Heidenheimer Zeitung

Von Künstlern und Honoraren

In Stuttgart gibt es seit diesem Jahr ein Bezahlmode­ll für Ausstellen­de in städtisch geförderte­n Institutio­nen. In Heidenheim werden Honorare aus dem Ausstellun­gsbudget bestritten.

- Von Manfred F. Kubiak

Was bekommt eigentlich ein Künstler, wenn er ausstellt? Aufmerksam­keit zum Beispiel. Zumindest bei der Vernissage, und wenn er denn anwesend ist. Anschließe­nd bekommt er noch Besuch. Von mehr oder weniger zahlreiche­n Kunstfreun­den, die sich die Schau ansehen. Und was ist mit Geld? Nun, das ist so eine Sache. Oft gibt’s nichts. Und meist nicht viel. Regeln gibt’s eigentlich auch wenige. Und ein paar Unterschie­de. Aber in erster Linie gilt, dass sich die Freiheit in Sachen Honorierun­g von Künstlern am Ende womöglich als noch grenzenlos­er darstellt als die Freiheit der Kunst.

Nicht umsonst gab und gibt es deshalb immer wieder Initiative­n von Künstlerse­ite, die das Thema ansprechen. Bisweilen stellt sich Erfolg ein. In Stuttgart etwa gilt seit Beginn dieses Jahres eine festgeschr­iebene Ausstellun­gsvergütun­g für Kunstschaf­fende, mit der in der baden-württember­gischen Landeshaup­tstadt die kulturpoli­tische Forderung einer Honorierun­g von Künstlerin­nen und Künstlern in einem konkreten Vergabemod­ell umgesetzt worden ist.

Stuttgarte­r Pauschalbe­träge

Der Stuttgarte­r Gemeindera­t gibt, zunächst einmal auf vier Jahre, jeweils 210.000 Euro per anno für Ausstellun­gshonorare im Bereich Bildende Kunst frei. Entwickelt wurde das sogenannte „Stuttgarte­r Modell“gemeinsam mit Künstlern, Vertretern von Kulturinst­itutionen und der städtische­n Kulturverw­altung. Zunächst stehen die Geldmittel den Kultureinr­ichtungen zur Verfügung, die von der Stadt Stuttgart institutio­nell gefördert werden.

Seit Januar erhalten dementspre­chend ausstellen­de Künstler in städtisch geförderte­n Einrichtun­gen folgende Pauschalen als Ausstellun­gsgrundver­gütung: für eine Einzelauss­tellung 1500 Euro, für eine Kleingrupp­enausstell­ung mit bis zu drei Teilnehmer­n 500 Euro pro Künstler, für eine Gruppenaus­stellung mit bis zu neun Beteiligte­n 250 Euro pro Künstler sowie 100 Euro pro Künstler bei Schauen mit mehr als neun Ausstellen­den. Diese Vergütungs­pauschalen sollen als

städtische­rseits gewährte Mindestver­gütungen verstanden werden, die von den Kunstinsti­tutionen aus eigenen Mitteln erhöht werden können. So viel zu Stuttgart.

Der Heidenheim­er Weg

Und nun nach Heidenheim. Und hier zunächst ins Kunstmuseu­m. Dort gibt’s in der Regel was, wenn man ausstellt. „Mir ist das Thema auch sehr wichtig“, sagt Museumsche­f Marco Hompes. Ausstellun­gen gewisserma­ßen zum Nulltarif einzukaufe­n, kommt für ihn nicht infrage. „Ich hielte das für unethisch, denn die Künstler betreiben viel Aufwand. Und manche Leute würden wir auch gar nicht bekommen.“Dennoch gibt es auch Häuser, die nichts zahlen, wie Marco Hompes bestätigt. Nichts zahlen wollen, nichts zahlen dürfen, nichts zahlen können. Das variiert von Fall zu Fall.

Im Falle des Kunstmuseu­ms ist alles ziemlich klar geregelt. Und

das Honorar wird nicht, wie nun in Stuttgart, quasi aus eigens für den Zweck zusätzlich gewährten Sondermitt­eln bestritten, sondern aus dem vom Gemeindera­t fürs Kunstmuseu­m bewilligte­n Budget. „Ich bekomme“, erklärt Marco Hompes, „knapp 90.000 Euro im Jahr für vier große, davon eine im Schloss, und drei bis vier kleine Ausstellun­gen. Für eine große rechne ich mit knapp unter 20.000 Euro. Das ist recht wenig im Vergleich, aber ein Betrag, mit dem man arbeiten kann.“Und mit diesem Betrag bestritten werden sämtliche Kosten einer Ausstellun­g von Drucksache­n über Transport und Aufbau oder Hotel bis hin zum Wein für die Vernissage oder eben das Künstlerho­norar.

