Im Rathaus bleiben Schreibtische leer
Die Heidenheimer Stadtverwaltung muss Planungsaufgaben verschieben, weil es an mehreren Stellen personelle Engpässe gibt. Jetzt soll die gesamte Organisation durchleuchtet werden.
Der viel zitierte Fachkräftemangel trifft nicht nur Industrie oder Bildungssektor, längst bleiben auch in den Verwaltungen Bürostühle und Schreibtische leer. Auch in der Stadt Heidenheim: Es fehle, sagt Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo, zum Beispiel an Erzieherinnen, man könnte auch Gärtner einstellen. Zudem blieben vermehrt Ausbildungsstellen offen. Im öffentlichen Dienst blieben bis 2030 voraussichtlich 1,2 Millionen Stellen unbesetzt, skizziert Salomo die bundesweite Lage.
In der Heidenheimer Stadtverwaltung schlägt der Mangel an Fachleuten nicht zuletzt in den Planungsabteilungen durch. Andrea Nußbaum, Leiterin des städtischen Fachbereichs Stadtentwicklung, Umwelt und Vermessung, geht Ende März in den Ruhestand, ihre Stelle wurde Salomo zufolge bereits im vergangenen
Mai ausgeschrieben, die Bewerberzahl sei aber „mehr als überschaubar“geblieben. Im Bereich der Straßenplanung wurde eine Schlüsselposition offenbar bereits sechs Mal ohne Ergebnis ausgeschrieben.
Auf die Folgen wurden die Mitglieder des Gemeinderats unlängst in einer nichtöffentlichen Sitzung hingewiesen. Ihnen lag eine Liste vor, auf der laufende oder bevorstehende Projekte standen.
Wie aus für gewöhnlich gut informierter Quelle zu hören war, soll eine ganze Reihe Projekte verschoben werden, ins nächste oder gar übernächste Jahr. Darunter sind mehrere Bebauungspläne, Flächennutzungsplanänderungen oder Planungen für den Bereich Straßenbau, aber auch die konkrete Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplanes. Anders gesagt: Genau jene Bereiche, in denen die Personalknappheit manifest ist, müssen Vorhaben wie eine Bugwelle vor sich herschieben.
Aus Sicht von OB Salomo ist „keines der anstehenden Projekte konkret gefährdet“. Es gehe in Abstimmung mit dem Gemeinderat vielmehr darum zu prüfen, welche Vorhaben „Potenzial“für einen zeitlichen Aufschub besitzen. Salomo betont: „Alles geht mehr oder weniger weiter.“Manches werde aber „schleppender“vorangehen.
Beispiel Verkehrsentwicklungsplan: Der OB sieht das Planwerk als eine Art „Kochbuch“, um die Verkehrsströme in der Stadt in Zukunft zu gestalten. Der Plan sei bis 2035 ausgelegt und könne gar nicht innerhalb kurzer Zeit umgesetzt werden. „Bei einer kurzen Vakanz fliegt uns der Verkehrsentwicklungsplan nicht um die Ohren“, so Salomo.
„Ganzheitliches Konzept“
Auch bei der Ausweisung und Erschließung neuer Baugebiete werde es „in absehbarer Zeit“weitergehen. Man setze dabei auf ein „ganzheitliches Konzept“, das der Nachfrage nach Wohnraum für unterschiedliche Bedürfnisse gerecht werde.
Zwar könne man theoretisch Planungsaufgaben extern vergeben, das werde in etlichen Fällen auch praktiziert. Allerdings seien diese Büros zum einen auch
vielfach ausgelastet, zum anderen entstehe auch bei einer Vergabe Arbeit in der Verwaltung, sodass die Entlastung nicht vollständig sei.
Organisation auf dem Prüfstand
Dem Vernehmen nach wurde im Gemeinderat recht deutlich gefordert, insbesondere die Stelle von Andrea Nußbaum neu zu besetzen. Darauf angesprochen betont Salomo, eine Neubesetzung sei nie zur Disposition gestanden. „Wir möchten jede Stelle so schnell wie möglich besetzen“, fügt er hinzu. Schließlich müssten Behörden handlungsfähig bleiben. Zugleich erweise es sich längst als Problem, dass das Land in der Vergangenheit zu wenige Verwaltungsfachleute ausgebildet habe. Gerade im gehobenen Verwaltungsdienst „kommt zu wenig nach“, so der OB. Und: „Der Markt ist leer.“
„Das Problem müssen wir globaler lösen“, ist Salomo überzeugt. Daher werde man nun die gesamte Organisation im Heidenheimer Rathaus durchleuchten. Dafür werde man sich auch Expertise externer Berater einkaufen. Auf Basis einer solchen „Gesamtbewertung“, die man im Rathaus zuletzt vor etwa 20 Jahren erstellt habe, könne man Stellen unter Umständen anders bewerten und so womöglich attraktiver für Bewerberinnen und Bewerber machen.
Diese Untersuchung hält Salomo schon deshalb für notwendig, weil viele neue Themen die Verwaltung beschäftigten – von der Innenstadtentwicklung über Fragen des Wohnraums bis hin zur Energiewende. Der Bereich Stadtplanung sei dabei eine Schlüsselposition, auf der man die Stadt entscheidend prägen können. Jetzt muss sich nur noch jemand finden.
Keines der anstehenden Projekte ist konkret gefährdet. Alles geht mehr oder weniger weiter. Michael Salomo Oberbürgermeister