Der Olympia-coup und seine Folgen
Bei der WM in Planica gilt das deutsche Team noch als Außenseiter – inzwischen aber mit Chancen.
Auch mit einem Jahr Abstand bekommt Peter Schlickenrieder bei den Bildern von Peking Gänsehaut. Winter um Winter prägten Misserfolge und mühsame Aufbauarbeit den Alltag des Teamchefs der Langläufer. Bis aus dem Nichts Olympia-gold kam. Der Teamsprint-coup von Victoria Carl und Katharina Hennig, den Ard-reporter Jens-jörg Rieck mit den Worten „Hast denn Du die Pfanne heiß?“begleitete, war ein Meilenstein für den deutschen Langlauf. Und er soll helfen, den in der Versenkung verschwundenen Sport wieder ins Rampenlicht zu führen.
„So etwas passiert in einem Leben einmal oder vielleicht zweimal, dann ist das Glück auf dieser Welt verbraucht“, beschrieb Teamchef Schlickenrieder die Besonderheit des Ereignisses. Nun sind Hennig, die bei der Tour de Ski ihren ersten Weltcup-sieg feierte, und das restliche Team im slowenischen Planica gefordert. Am Donnerstag stehen die ersten Entscheidungen im Sprint an – noch ohne große Chancen.
Gedämpfte Erwartungen
Schlickenrieder dämpft vorab die Erwartungen. „Die Frage, ob sie in Höchstform bei der WM am Start steht, ist schwierig. Ich würde nicht zu viel von ihr erwarten. Eigentlich ist das, was jetzt kommt, Zubrot. Der Zehn-kilometer-lauf im Einzel ist Skating, das ist nicht ihre Traumdisziplin“, sagte der Teamchef. Schon eine Wm-medaille seines Teams würde er euphorisch feiern: „Den Erfolg erstmalig zu erringen, ist das eine. Das zu wiederholen, ist fast die größere Leistung.“
Die 26-jährige Hennig hatte zuletzt immer wieder mit Krankheiten zu kämpfen, steht aber mehr denn je im Fokus. „Es geht peu à peu immer weiter nach vorne. Es ist schön zu sehen, dass sich hartes, konsequentes Training auszahlt. Wir marschieren Schritt für Schritt in die richtige Richtung“, sagte sie. Nach eigener Aussage ist sie noch stärker in den Blick ihrer Konkurrentinnen geraten. „Man ist einfach mehr mittendrin. Mein Name wird öfter genannt. Das ist natürlich ein schöner Nebeneffekt.“Auf Medaillenziele will sie sich nicht festlegen.
Anders als im Weltcup präsentiert sich der Langlauf bei der WM auf großer Bühne inklusive Tv-präsenz. Doch das Fernsehen ist für Hennig, Victoria Carl und Co. nur ein Weg, um für sich und ihren Sport zu werben. Da ist Social
Media viel wichtiger. Die Sportler pflegen intensiv die eigenen Kanäle. „Das kostet schon richtig Zeit, man muss da die richtige Balance finden. Aber der direkte Kontakt und das Unmittelbare sind wichtig für die Zukunft unserer Sportart“, sagte Schlickenrieder.
Ein weiterer Baustein sei Erfolg. Der war bei Olympia 2022 gegeben wie lange nicht mehr und soll – aller Bescheidenheit bei der Formulierung der Wmziele zum Trotz – kein Einzelfall bleiben. Bei den Männern kommt der Hoffnungsträger vom Schwäbischen Skiverband. Mit dem 20-jährigen Friedrich Moch vom WSV Isny gibt es wieder einen Langläufer von Weltklasse-format. „Fri“holte 2021 Silber bei der Junioren-wm über 15 Kilometer, inzwischen stand er auch im Weltcup auf dem Podest. Für eine Einzel-medaille ist die Übermacht aus Norwegen zu stark. Aber in der Staffel, wenn alles passt und die Konkurrenz schwächelt, ist Bronze möglich. Weil niemand einen solchen Coup erwartet, könnte die Lockerheit Moch Flügel verleihen.