Überraschende Schärfe
Nach Atomkraft und Planungsbeschleunigung nun also die Kindergrundsicherung. In der Koalition baut sich der nächste große Streit auf. Während die beiden anderen Themen in ihrer Dringlichkeit vielleicht mit dem Ukraine-krieg und seinen energiepolitischen Ausläufern erklärt werden können, kommt die Schärfe der Kindergrundsicherungsdebatte überraschend. Denn die insbesondere von den Grünen, aber auch der SPD gewünschte Förderreform steht ja schon lange auf der Agenda. Im Koalitionsvertrag, den alle drei Parteien vor rund 15 Monaten mit einigem Stolz vorgestellt hatten, ist der Kindergrundsicherung ein eigenes Unterkapitel gewidmet. Umso verwunderlicher die plötzliche Eskalation.
Die sagt mehr über die bedenklichen Funktionsschwächen der Ampel als über verschiedene Vorstellungen von Gerechtigkeit oder haushaltspolitische Realitäten aus. Das Thema, so sollte man meinen, bietet doch eigentlich genug Ansätze dafür, dass jeder der drei Partner mit einem Gewinn herausgehen könnte: Digitalisierung, Entbürokratisierung, Zugänglichkeit lauten die Stichworte. Wie also kann es sein, dass diese Giftigkeit entstehen konnte? Eine Erklärung ist natürlich, dass es in Wahrheit um etwas anderes geht: um Steuererhöhungen oder das Aussetzen der Schuldenbremse nämlich.
Gut sieht in der Sache jedenfalls niemand aus: Die Grünen haben ihren Vorstoß nicht sorgfältig genug geplant, die FDP wirkt wie ein hartherziger Neinsager und was die SPD will, bleibt wieder mal nebulös. Scheitert das Ganze, gibt es aber weit mehr Verlierer als die drei Ampel-partner: die betroffenen Kinder und ihre Familien nämlich.