Kommt Stallpflicht für alle?
Um Ansteckungen mit dem Geflügelpest-virus zu verhindern, gibt es bereits in 13 Stadt- und Landkreisen im Südwesten Schutzzonen.
Im Stall statt draußen picken: Geflügelhalter müssen in den Landkreisen Böblingen, Lörrach, Tübingen und in den Stadtkreisen Stuttgart und Freiburg ihre Tiere drinnen behalten. Vorsorglich, weil Wildvögel mit der hochansteckenden Variante des Vogelgrippe-erregers gefunden worden sind. In Stuttgart waren es tote Möwen, in Tübingen verendete Schwäne.
Nach dem Fund einer infizierten Möwe in Möckmühl wurde von Sonntag auch im ganzen Landkreis Heilbronn Stallpflicht fürs Geflgüel angeordnet.
Das Aufstallen soll ein Überspringen der Krankheit von Wildtieren auf die Vögel von Züchter und Hobbyhaltern verhindern. Stallpflicht gilt bereits seit 10. Februar für Geflügel im Kreis Esslingen in einem 500-Meter-streifen den Neckar entlang, im Ostalbkreis seit 8. Februar in einer Zone um den Bucher Stausee und im Kreis Reutlingen seit vier Wochen für Wannweil, Pliezhausen und weitere Orte. Einzelne Gemeinden in den Kreisen Konstanz und Waldshut hat es ebenfalls getroffen. Funde infizierter Wildvögel meldete das Ministerium für ländlichen Raum und Ernährung zudem letzte Woche bei Laupheim im Kreis Biberach und in Königsbronn im Heidenheim. 13 Kreise haben inzwischen Aufstall-zonen.
Mehr Sicherheit
Für ganz Baden-württemberg wurden vor knapp vier Wochen Biosicherheitsmaßnahmen für alle Geflügelhaltungen angeordnet, vorerst unbefristet. Alle Geflügelställe, von der Wachtel bis zum Strauß, müssen gegen unbefugten Eintritt gesichert sein, Betriebsfremde benötigen Schutzkleidung, Reinigung und Desinfektion ist vorgeschrieben, und es gibt eine Meldepflicht für Todesfälle. Für den Handel gelten zusätzliche Untersuchungs- und Dokumentationspflichten.
Auf eine Stallpflicht für ganz Baden-württemberg werde verzichtet, weil sich die Ausbrüche bei Wildvögeln derzeit auf bestimmte Regionen beschränken und noch nicht landesweit festgestellt
werden, sagt Jonas Esterl vom Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum. Damit folge man auch Empfehlungen des bundesweit zuständigen Friedrich-loeffler-instituts für Tiergesundheit. Über Einschränkungen im Umfeld von Fundorten infizierter Wildvögel entscheide die jeweils zuständige Behörde vor Ort.
Die Übertragung bei Vögeln erfolgt indirekt über Kot oder mit Kot kontaminierte Gegenstände sowie über direkte Tierkontakte als Tröpfcheninfektion. Da das Virus aktuell deutschlandweit in der Wildvogelpopulation auftritt, sei es wichtig, jeden Kontakt von gehaltenem Geflügel mit Wildvögeln so weit wie möglich auszuschließen – um einen Eintrag in Geflügelbestände und Vogelhaltungen weiter zu verhindern.
„Ausdrücklich“gelten die angeordneten Maßnahmen für alle Halter, sagt Ministeriumssprecher Jonas Esterl, „auch für Kleinsthaltungen mit nur drei oder vier Hühnern“. Kontrollen seien möglich, schließlich sei jeder Geflügelhalter verpflichtet, seine Tierhaltung beim Veterinäramt registrieren zu lassen. Zur Früherkennung der Seuche müssen auch Halter kleinerer Bestände Verluste melden, dann wird untersucht, ob die hochpathogene Influenza vorliegt.
Regionale Ausbrüche
Das Geflügelpest-monitoring, die Biosicherheits-verfügung und andere frühzeitige Maßnahmen wie regionales Aufstallen hätten trotz hoher Viruslast eine hohe Infektionswelle mit großen Tierverlusten in Baden-württemberg verhindert, sagt Ministeriumssprecher Esterl. Auf den Ernstfall, die Infektion von Geflügelbeständen, sei das Land gut vorbereitet: „Das Ministerium beobachtet die aktuelle Geflügelpestsituation sehr sorgfältig, um bei Bedarf rasch reagieren zu können.“Zuletzt hat es im Winter 2020/21 bereits lokal begrenzte Ausbrüche im Südwesten gegeben. Landratsämter und Regierungspräsidien absolvierten regelmäßig Tierseuchenübungen, so Esterl. Sollte bei Geflügel in einem Betrieb das hochpathogene Vogelgrippe-virus nachgewiesen werden, müsste der Bestand getötet werden. Ausnahmen seien zwar möglich, aber sehr selten und an strenge Auflagen gebunden.
Der Landesverband der Rassegeflügelzüchter von Württemberg-hohenzollern stehe hinter den angeordneten Biosicherheitsmaßnahmen. „Wir appellieren dringend an unsere Mitglieder, diese einzuhalten“, sagt Pressewart Wilhelm Bauer aus Nürtingen. „Es geht um eine weitere Verhinderung zur Verbreitung des Vogelgrippe-virus‘, das die Bestände massiv gefährdet.“