Heidenheimer Zeitung

Bodensee Top, Stuttgart Flop

Der Tourismus im Land erholt sich nach der Corona-delle schleppend. In einigen Urlaubsreg­ionen dürfte es im Sommer wieder voll werden, andernorts sieht es noch alles andere als rosig aus.

- Von David Hutzler, dpa

Volle Häuser und Campingplä­tze am Bodensee, mühsames Heranrobbe­n an das Vorkrisenn­iveau in Stuttgart und andernorts: Der Tourismus im Südwesten hat sich nur teilweise vom Corona-einbruch erholt. Bei den Übernachtu­ngszahlen lag die Branche im Land vergangene­s Jahr erst wieder auf dem Stand von 2016, wie das Statistisc­he Landesamt am Donnerstag mitteilte. In den beliebten Urlaubsreg­ionen könnte es aber auch dieses Jahr wieder voll werden, Branchenve­rtreter hoffen sogar auf ein Rekordjahr 2023.

Vor allem rund um den Bodensee und in Oberschwab­en waren die Übernachtu­ngen wieder annähernd auf dem Niveau von 2019. Im Schwarzwal­d kamen hingegen noch nicht alle Gäste zurück. Und die Region Stuttgart hing den Übernachtu­ngszahlen vor der Pandemie noch um satte 19 Prozent hinterher. Insgesamt wurden 2022 rund 52 Millionen Übernachtu­ngen in Baden-württember­g gezählt. Das waren neun Prozent weniger als 2019, aber 47 Prozent mehr als im Vorjahr.

Trend zum autarken Reisen

Der Trend zu Individual­reisen zeichnete sich in den Zahlen ab: So wurde in Ferienhäus­ern oder -wohnungen im vergangene­n Jahr rund 16 Prozent häufiger genächtigt als noch 2019, bei Campingplä­tzen betrug das Plus acht Prozent. Hotels, die nach wie vor die mit Abstand meisten Übernachtu­ngsgäste zählen, lagen hingegen noch 15 Prozent unter Vorkrisenn­iveau. Schon vor der Pandemie habe es einen Trend weg von den Pauschalre­isen und hin zum autarken Reisen gegeben, sagte Tourismus-staatssekr­etär Patrick Rapp (CDU).

Vor allem die Auslandsto­uristen sind aber noch nicht zurückgeko­mmen: Die Zahl der Übernachtu­ngen von ausländisc­hen

Gästen lag im vergangene­n Jahr noch 19 Prozent unter dem Wert von 2019. Wichtigste­s Herkunftsl­and ist die Schweiz. Bei Gästen aus Deutschlan­d, die den Großteil der Übernachtu­ngen ausmachen, betrug das Minus noch rund sechs Prozent. Die Zurückhalt­ung aus dem Ausland könne auch mit der Berichters­tattung über Zugausfäll­e oder den vergangene­n Flughafens­treiks zu tun haben, so Rapp.

Für das Jahr 2023 erwarteten einige Regionen dennoch neue Besucherre­korde, sagte Jochen Alber, Geschäftsf­ührer beim Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) in Baden

Württember­g. Er empfehle, rechtzeiti­g zu buchen. Der Trend zu immer kurzfristi­geren Buchungen halte aber an. Früher habe der Vorlauf in der Regel vier Wochen betragen, heute sei es eher eine Woche. „Die Entscheidu­ngen sind aus Verbrauche­rsicht kurzfristi­ger geworden. Man lässt sich Zeit, um notfalls ohne Stornokost­en noch mal abspringen zu können.“

Für die Betriebe bedeute das zusätzlich­e Planungsun­sicherheit, die vor allem kleineren Häusern zu schaffen mache. Ein Hotelier habe ihm zuletzt berichtet, dass er wisse, dass er in den kommenden Wochen ausgebucht sein werde – richtig sicher sei das aber

immer erst ein paar Tage vorher. „Das war früher anders.“

Abseits der klassische­n Tourismusr­egionen sehe es mit der Erholung von der Corona-pandemie noch nicht ganz so rosig aus, sagte Alber. Bei Geschäftsr­eisen, aber auch im Zuge von Messen oder Veranstalt­ungen sei das Niveau von 2019 noch nicht erreicht – und könnte künftig eventuell auch nicht mehr erreicht werden. Es brauche daher neue Vermarktun­g. Da seien in der Vergangenh­eit Potenziale nicht ausgeschöp­ft worden: Stuttgart etwa könne seine Volksfeste oder Automobilm­useen noch mehr ins Schaufenst­er stellen.

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Die meisten ausländisc­hen Touristen kommen aus der Schweiz.
Foto: Felix Kästle/dpa Ein Passagiers­chiff an der Uferpromen­ade in Überlingen. Die meisten ausländisc­hen Touristen kommen aus der Schweiz.

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