Miss Austria, Diva und Femme fatale
Als Vamp eroberte Nadja Tiller einst die Leinwand. Nun ist die Schauspielerin in Hamburg gestorben.
Als Nadja Tiller als Edelprostituierte Rosemarie Nitribitt die Doppelmoral der Wirtschaftswunderzeit entblößte, war das 1958 ein Skandal. Für die Schauspielerin wurde es die wichtigste Rolle. Der Film lockte Millionen Zuschauer in die Kinos und blieb für immer mit der Diva verbunden. Nur der Name ihres Mannes konnte mithalten: Walter Giller und Nadja Tiller waren ein Traumpaar des Films. Im Alter von 93 Jahren starb die österreichische Schauspielerin in der Nacht zu Dienstag in Hamburg.
Giller und Tiller blieben bis zum Tod des Komödianten im Dezember 2011 unzertrennlich, auch wenn sie in einer luxuriösen Seniorenresidenz am Hamburger Elbufer getrennte – aber natürlich nebeneinander liegende – Appartements bewohnten. Beim Dreh zur „Schlagerparade“hatte die gebürtige Wienerin und ehemalige „Miss Austria“ihre große Liebe kennengelernt. Beide wurden privat ein Paar – und für zahlreiche Produktionen auch im Film, etwa in „Schloss Gripsholm“(1963). Ihren großen Auftritt als Rosemarie
Nitribitt aber hatte Tiller allein. Platinblond und hochhackig, mondän und verrucht, Vamp und Verführerin: So gab sie die Frankfurter Edelprostituierte, die ein Jahr zuvor ermordet worden war. „Nadja Tiller, das Beste, was damals in Deutschland auf dem Vamp- und Sex-sektor zur Verfügung stand, spielt zu Recht mit ihren schlanken Beinen, ihren spöttisch vollen Lippen, darf aber sonst, mitten in den fünfziger Jahren, kaum loslegen. Sie ist kalt, ja synthetisch“, schrieb der „Spiegel“Jahrzehnte später.
Die berühmte Rolle von Anita Ekberg im Trevi-brunnen in „La Dolce Vita“oder Filme mit Marcello Mastroianni oder Alain Delon – die Angebote waren da. Doch Tiller lehnte ab. „Ich war leider nicht klug genug und zu dumm und habe dann drei sehr berühmte Filme nicht angenommen“, sagte Tiller kurz vor ihrem 90. Geburtstag. „Und letztendlich würde ich wahrscheinlich heute genauso hier sitzen – auch, wenn ich einen davon gemacht hätte“, war die gebürtige Wienerin überzeugt.