Die Rückkehr der fiktiven Affen
Auch 25 Jahre nach Gründung der virtuellen Band Gorillaz ist die Kreativität von Damon Albarn nicht erschöpft.
Hunderte Menschen auf dem New Yorker Time Square halten ihre Smartphones in die Höhe, starren wie gebannt auf die Bildschirme. Darauf zu sehen sind die auf gigantische Größe angewachsenen Mitglieder der virtuellen Band Gorillaz, die den weltberühmten Platz scheinbar als Bühne für einen Auftritt nutzen. Die Szene spielte sich im Dezember bei der Vorstellung des Songs „Skinny Ape“ab. Das dazugehörige Album „Cracker Island“(Parlophone/warner) erscheint am Freitag. Es ist bereits das siebte Studioalbum der fiktiven Band.
Hinter der Musik der Comicbandmitglieder Murdoc Niccals, 2-D, Noodle und Russel Hobbs steckt der Brite Damon Albarn, der dafür immer wieder mit anderen hochkarätigen Musikern kooperiert. Für das neue Album hat er sich etwa mit Stevie Nicks (Fleetwood Mac) und dem puerto-ricanischen Rapper Bad Bunny zusammengetan. Herausgekommen ist ein Album, das früheren Platten in nichts nachsteht.
Albarn, auch für seine Rolle als Frontmann der Britpop-band Blur bekannt, erweist sich wieder einmal als musikalisches Genie, das keine Genre-grenzen kennt. Crossover, Hip-hop, Indie-rock, Latin und eine Prise Funk – das neue Gorillaz-album macht Laune, weil es so vielseitig ist. Trotzdem hat es den unverkennbaren Gorillaz-klang, der sich durch die zehn Songs zieht.
Der Song „Cracker Island“ist ein tanzbares Stück mit Funk-elementen, für das Albarn den Usbassisten Thundercat an Bord geholt hat. „Silent Running“ist ein nachdenklicher Track, der an Soul-klassiker erinnert. Beim melancholischen „Skinny Ape“dominiert die Bass-gitarre nach folkigem Auftakt. Für „New Gold“hat Albarn mit dem Rapper Bootie Brown zusammengearbeitet.
Seine Songtexte seien „ein Haufen komischer Unsinn“, sagt Albarn in einem Interview-ausschnitt, der auf seinem Instagram-aufritt zu sehen ist. Doch die anschließende Erläuterung weckt Zweifel, ob er das ernst meint: „Im ersten Vers geht es um die Art von hypnotischer Natur von Schönheit und wie gefährlich das sein kann“, so Albarn über „Silent Running“. Eine Deutung der Lyrics ist jedenfalls nicht einfach und nicht unbedingt gewollt. Doch womöglich ist es gerade das, was die Gorillaz-texte so gut macht: Der Sinn kann vom Zuhörer selbst gedeutet werden.