Die Hürden vor dem Arbeitsplatz
Mehr als eintausend Menschen aus der Ukraine sind seit Kriegsbeginn in den Landkreis Heidenheim gekommen. Für viele von ihnen gäbe es Arbeit. Allerdings ist das nicht immer einfach.
Seit Kriegsbeginn in der Ukraine ist eine vierstellige Anzahl Geflüchteter aus dem überfallenen Land im Landkreis Heidenheim angekommen. Ein großer Teil von ihnen kommt irgendwann mit Albert Köble und seinem Team in Kontakt. Köble ist Geschäftsführer des Heidenheimer Jobcenters und sagt: „Die Situation ist aufreibend für beide Seiten.“
Am 7. Februar waren exakt 1032 Menschen in der Betreuung durch das Jobcenter. Das Team an der Theodor-heuss-straße ist, wie überall im Land, für Geflüchtete aus der Ukraine zuständig. Derzeit stelle diese Gruppe rund ein Sechstel aller Betreuten im Landkreis. Ohne großes Engagement der Jobcenter-beschäftigten und viele Überstunden sei das nicht zu bewältigen, sagt Köble.
Genügend Arbeit vorhanden
Der Begriff „Jobcenter“führt in diesem Zusammenhang womöglich in die Irre. Zwar sei sehr viel Arbeit vorhanden, sagt Köble. Gerade durch den Boom der Logistikbranche gebe es in der Region auch viele Jobs für ungelernte Helferinnen oder Helfer. Die Vermittlung ist jedoch ein Hürdenlauf für alle Beteiligten. 750 der Ukrainerinnen und Ukrainer könnte das Jobcenter theoretisch in Arbeit vermitteln, die übrigen sind Kinder oder Personen im Rentenalter. 325 davon könnten zumindest eine Stelle auf Helferniveau übernehmen. Gut zweihundert haben eine Ausbildung absolviert, einige Dutzend gelten sogar als Spezialisten.
Um Menschen in Arbeit zu bringen, braucht es viel Geduld. Weil der Krieg viele Geflüchtete zu überhasteter Flucht gezwungen habe, lägen oft nicht alle benötigten Dokumente vor. Es brauche meist mehrere Wochen, bis sich die Unterlagen beschaffen ließen.
Sprache als große Hürde
Hinzu kommt die Sprachbarriere als großes Hemmnis. Von den 1032 betreuten Ukrainern und Ukrainerinnen haben zwar 93 Grundkenntnisse der deutschen Sprache, 15 könnten sich vergleichsweise gut verständigen. 552 Personen und damit die überwiegende Mehrheit haben allerdings keine deutschen Sprachkenntnisse und müssen sie erst in Kursen erwerben. Ohne Sprachkenntnisse, macht Köble klar, sei an eine Arbeitsaufnahme kaum zu denken. Allerdings seien Unternehmen wie Amazon auch bereit,
Menschen mit Englischkenntnissen einzustellen.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Ein großer Teil der Geflüchteten aus der Ukraine sind alleinerziehende Frauen, deren Männer zum Kampfeinsatz herangezogen wurden. Abgesehen von der psychischen Belastung dieser Situationen stehen diese Frauen in vielen Fällen vor der ganz praktischen Herausforderung der Kinderbetreuung. Ist diese nicht gewährleistet, können sie weder regelmäßig in Sprachkurse gehen noch eine Arbeit aufnehmen. Gleichzeitig hat beispielsweise die Stadt Heidenheim wegen Personalmangels die Betreuungszeiten reduziert. „Wir können als Jobcenter keine Betreuungskräfte organisieren“, bedauert Köble.
Womöglich ist diese Herausforderung jedoch sogar kleiner als angenommen. Frank Rosenkranz, Geschäftsführer des Diakonischen
Werks Heidenheim, geht davon aus, dass viele Geflüchtete aus der Ukraine vor Ort familiären Anschluss gefunden haben und in diesen Fällen die Kinderbetreuung sichergestellt ist. In Heidenheim hatte sich jedenfalls die Chrischona-gemeinde bereit erklärt, in ihren Räumen Kinderbetreuung mit ehrenamtlicher Unterstützung anzubieten. Nachfrage habe es aber nicht gegeben.
Schwieriger ist dagegen der Wohnungsmarkt:
Köble findet die Wohnsituation vieler Geflüchteter „prekär“. Viele lebten noch immer in Sammelunterkünften oder bei Verwandten auf dem Sofa, was nicht in allen Fällen eine Dauerlösung sein könne. Mietwohnungen seien entsprechend stark gefragt, was wiederum deren Preise nach oben treibe. Köble berichtet von Menschen, die er und seine Mitarbeitenden enttäuschen müssten, weil die Wohnung, die sie gefunden haben, zu teuer für die amtlichen Regelsätze sei.
Problem der Kinderbetreuung
Die Probleme, von denen das Jobcenter berichtet, sind auch für privatwirtschaftliche Arbeitsvermittler augenfällig geworden. Peter Roth ist Geschäftsführender Gesellschafter der Firma Tempo Zeitarbeit und zugleich Vorstandsmitglied im Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP). Er berichtet von Menschen, die in vielen Fällen psychisch angeschlagen sein, immer wieder sei auch die Kinderbetreuung ein ungelöstes Problem. „Sie können meist nicht den ganzen Tag arbeiten“, sagt Roth, was ihre Vermittlung in der Zeitarbeitsbranche wiederum schwierig mache, weil dort vor allem Vollzeitkräfte gefragt seien. Er könne bislang zwar nicht von vielen positiven Fällen berichten, so Roth. Er habe aber auch Hoffnung: Für viele einfache Tätigkeiten reiche ein niedriges Deutschniveau aus.
Roth ist außerdem überzeugt, dass es unter den Geflüchteten viele Menschen mit „Top-qualifizierung“gibt. Grundsätzlich sei die Personaldienstleistungsbranche für Menschen gut geeignet, die mittelfristig einen Job suchen, denn auch Roth geht davon aus, dass viele Geflüchtete in die Ukraine zurückkehren werden, sobald die Lage dort ausreichend sicher sei.
Wir können als Jobcenter keine Betreuungskräfte organisieren. Albert Köble Geschäftsführer des Heidenheimer Jobcenters