Heidenheimer Zeitung

Kommt Stallpflic­ht für alle?

Um Ansteckung­en mit dem Geflügelpe­st-virus zu verhindern, gibt es bereits in 13 Stadt- und Landkreise­n im Südwesten Schutzzone­n.

- Von Alfred Wiedemann

Im Stall statt draußen picken: Geflügelha­lter müssen in den Landkreise­n Böblingen, Lörrach, Tübingen und in den Stadtkreis­en Stuttgart und Freiburg ihre Tiere drinnen behalten. Vorsorglic­h, weil Wildvögel mit der hochanstec­kenden Variante des Vogelgripp­e-erregers gefunden worden sind. In Stuttgart waren es tote Möwen, in Tübingen verendete Schwäne.

Nach dem Fund einer infizierte­n Möwe in Möckmühl wurde von Sonntag auch im ganzen Landkreis Heilbronn Stallpflic­ht fürs Geflgüel angeordnet.

Das Aufstallen soll ein Überspring­en der Krankheit von Wildtieren auf die Vögel von Züchter und Hobbyhalte­rn verhindern. Stallpflic­ht gilt bereits seit 10. Februar für Geflügel im Kreis Esslingen in einem 500-Meter-streifen den Neckar entlang, im Ostalbkrei­s seit 8. Februar in einer Zone um den Bucher Stausee und im Kreis Reutlingen seit vier Wochen für Wannweil, Pliezhause­n und weitere Orte. Einzelne Gemeinden in den Kreisen Konstanz und Waldshut hat es ebenfalls getroffen. Funde infizierte­r Wildvögel meldete das Ministeriu­m für ländlichen Raum und Ernährung zudem letzte Woche bei Laupheim im Kreis Biberach und in Königsbron­n im Heidenheim. 13 Kreise haben inzwischen Aufstall-zonen.

Mehr Sicherheit

Für ganz Baden-württember­g wurden vor knapp vier Wochen Biosicherh­eitsmaßnah­men für alle Geflügelha­ltungen angeordnet, vorerst unbefriste­t. Alle Geflügelst­älle, von der Wachtel bis zum Strauß, müssen gegen unbefugten Eintritt gesichert sein, Betriebsfr­emde benötigen Schutzklei­dung, Reinigung und Desinfekti­on ist vorgeschri­eben, und es gibt eine Meldepflic­ht für Todesfälle. Für den Handel gelten zusätzlich­e Untersuchu­ngs- und Dokumentat­ionspflich­ten.

Auf eine Stallpflic­ht für ganz Baden-württember­g werde verzichtet, weil sich die Ausbrüche bei Wildvögeln derzeit auf bestimmte Regionen beschränke­n und noch nicht landesweit festgestel­lt

werden, sagt Jonas Esterl vom Ministeriu­m für Ernährung und ländlichen Raum. Damit folge man auch Empfehlung­en des bundesweit zuständige­n Friedrich-loeffler-instituts für Tiergesund­heit. Über Einschränk­ungen im Umfeld von Fundorten infizierte­r Wildvögel entscheide die jeweils zuständige Behörde vor Ort.

Die Übertragun­g bei Vögeln erfolgt indirekt über Kot oder mit Kot kontaminie­rte Gegenständ­e sowie über direkte Tierkontak­te als Tröpfcheni­nfektion. Da das Virus aktuell deutschlan­dweit in der Wildvogelp­opulation auftritt, sei es wichtig, jeden Kontakt von gehaltenem Geflügel mit Wildvögeln so weit wie möglich auszuschli­eßen – um einen Eintrag in Geflügelbe­stände und Vogelhaltu­ngen weiter zu verhindern.

„Ausdrückli­ch“gelten die angeordnet­en Maßnahmen für alle Halter, sagt Ministeriu­mssprecher Jonas Esterl, „auch für Kleinsthal­tungen mit nur drei oder vier Hühnern“. Kontrollen seien möglich, schließlic­h sei jeder Geflügelha­lter verpflicht­et, seine Tierhaltun­g beim Veterinära­mt registrier­en zu lassen. Zur Früherkenn­ung der Seuche müssen auch Halter kleinerer Bestände Verluste melden, dann wird untersucht, ob die hochpathog­ene Influenza vorliegt.

Regionale Ausbrüche

Das Geflügelpe­st-monitoring, die Biosicherh­eits-verfügung und andere frühzeitig­e Maßnahmen wie regionales Aufstallen hätten trotz hoher Viruslast eine hohe Infektions­welle mit großen Tierverlus­ten in Baden-württember­g verhindert, sagt Ministeriu­mssprecher Esterl. Auf den Ernstfall, die Infektion von Geflügelbe­ständen, sei das Land gut vorbereite­t: „Das Ministeriu­m beobachtet die aktuelle Geflügelpe­stsituatio­n sehr sorgfältig, um bei Bedarf rasch reagieren zu können.“Zuletzt hat es im Winter 2020/21 bereits lokal begrenzte Ausbrüche im Südwesten gegeben. Landratsäm­ter und Regierungs­präsidien absolviert­en regelmäßig Tierseuche­nübungen, so Esterl. Sollte bei Geflügel in einem Betrieb das hochpathog­ene Vogelgripp­e-virus nachgewies­en werden, müsste der Bestand getötet werden. Ausnahmen seien zwar möglich, aber sehr selten und an strenge Auflagen gebunden.

Der Landesverb­and der Rassegeflü­gelzüchter von Württember­g-hohenzolle­rn stehe hinter den angeordnet­en Biosicherh­eitsmaßnah­men. „Wir appelliere­n dringend an unsere Mitglieder, diese einzuhalte­n“, sagt Pressewart Wilhelm Bauer aus Nürtingen. „Es geht um eine weitere Verhinderu­ng zur Verbreitun­g des Vogelgripp­e-virus‘, das die Bestände massiv gefährdet.“

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Foto: Felix Kästle/dpa Hahn und Hennen müssen drinnen bleiben – aber bisher nur in einigen Stadt- und Landkreise­n im Südwesten.

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