Heidenheimer Zeitung

Mehr Synapsen statt Knoten im Hirn

Die Buchfeld-grundschul­e in Bolheim hatte als erste Schule im Landkreis Heidenheim Trainerin Julia Kolb zu Gast. Das steckt hinter der speziellen Trainingsf­orm, die das Denken durch Bewegung fördern soll.

- Von Melanie Knapp

Die Fußballer von Borussia Dortmund kennen es gut, der erfolgreic­he Exskirennl­äufer Felix Neureuther schwört darauf, und kürzlich haben es auch die Schülerinn­en und Schüler an der Buchfeldgr­undschule in Bolheim ausprobier­t. Die Rede ist von Life Kinetik. Das ist die von Horst Lutz entwickelt­e Trainingsf­orm, die Wahrnehmun­gsaufgaben mit kognitiven Herausford­erungen und ungewöhnli­cher, spaßiger Bewegung koppelt. Durch die unterschie­dlichen Übungen sollen viele neue Verbindung­en zwischen den Gehirnzell­en, auch Synapsen genannt, geschaffen werden, um im Alltag leistungsf­ähiger zu sein, erläutert Trainerin Julia Kolb das Ziel von Life Kinetik.

Die Lehrerin einer Ellwanger Schule hatte die Lizenz im Jahr 2020 in einer einwöchige­n Ausbildung bei München erworben, wurde aber bereits zehn Jahre zuvor über den Hochleistu­ngssport auf diese Trainingsf­orm aufmerksam und ist seitdem von ihr überzeugt.

Immer mit im Gepäck hat die 39-Jährige eine große Kiste voller bunter Utensilien und Trainingsg­egenstände, wie Seile, Bälle und Hütchen. In der Buchfeldha­lle hat sie schon alles für die Kinder bereitgele­gt. Jede Klasse von der Stufe eins bis vier wird an diesem Tag eine Schulstund­e, also 45 Minuten, mit ihr trainieren. Und mit dem

Alter werden auch die Aufgaben anspruchsv­oller.

Los geht es jeweils mit Aufwärmen. Die Erstklässl­er spielen hierfür etwa „Komm mit, lauf weg“. Wie beim

Spiel „Faules Ei“stellen sich die Kinder zu einem Kreis auf, ein Kind läuft außen herum, tippt irgendwann auf den Rücken eines Mitschüler­s und sagt entweder „Komm mit“oder „Lauf weg“. Dieser muss entweder in die gleiche oder entgegenge­setzte Richtung im Kreis bekannt. Eine Stufe schwierige­r wird es, als Julia Kolb die Kommandos gegen „Elefant“und „Maus“austauscht. Daraufhin muss länger überlegt werden und es wird häufiger zuerst in die falsche Richtung gerannt.

Selbst kreativ werden

In der nächsten Übung muss sich jedes Kind ein Seil schnappen und in einer Linie auf den Boden legen. Die Trainerin springt Kombinatio­nen vor, der Nachwuchs muss es ihr nachhüpfen. Seitlich übers Seil nach vorn und wieder zurück oder im Kreuzschri­tt entlang des Seils. Nun sind die Kinder an der Reihe, sich eigene Kombinatio­nen auszudenke­n. Kreative Köpfe springen nur auf einem Bein oder parallel zum Seil darüber. Bevor die Seile weggeräumt werden, sollten sie noch auf eine spezielle Weise geknotet werden. Stattdesse­n kann man regelrecht beobachten und nachfühlen, wie ein Knoten in den Gehirnen der Erstklässl­er entsteht.

Zum Schluss kommen farbige Hütchen, Farbkarten und vier Körperteil-karten (rechtes und linkes Bein sowie rechte und linke Hand) ins Spiel. Wenn etwa die Karten „linkes Bein“und Rot

hochgehalt­en werden, müssen die Kinder schnell zu einem roten Hütchen rennen und dieses mit ihrem linken Bein berühren.

„Das ist wie das Spiel Kommando Bimberle“, kommentier­t die Klassenleh­rerin, die ihre Schützling­e in jener Schulstund­e aus der Ferne betreut. Einige Übungen an diesem Tag kommen der Pädagogin bekannt vor.

Die Bolheimer Grundschul­e ist die erste Schule im Landkreis Heidenheim, die Kolb über die VHS Schwäbisch Gmünd gebucht hat. Die Kosten übernimmt das Land Baden-württember­g im Rahmen des Förderprog­ramms „Lernen mit Rückenwind“. Damit

sollen Schülerinn­en und Schüler unterstütz­t werden, pandemiebe­dingt entstanden­e Lernrückst­ände auszugleic­hen und ihre sozialemot­ionalen Kompetenze­n zu stärken. Generell beobachte Julia Kolb bei den Kindern ein coronabedi­ngtes Defizit in der Kognition und Bewegung – auch bei ihren eigenen Schülern.

Rasche Verbesseru­ng möglich

Wenn man laut der Life-kinetiktra­inerin regelmäßig trainiert, etwa eine Stunde wöchentlic­h oder zehn Minuten täglich, soll man eine Verbesseru­ng bereits nach sechs bis acht Wochen merken – indem die Übungen leichter

und schneller von der Hand gehen.

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Julia Kolb ist seit 2020 zertifizie­rte Life-kinetik-trainerin.
laufen. Wer zuletzt den freigeword­enen Platz erreicht, muss die nächste Runde starten. So weit, so Julia Kolb ist seit 2020 zertifizie­rte Life-kinetik-trainerin.
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Fotos: Oliver Vogel Die Grundschül­er der Buchfeldsc­hule in Bolheim erfahren am eigenen Leib, dass Life Kinetik anstrengen­d für Körper und Geist ist.

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