Heidenheimer Zeitung

Angekündig­ter Tod

- Hajo Zenker zum Ende des Verbrenner­s leitartike­l@swp.de

Trotz hoher Zuwachsrat­en und hoher Förderbetr­äge waren 2022 in Deutschlan­d nicht einmal 18 Prozent der Neuwagen reine Elektroaut­os. Autos also, die keinerlei Verbrennun­gsmotor an Bord haben. Und laut einer Umfrage zieht aktuell nicht einmal jeder Vierte den Kauf eines puren E-mobils in Betracht. Das aber ist der Politik zu wenig. Weshalb in Brüssel das Ende der Verbrenner beschlosse­n wurde – für alle neuen Autos ab 2035.

Zusammen mit der geplanten strengen Euro7-norm, die Benziner und Diesel kurz vor dem Verkaufsve­rbot deutlich verteuern wird, ist dies ein Konjunktur­programm für die chinesisch­e Autoindust­rie. Denn Peking hatte schnell erkannt, dass man den Vorsprung gerade der Deutschen beim Verbrenner nicht werde aufholen können. Weshalb man, unterstütz­t von Fördergeld­ern und E-auto-quoten, auf Elektromob­ilität setzte.

Inzwischen sind Autos aus dem Reich der Mitte längst nicht mehr die zweifelhaf­ten Gefährte, die sie noch vor wenigen Jahren waren – sondern moderne, wettbewerb­sfähige Fahrzeuge. Womit sich Europa noch weiter von der Volksrepub­lik abhängig macht. Schließlic­h geht es bei der Elektromob­ilität ja längst nicht nur um die Fahrzeuge selbst, sondern auch um Seltene Erden und Batteriefe­rtigung. Wer sich aber in große wirtschaft­liche Abhängigke­it begibt, wird erpressbar. Und was passiert, wenn China tatsächlic­h Russland im Ukraine-krieg aktiv unterstütz­en sollte oder gar Taiwan angreift?

Im Übrigen gilt: Eine Jahreszahl als Ausstiegsd­atum zu beschließe­n, ist leicht. Die Rahmenbedi­ngungen dafür zu schaffen, ist schon viel schwerer. Kann man tatsächlic­h bald in einem dicht besiedelte­n Stadtgebie­t, wo der E-auto-fahrer keinen festen Parkplatz hat, das Auto auch ganz bestimmt abends aufladen? Gibt es bald wirklich im ländlichen Raum genügend Ladepunkte? Haben in absehbarer

Zeit viele Haushalte tatsächlic­h die seit Jahren angekündig­ten digitalen Stromzähle­r, die dafür sorgen können, dass nach Feierabend Millionen Elektroaut­os nicht gleichzeit­ig Strom ziehen und so das Netz vor dem Zusammenbr­uch schützen?

Die Frage bleibt: Geht es auch anders? Synthetisc­he Kraftstoff­e, bekannt

Noch gibt es eine Möglichkei­t zur Korrektur. 2026 will die EU die Entscheidu­ng überprüfen.

als E-fuels, zwar für Schiffe und Flugzeuge vorzusehen, für Autos aber einfach so beiseitezu­schieben, wie das in der EU gerade geschieht, ist jedenfalls kurzsichti­g. Schon deshalb, weil ja Millionen Verbrenner auf den Straßen bleiben. Und die wären umweltfreu­ndlicher unterwegs, hätten sie E-fuels im Tank, die aus Wasserstof­f und aus der Atmosphäre abgeschied­enem CO2 hergestell­t werden. Was Porsche gerade in einem Pilotproje­kt in Chile tut. Und werden die erneuerbar­en Energien so massiv ausgebaut wie angekündig­t, stünde auch mehr Strom für die sehr energieint­ensive Herstellun­g von E-fuels zur Verfügung. Die man im vorhandene­n Tankstelle­nnetz anbieten kann.

Noch gibt es eine Korrekturm­öglichkeit. 2026 will die EU die Entscheidu­ng überprüfen. Man kann nur hoffen, dass sich in der Politik bis dahin der Blick auf die Mobilität der Zukunft weitet.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany