Von Künstlern und Honoraren
In Stuttgart gibt es seit diesem Jahr ein Bezahlmodell für Ausstellende in städtisch geförderten Institutionen. In Heidenheim werden Honorare aus dem Ausstellungsbudget bestritten.
Was bekommt eigentlich ein Künstler, wenn er ausstellt? Aufmerksamkeit zum Beispiel. Zumindest bei der Vernissage, und wenn er denn anwesend ist. Anschließend bekommt er noch Besuch. Von mehr oder weniger zahlreichen Kunstfreunden, die sich die Schau ansehen. Und was ist mit Geld? Nun, das ist so eine Sache. Oft gibt’s nichts. Und meist nicht viel. Regeln gibt’s eigentlich auch wenige. Und ein paar Unterschiede. Aber in erster Linie gilt, dass sich die Freiheit in Sachen Honorierung von Künstlern am Ende womöglich als noch grenzenloser darstellt als die Freiheit der Kunst.
Nicht umsonst gab und gibt es deshalb immer wieder Initiativen von Künstlerseite, die das Thema ansprechen. Bisweilen stellt sich Erfolg ein. In Stuttgart etwa gilt seit Beginn dieses Jahres eine festgeschriebene Ausstellungsvergütung für Kunstschaffende, mit der in der baden-württembergischen Landeshauptstadt die kulturpolitische Forderung einer Honorierung von Künstlerinnen und Künstlern in einem konkreten Vergabemodell umgesetzt worden ist.
Stuttgarter Pauschalbeträge
Der Stuttgarter Gemeinderat gibt, zunächst einmal auf vier Jahre, jeweils 210.000 Euro per anno für Ausstellungshonorare im Bereich Bildende Kunst frei. Entwickelt wurde das sogenannte „Stuttgarter Modell“gemeinsam mit Künstlern, Vertretern von Kulturinstitutionen und der städtischen Kulturverwaltung. Zunächst stehen die Geldmittel den Kultureinrichtungen zur Verfügung, die von der Stadt Stuttgart institutionell gefördert werden.
Seit Januar erhalten dementsprechend ausstellende Künstler in städtisch geförderten Einrichtungen folgende Pauschalen als Ausstellungsgrundvergütung: für eine Einzelausstellung 1500 Euro, für eine Kleingruppenausstellung mit bis zu drei Teilnehmern 500 Euro pro Künstler, für eine Gruppenausstellung mit bis zu neun Beteiligten 250 Euro pro Künstler sowie 100 Euro pro Künstler bei Schauen mit mehr als neun Ausstellenden. Diese Vergütungspauschalen sollen als
städtischerseits gewährte Mindestvergütungen verstanden werden, die von den Kunstinstitutionen aus eigenen Mitteln erhöht werden können. So viel zu Stuttgart.
Der Heidenheimer Weg
Und nun nach Heidenheim. Und hier zunächst ins Kunstmuseum. Dort gibt’s in der Regel was, wenn man ausstellt. „Mir ist das Thema auch sehr wichtig“, sagt Museumschef Marco Hompes. Ausstellungen gewissermaßen zum Nulltarif einzukaufen, kommt für ihn nicht infrage. „Ich hielte das für unethisch, denn die Künstler betreiben viel Aufwand. Und manche Leute würden wir auch gar nicht bekommen.“Dennoch gibt es auch Häuser, die nichts zahlen, wie Marco Hompes bestätigt. Nichts zahlen wollen, nichts zahlen dürfen, nichts zahlen können. Das variiert von Fall zu Fall.
Im Falle des Kunstmuseums ist alles ziemlich klar geregelt. Und
das Honorar wird nicht, wie nun in Stuttgart, quasi aus eigens für den Zweck zusätzlich gewährten Sondermitteln bestritten, sondern aus dem vom Gemeinderat fürs Kunstmuseum bewilligten Budget. „Ich bekomme“, erklärt Marco Hompes, „knapp 90.000 Euro im Jahr für vier große, davon eine im Schloss, und drei bis vier kleine Ausstellungen. Für eine große rechne ich mit knapp unter 20.000 Euro. Das ist recht wenig im Vergleich, aber ein Betrag, mit dem man arbeiten kann.“Und mit diesem Betrag bestritten werden sämtliche Kosten einer Ausstellung von Drucksachen über Transport und Aufbau oder Hotel bis hin zum Wein für die Vernissage oder eben das Künstlerhonorar.
So punktet das Kunstmuseum
Fürs Honorar plant Marco Hompes zwischen vier- und fünftausend Euro ein. „Mit diesem Geld bestreiten die Künstler das Verpacken,
das Transportieren, den Aufbau der Ausstellung, den Abbau, die Versicherung – und versteuert werden muss es auch.“Bei eigens fürs Kunstmuseum konzipierten Ausstellungen stellt Marco Hompes den Künstlern frei, ob sie das Geld als Honorar oder für die Produktionskosten nehmen.
So oder so: „Die Künstler haben vor den Ausstellungen über einen langen Zeitraum viel Arbeit. Und so eine Schau im Kunstmuseum dauert darüber hinaus drei Monate. Alles in allem betrachtet, finde ich unser Honorar nicht so üppig“, sagt Marco Hompes. Und er hat auch einen Vergleich parat: „Die Künstlergruppe ,Labau’, die derzeit bei uns ausstellt, hat zum Beispiel in Luxemburg allein als Honorar eine Summe erhalten, wie ich sie für die komplette Ausstellung hier zur Verfügung habe. Zu uns gelockt hat sie eher die Schönheit des Gebäudes und weil unser Konzept Hand und Fuß hat. Das
sind so die Dinge, mit denen wir punkten. Und Honorare in unserer Gehaltsklasse können wir uns auch nur leisten, weil ich ganz wenig für Werbung ausgebe und für unsere Ausstellungen auch keine Publikationen herausbringe.“
„Fair und transparent“
All das, was bisher gesagt wurde, gilt für Einzelausstellungen im Kunstmuseum. „Gruppenausstellungen“, sagt Marco Hompes, „werden immer noch anders bewertet, da ist die Honorarfrage leider nach wie vor Verhandlungssache. Bei bis zu 20 Künstlern oder gar noch mehr würden Honorare den Rahmen des Budgets sprengen. Hier betrachte ich die Einzelfälle und welcher Aufwand betrieben werden musste, aber über einen symbolischen Betrag von im Höchstfall 400 Euro geht es nicht hinaus. Ich glaube aber, dass wir das alles insgesamt fair und transparent handhaben.“
Ganz grundsätzlich ist Marco Hompes der Ansicht, dass man von dem Gedanken wegkommen müsse, eine Ausstellung in einem Museum allein sei schon Honorar genug und mit dem dadurch erworbenen Renommee können man dann über Verkäufe in Galerien verdienen. „Aber die Kunst hat sich verändert, nicht alles kann verkauft werden, nehmen Sie zum Beispiel eine Performance. Deshalb muss honoriert werden.“
Der Kunstverein
Das sieht auch Bettina Augustin vom Heidenheimer Kunstverein nicht anders. „Grundsätzlich ist ein Künstlerhonorar absolut richtig. Die Künstlerinnen und Künstler müssen ansonsten alle über den Verkauf ihrer Arbeiten leben. Neue, zeitgenössische Kunstansätze, zum Beispiel Performances oder situativ dem Raum angepasste und entwickelte Kunst, sind allerdings oft gar nicht verkäuflich. Um die freie Kunst weiter zu ermöglichen, ist deswegen ein Künstlerhonorar eine wichtige Existenzgrundlage für die Kunstschaffenden.“
Aber auch bei klassischen Ausstellungen investierten die Künstler viel Zeit und Geld, und die Kosten würden nur zum Teil von den Ausstellungseinrichtungen getragen. In eigener Sache allerdings bliebe „bei aller Sinnhaftigkeit von Künstlerhonoraren dennoch das Dilemma, dass zum Beispiel Kunstvereine wie wir nur ein sehr geringes Budget zur Verfügung haben und mit einer nur sehr kleinen öffentlichen Förderung leben müssen, was ein Künstlerhonorar in unserem Fall zurzeit ausschließt“.