Westen werden weiter genutzt
Labortests haben ergeben, dass ein Teil der schusssicheren Schutzwesten für Einsatzkräfte Mängel hat. Aussortiert werden sie vorerst aber nicht.
Die Polizistinnen und Polizisten in Baden-württemberg werden vorerst weiter in ihrem dienstlichen Alltag die von möglichen Qualitätsmängeln betroffenen Schutzwesten tragen. „Bislang sind keine ballistischen Unterziehschutzwesten aussortiert worden, weil sie den hohen Sicherheitsansprüchen nicht genügten“, teilte das Innenministerium unserer Redaktion auf Nachfrage mit.
Den „üblichen Distanz-beschüssen“halte die Schutzweste uneingeschränkt stand, hatte das Innenministerium bereits Anfang Februar mitgeteilt, als die Probleme öffentlich wurden. Die Weste biete in der Praxis immer noch ein hohes Maß an Sicherheit. Bei einer ballistischen Qualitätssicherung seitens der Herstellerfirma habe sich allerdings herausgestellt, dass es bei der Schutzweste unter Laborbedingungen vereinzelt an bestimmten Bereichen zu Durchschüssen kommen kann. Mängel traten offenbar auf bei einem aufgesetzten Schuss.
Ersatzbeschaffung anvisiert
Bezogen auf die Gesamtfläche nehmen diese Bereiche rund drei Prozent der gesamten Schutzweste ein. Eine abschließende Analyse der Ursache sei derzeit noch nicht möglich, hieß es damals. Nun ist aber klar, dass es auf eine Ersatzbeschaffung von Schutzwesten hinaus läuft. Die Herstellerfirma arbeite in enger Absprache mit dem Land Baden-württemberg mit Hochdruck an einer geeigneten Lösung und werde – unter anderem in Abhängigkeit der Verfügbarkeit der erforderlichen Materialien auf dem Weltmarkt – die Fertigung und Auslieferung zeitnah veranlassen, teilte das Innenministerium auf Nachfrage mit.
Die Genese der bisherigen Schutzwesten-beschaffung folgte dabei ähnlich gelagerten Anschaffungen. Die Polizei beschafft ballistische Schutzwesten grundsätzlich mit Vergabeverfahren, so das Innenministerium, und bezieht sie daran anschließend aus
Rahmenverträgen. Die Polizei Baden-württemberg hat die betroffenen Unterziehschutzwesten demnach in den Jahren 2013 bis 2019 bestellt und erhalten, die Erstbestellung hatte damals einen
monatelangen Vorlauf.
Seit 2016 ist Thomas Strobl (CDU) Innenminister. Nach dem Bekanntwerden der möglichen Mängel hatte die Opposition aus SPD, FDP und AFD scharfe Kritik an Strobl geübt. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPOLG) forderte insgesamt einen schnelleren Austausch von Schutzausstattungen, und die Gewerkschaft der Polizei (GDP) sah generell zunehmende Mängel bei der Ausstattung.
Nimmt man die Probleme mit den Westen nun zum Anlass, um bei der übrigen Ausrüstung genauer hinzusehen? Die Antwort des Innenministeriums: Um einen bestmöglichen Schutz aller Polizeibeamtinnen
und Polizeibeamten im Land zu gewährleisten, seien diese mit einer „hochwertigen und modernen Ausrüstung“ausgestattet, die hohe Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen habe.
Die Landespolizei überprüfe kontinuierlich die ihr zur Verfügung stehenden Führungs- und Einsatzmittel und passe diese an sich ändernde Rahmenbedingungen an, so die Antwort. Nach Auslieferung prüfe die Polizei, ob die geforderten Qualitätsmerkmale der Produkte eingehalten sind. Das Innenministerium verweist darauf, dass man sich dabei auch Zertifikaten oder Überprüfungen allgemein anerkannter Prüfstellen bedient.