Neue Wege zum Elternglück
Die selbst ernannte Fortschrittskoalition will die Vorgaben für die Fortpflanzungsmedizin modernisieren. Doch in der Ampel gibt es unterschiedliche Vorstellungen.
Ein Viertel der deutschen Paare ohne Kinder ist ungewollt kinderlos. Schicksal ist das nur zum Teil. Denn es gäbe Methoden, um diesen Paaren, bei denen alle anderen Versuche versagt haben, ihren Wunsch zu erfüllen: die Eizellspende zum Beispiel oder die Leihmutterschaft. Beides ist in Deutschland verboten, aber wie lange noch? Empfehlungen dazu soll demnächst eine Expertenkommission erarbeiten.
Eizellspende Manche Frauen können allein deshalb nicht schwanger werden, weil sie keine befruchtungsfähigen Eier produzieren. Eine Eizellspende durch eine andere Frau ist aber in Deutschland anders als in den meisten Eu-ländern verboten. Der Passus im Embryonenschutzgesetz von 1991 trägt der Befürchtung Rechnung, dass Kinder unter einer gespaltenen Mutterschaft – bei der genetische und austragende Mutter nicht identisch sind – leiden könnten.
Die Fdp-rechtsexpertin Katrin Helling-plahr betrachtet derartige Bedenken als „mittlerweile eindeutig widerlegt“. Auch sei die Eizellentnahme inzwischen „viel schonender“als früher. Ob die beiden Ampelpartner mitziehen werden, ist aber noch nicht klar. Bei der SPD sieht man zwar „die Notwendigkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Fortpflanzungsmedizin zu überprüfen“. Mit welchem Ziel, wird nicht gesagt. Auch bei den Grünen sieht man „keinen Grund, das bestehende Verbot infrage zu stellen“.
Trotz der Vorbehalte in Teilen der Ampel: Die Legalisierung der
Eizellspende wird wohl kommen, zumal es auch verfassungsrechtliche Bedenken dagegen gibt, sie zu verbieten. Wie die rechtlichen Vorgaben aussehen könnten, darauf geben die Empfehlungen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina einen Hinweis. Die Experten sprechen sich dafür aus, die Eizellspende zu erlauben, „wenn die Risiken für die Spenderin minimiert werden“. Außerdem solle „die Empfängerin nicht älter als etwa 50 Jahre alt sein, da die gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind altersabhängig zunehmen“. Weitere Empfehlung: „Eizellen dürfen nicht kommerziell gehandelt werden. Für die Spende darf lediglich eine angemessene Aufwandsentschädigung geleistet werden.“
Embryonenspende In Kinderwunschpraxen werden tausende befruchtete Eizellen konserviert und für weitere Versuche, bei einer Frau eine Schwangerschaft zu erzeugen, aufbewahrt. Werden sie nicht mehr benötigt, könnten sie theoretisch anderen Frauen zur Verfügung gestellt werden. Rechtlich ist das eine Grauzone. Anders als bei der Eizellspende sind die Embryonen bereits vorhanden und müssten ansonsten dauerhaft gelagert oder vernichtet werden. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir stellen klar, dass Embryonenspenden im Vorkernstadium legal sind“– wobei „Vorkernstadium“bedeutet, dass Samen und Ei noch nicht verschmolzen sind.
Anders sieht es bei der Leihmutterschaft aus, bei der zwischen der kommerziellen und der nicht-kommerziellen
Leihmutterschaft
(altruistischen) Leihmutterschaft unterschieden wird. Ärztinnen und Ärzten ist es verboten, an sogenannten Ersatzmüttern künstliche Befruchtungen durchzuführen. Außerdem gilt in Deutschland: Die Frau, die ein Kind austrägt, ist im rechtlichen Sinne die Mutter. Viele Paare suchen sich deshalb Hilfe im Ausland, wo Leihmutterschaft zum Teil legal ist. Die Fdp-politikerin Katrin Helling-plahr will diesen Zustand ändern. „Die Frauen, die als Leihmütter fungieren, handeln in manchen Ländern teilweise aus wirtschaftlicher Not heraus“. Die medizinischen und rechtlichen Bedingungen seien „oft kompliziert und unsicher“. Sie sei deshalb für die Legalisierung der altruistischen Leihmutterschaft – also wenn zum Beispiel „die Schwester einer ehemals an Gebärmutterhalskrebs erkrankten Frau helfen möchte, ihren Kinderwunsch zu erfüllen“. Eine kommerzielle Leihmutterschaft lehnt die Fdp-politikerin ab. Vor allem bei den Grünen gibt es Vorbehalte: „Eine Entscheidung für die Legalisierung der Leihmutterschaft steht dem Selbstbestimmungsrecht der Frau entgegen“, sagt die familienpolitische Sprecherin im Bundestag, Ulle Schauws.
Wann wird die Expertenkommission ihre Arbeit aufnehmen?
Das ist noch ungewiss. Zuständig ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dessen Ministerium auf Anfrage mitteilt, dass die „Abstimmungen hierzu“noch laufen. Helling-plahr rechnet damit, dass die Kommission noch vor Ostern ihre Arbeit aufnimmt. Sie kritisiert, das Gesundheitsministerium habe sich „leider sehr viel Zeit gelassen“.