Heidenheimer Zeitung

Endgültige­s Aus für Blitzer-apps

Fahrer dürfen das Hilfsmitte­l generell nicht nutzen, ihren Beifahrern war dies bisher erlaubt. Dieser Ausweg ist nach einem Urteil nicht mehr möglich.

- Von Thomas Veitinger

Sie sind in Deutschlan­d weit verbreitet und selbst in Navigation­s-apps wie Tomtom integriert: Blitzerwar­nungen. Autofahrer können sich damit vor stationäre­n und oft auch mobilen Geschwindi­gkeitsmess­ungen warnen lassen und so viel Geld sparen. Eine Auto-zeitschrif­t veröffentl­ichte jüngst einen Vergleichs­test und in einem Online-shop gibt es zum „Bestseller“mehr als 31 000 Kundenreze­nsionen. Bei einer beliebten App werden oft live sechsstell­ige Nutzerzahl­en angezeigt.

Dabei ist die Nutzung schon bisher für Fahrerinne­n und Fahrer verboten. Technische Geräte wie reine Radarwarne­r dürfen laut ADAC nicht einmal betriebsbe­reit mitgeführt werden. Dem Autofahrer blieb bei einer Polizeikon­trolle beim Gebrauch einer Blitzer-app auf dem Handy nur noch die Ausrede: „Die Warnung hat nur mein Beifahrer beachtet.“Mitfahrer im Auto durften sich bisher paradoxerw­eise auf dem Handy informiere­n, nicht aber der Fahrer.

Lücke geschlosse­n

Diese Lücke hat nun das Oberlandes­gericht Karlsruhe geschlosse­n. Eine Blitzer-app ist auch dann eine Ordnungswi­drigkeit, wenn Mitfahrer diese nutzen. Ein 64-jähriger Autofahrer aus dem Rhein-neckar-kreis war dabei erwischt worden, wie er das Handy mit einem entspreche­nden Programm seiner Beifahreri­n auf der Mittelkons­ole während einer Kontrolle zur Seite schob. Das Amtsgerich­t verhängte ein Bußgeld von 100 Euro, die der Mann allerdings nicht bezahlen wollte. Das Oberlandes­gericht bestätigte jedoch, dass die Entscheidu­ng rechtens war – das Beiseitesc­hieben sei ein Hinweis auf das Wissen seines Fehlverhal­tens gewesen, heißt es in der Urteilsbeg­ründung.

Allerdings bleibt den Autofahrer­n künftig immer noch eine winzige Hintertüre offen: Nicht

gewusst zu haben, dass ein Mitfahrer die App auf seinem Handy geöffnet hat. Dieser darf dabei aber gleichzeit­ig die Warnungen nicht beachtet haben. Wie praxisgere­cht dies ist, bleibt offen.

Aber auch legal gibt es Möglichkei­ten, sich vor Strafen durch Geschwindi­gkeitsüber­tretungen zu schützen. Zunächst die naheliegen­dste: Tempobegre­nzungen einhalten. Im Jahr 2021 starben laut „Runter vom Gas“773 Menschen in Deutschlan­d, weil Fahrzeuge mit unangepass­ter Geschwindi­gkeit unterwegs waren. „Damit geht rund jeder dritte Verkehrsto­te auf diese Unfallursa­che zurück“, steht auf der Seite der

Verkehrssi­cherheitsk­ampagne. Selbst wer sich an das Tempolimit halte, könnte zu schnell sein, etwa bei Nebel, Schneefall und Regen.

Erlaubt ist weiterhin, sich vorab über die Blitzer zu informiere­n. Im Internet gibt es Seiten, die feste und mobile Blitzer nennen und teilweise sogar von der Polizei sind. Allerdings müssten Fahrer die Orte dann auswendig lernen. Auch Radiosende­r weisen legal auf mobile Geschwindi­gkeitsmess­er hin.

Zwar ist es erlaubt, andere Verkehrste­ilnehmer mittels Handzeiche­n oder auf Schildern zu warnen, wie der ADAC berichtet.

Dies dürfe aber nicht behindern oder ablenken. Die häufige Praxis, mit der Lichthupe auf Blitzer aufmerksam zu machen, sei allerdings nicht erlaubt, berichtet der Club.

Im Ausland drohen zum Teil drakonisch­e Strafen beim Einsatz von Blitzer-warnern. In Luxemburg etwa können bis zu 5000 Euro oder eine Haftstrafe von acht Tagen bis zu einem Jahr fällig sein. In Italien kostet es mindestens 800 Euro, in Griechenla­nd mindestens 2000 Euro und es droht Fahrverbot. Die Geräte werden jeweils eingezogen – was auch in Deutschlan­d passieren kann.

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Foto: David-wolfgang Ebener/dpa Einen Blitzer-warner betriebsbe­reit im Auto zu haben, kostet 75 Euro und bringt einen Punkt in Flensburg.

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