Esken bremst Pistorius aus
Der neue Verteidigungsminister will viel Geld investieren. Die Spd-chefin hat Bedenken.
Es ist keineswegs das erste Mal, dass Saskia Esken sich so geäußert hat, dass sich einige in ihrer eigenen Partei darüber geärgert haben. Zuletzt waren es ihre eher positiven Einlassungen in Sachen Kampfjets. Nun aber stellt die Spd-chefin ganz klar die Positionen ihres Parteifreundes Boris Pistorius infrage. Der Verteidigungsminister will nicht nur das Zwei-prozent-ziel beim Verteidigungshaushalt einhalten (gemeint sind zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes), sondern betrachtet dieses Ziel als Untergrenze. Pistorius will zehn Milliarden
Euro mehr pro Jahr für die Bundeswehr. In einem Interview mit der FAZ ging Esken auf Distanz.
„Zehn Milliarden sind eine Menge Geld“sagte sie, verwies auf die sozialen und ökologischen Projekte der Ampel, auf ihre Forderung nach einem Sondervermögen für Bildung und schließlich auf das 100-Milliarden-sondervermögen für die Bundeswehr. Es sei jetzt erst einmal wichtig, „dass das Beschaffungswesen im Verteidigungsministerium dazu befähigt wird, dieses Geld zielgerichtet einzusetzen“.
Eskens Co-parteivorsitzender Lars Klingbeil hatte „volle Unterstützung“für die Pläne des Verteidigungsministers bekundet. Und der verteidigungspolitische Sprecher der Spd-bundestagsfraktion, Wolfgang Hellmich, sagte, er könne keinen „Widerspruch zwischen der Parteivorsitzenden und dem Verteidigungsminister“erkennen. Es stimme nun mal, dass sich die unterschiedlichen Ressorts aktuell in Haushaltsberatungen befinden und alle mit guten Gründen für ihre Etats kämpfen. „Aus rein verteidigungspolitischer Sicht werden wir nicht um eine weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben herumkommen“, sagte Hellmich. Durch die Unterstützung der Ukraine gerate die Bundeswehr noch stärker unter Druck. „Mit dem Sondervermögen, das mehr oder weniger für große Rüstungsprojekte eingeplant ist, hat das wenig zu tun.“
Zustimmung erfährt Esken aus den Reihen der Linkspartei. „Es ist gut, dass die Spd-vorsitzende Esken dem nach immer mehr Geld für Aufrüstung rufenden Verteidigungsminister Pistorius widerspricht“, sagte Parteichefin
Janine Wissler. „Das Zwei-prozent-ziel der Nato noch übertreffen zu wollen, ist grotesk. Zumal an allen Stellen das Geld für dringend notwendige Aufgaben fehlt, wie Klimaschutz, Infrastruktur, Geld für Bildung, Gesundheit und Soziales“, sagte Wissler.
„Unfassbar“findet dagegen Hamburgs-cdu Chef, Christoph Ploß die Äußerungen Eskens. „Olaf Scholz verkündet groß die Zeitenwende“, twitterte der Bundestagsabgeordnete, „und jetzt fällt seine Spd-vorsitzende ihm und Boris Pistorius massiv in den Rücken“. André Bochow