so das BMI. Rund 100 Milliarden Euro werden in Deutschland mit Geldwäsche kriminell erwirtschaftet – pro Jahr. Gerade weil hierzulande hohe Barzahlungen möglich sind, gilt Deutschland als Paradies der Geldwäscher. Doch damit soll bald Schluss sein.
Um die Finanzkriminalität entschlossener zu bekämpfen, erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im August, er wolle wichtige Schlüsselkompetenzen bündeln. Dies soll in Form einer Bundesbehörde mit drei Säulen geschehen: eine Art Bundesfinanzkriminalamt, das Ermittlungen in bedeutsamen internationalen Geldwäschefällen führt, die Financial Intelligence Unit, die für Verdachtsmeldungen zuständig ist, sowie eine Zentralstelle für die Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor, heißt es aus Lindners Ministerium.
Auch wenn sich einiges in Sachen Geldwäsche in Deutschland getan hätte, gebe es doch noch allerhand „Nachbesserungsbedarf “, sagt Konrad Duffy, Experte für Finanzkriminalität bei der Bürgerbewegung Finanzwende. Der Kampf gegen die Finanzkriminalität komme immer wieder ins Stocken, weil die zuständigen Behörden gerade auf Landesebene nicht genügend Kompetenzen und Personal hätten. „Die kleinen Fische kriegen wir, aber die großen kommen mit ihrem Verhalten davon“, so Duffy. Lindners Vorstoß für die neue Behörde unterstütze er – „vorausgesetzt, es wird richtig umgesetzt“.
Wann es so weit sein wird, ist noch offen. Ein Bmf-sprecher sagte, dass ein Projektteam „zur gesetzlichen Errichtung und zur operativen Umsetzung“im Dezember seine Arbeit aufgenommen habe; noch in diesem Jahr soll ein Gesetzesentwurf vorliegen. „Nach der geplanten formalen Errichtung der Behörde 2024 ist eine Aufbauphase bis zur Erlangung der vollen Operationalität geplant“, so der Sprecher.
Lehren aus der Vergangenheit sollen dabei berücksichtigt werden, so „soll der Aus- und Fortbildung in der Behörde ein besonderer Stellenwert zur Fortentwicklung der Expertise beigemessen werden. Besonderes Augenmerk wird auch auf innovative It-lösungen gelegt“, heißt es vom Ministeriumssprecher weiter.
Anti-korruptionsexperte Duffy hat ebenfalls genaue Vorstellungen, was bei der Umsetzung beachtet werden sollte: die Bundesbehörde mit den Landesbehörden verzahnen, Datenzugänge und Datenaustausch zwischen den Ebenen ermöglichen. Doch im großen Kampf gegen Finanzkriminalität brauche es noch mehr: Ein vollständiges Transparenzregister, das öffentlich einsehbar ist.
Das ist es in Deutschland derzeit nicht, nachdem der Europäische Gerichtshof Nachbesserung in der Gesetzesbegründung forderte. Es fehlte der Hinweis, wie das Register bei der Bekämpfung von Kriminalität helfe. „Das kostet jetzt wieder alles Zeit“, sagt Duffy resigniert. Zudem sei das Transparenzregister auch noch nicht vollumfassend. Zwar gab es laut Duffy gute Schritte durch das Sanktions-durchsetzungsgesetz hinsichtlich einer Verknüpfung des Registers mit Immobiliendaten. „Solange aber nicht sichergestellt ist, dass eine Eintragung Pflicht wird und es nicht in Echtzeit aktualisiert wird, können Ermittler sich nicht darauf verlassen“, sagt der Geldwäsche-experte.
Zwar kein Allheilmittel, aber ein weiterer Baustein für die Kriminalitätsbekämpfung sei zudem eine Bargeld-obergrenze. „Sie würde die Arbeit erleichtern“, sagt der Experte. Denn diese bislang fehlende Bargeld-obergrenze macht Deutschland für illegale Geldgeschäfte so attraktiv. In anderen europäischen Staaten gibt es sie schon, die EU arbeitet an einer entsprechenden Regelung für eine Obergrenze von 10 000 Euro.
Doch im Dezember sperrte sich Christian Lindner beim Ratstreffen in Brüssel dagegen. Aus seinem Ministerium heißt es dazu auf Nachfrage: Der Bundesfinanzminister habe deutlich gemacht, dass Bürger das „Bargeld weiterhin als Zahlungsmittel im täglichen Gebrauch uneingeschränkt nutzen können sollen“. Dies sei „auch eine Frage der finanziellen Privatsphäre.“
Für die Einführung einer Bargeld-obergrenze auf europäischer Ebene bedarf es allerdings nur einer qualifizierten Mehrheit, also der Zustimmung von 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die zugleich 65 Prozent der Eu-bevölkerung ausmachen.
Die kleinen Fische kriegen wir, aber die großen kommen mit ihrem Verhalten davon. Konrad Duffy Experte für Finanzkriminalität