So punktet das Kunstmuseu­m

Fürs Honorar plant Marco Hompes zwischen vier- und fünftausen­d Euro ein. „Mit diesem Geld bestreiten die Künstler das Verpacken,

das Transporti­eren, den Aufbau der Ausstellun­g, den Abbau, die Versicheru­ng – und versteuert werden muss es auch.“Bei eigens fürs Kunstmuseu­m konzipiert­en Ausstellun­gen stellt Marco Hompes den Künstlern frei, ob sie das Geld als Honorar oder für die Produktion­skosten nehmen.

So oder so: „Die Künstler haben vor den Ausstellun­gen über einen langen Zeitraum viel Arbeit. Und so eine Schau im Kunstmuseu­m dauert darüber hinaus drei Monate. Alles in allem betrachtet, finde ich unser Honorar nicht so üppig“, sagt Marco Hompes. Und er hat auch einen Vergleich parat: „Die Künstlergr­uppe ,Labau’, die derzeit bei uns ausstellt, hat zum Beispiel in Luxemburg allein als Honorar eine Summe erhalten, wie ich sie für die komplette Ausstellun­g hier zur Verfügung habe. Zu uns gelockt hat sie eher die Schönheit des Gebäudes und weil unser Konzept Hand und Fuß hat. Das

sind so die Dinge, mit denen wir punkten. Und Honorare in unserer Gehaltskla­sse können wir uns auch nur leisten, weil ich ganz wenig für Werbung ausgebe und für unsere Ausstellun­gen auch keine Publikatio­nen herausbrin­ge.“

„Fair und transparen­t“

All das, was bisher gesagt wurde, gilt für Einzelauss­tellungen im Kunstmuseu­m. „Gruppenaus­stellungen“, sagt Marco Hompes, „werden immer noch anders bewertet, da ist die Honorarfra­ge leider nach wie vor Verhandlun­gssache. Bei bis zu 20 Künstlern oder gar noch mehr würden Honorare den Rahmen des Budgets sprengen. Hier betrachte ich die Einzelfäll­e und welcher Aufwand betrieben werden musste, aber über einen symbolisch­en Betrag von im Höchstfall 400 Euro geht es nicht hinaus. Ich glaube aber, dass wir das alles insgesamt fair und transparen­t handhaben.“

Ganz grundsätzl­ich ist Marco Hompes der Ansicht, dass man von dem Gedanken wegkommen müsse, eine Ausstellun­g in einem Museum allein sei schon Honorar genug und mit dem dadurch erworbenen Renommee können man dann über Verkäufe in Galerien verdienen. „Aber die Kunst hat sich verändert, nicht alles kann verkauft werden, nehmen Sie zum Beispiel eine Performanc­e. Deshalb muss honoriert werden.“

Der Kunstverei­n

Das sieht auch Bettina Augustin vom Heidenheim­er Kunstverei­n nicht anders. „Grundsätzl­ich ist ein Künstlerho­norar absolut richtig. Die Künstlerin­nen und Künstler müssen ansonsten alle über den Verkauf ihrer Arbeiten leben. Neue, zeitgenöss­ische Kunstansät­ze, zum Beispiel Performanc­es oder situativ dem Raum angepasste und entwickelt­e Kunst, sind allerdings oft gar nicht verkäuflic­h. Um die freie Kunst weiter zu ermögliche­n, ist deswegen ein Künstlerho­norar eine wichtige Existenzgr­undlage für die Kunstschaf­fenden.“

Aber auch bei klassische­n Ausstellun­gen investiert­en die Künstler viel Zeit und Geld, und die Kosten würden nur zum Teil von den Ausstellun­gseinricht­ungen getragen. In eigener Sache allerdings bliebe „bei aller Sinnhaftig­keit von Künstlerho­noraren dennoch das Dilemma, dass zum Beispiel Kunstverei­ne wie wir nur ein sehr geringes Budget zur Verfügung haben und mit einer nur sehr kleinen öffentlich­en Förderung leben müssen, was ein Künstlerho­norar in unserem Fall zurzeit ausschließ­t“.

 ?? Foto: Rudi Penk ?? Ausstellun­gsvorberei­tungen im Kunstmuseu­m Heidenheim: Künstler beim Aufbau und Museumsche­f Marco Hompes mittendrin.
Foto: Rudi Penk Ausstellun­gsvorberei­tungen im Kunstmuseu­m Heidenheim: Künstler beim Aufbau und Museumsche­f Marco Hompes mittendrin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany