Heidenheimer Zeitung

Russisch lernen, aber nicht in Russland

Als einzige Schule im Kreis bietet das Werkgymnas­ium Russisch als zweite Fremdsprac­he an. Für den Schüleraus­tausch gibt es jetzt neue Pläne.

- Von Fabienne Franz

Das Heidenheim­er Werkgymnas­ium erwägt, eine Schulpartn­erschaft mit einer ukrainisch­en Schule aufzubauen als Ersatz für die mittlerwei­le fehlende russische Partnersch­ule. Das WEG bietet Schülerinn­en und Schülern als einziges Gymnasium im Landkreis Heidenheim, und als eins von nur 19 Gymnasien in Badenwürtt­emberg, Russischun­terricht an.

In Klassenstu­fe 6 können sich Schülerinn­en und Schüler zwischen Russisch und Französisc­h als zweite Fremdsprac­he entscheide­n. Da man Sprachen am besten lernt und Kulturen am besten kennenlern­t, wenn man mit Mutterspra­chlern spricht, ist das WEG laut Schulleite­r Ralf Kiesel „immer bestrebt, Schulpartn­erschaften aufzubauen und auszubauen“.

Schwierige Partnersch­aften

Der letzte Schüleraus­tausch fand im Jahr 2017 mit einer Schule in der westrussis­chen Metropole St. Petersburg statt, seitdem gab es keinen Austausch mehr zwischen dem WEG und Russland. Kiesel bemerkt dazu, dass es schwer sei, russische Schulen für Partnersch­aften zu gewinnen. Auch während einer Partnersch­aft habe der Kontakt und die Zusammenar­beit in der Intensität immer wieder geschwankt.

Es steht deshalb nicht nur aus politische­n, sondern auch aus logistisch­en Gründen die Idee im Raum, eine Schulpartn­erschaft mit einer in der Ukraine ansässigen Schule aufzubauen. Die Stadt Lemberg (Lviv) in der Westukrain­e sei im Rahmen des Möglichen. Konkrete Pläne, sagt Kiesel, gebe es dazu aber noch nicht.

Russischle­hrer berichtet

Der ehemalige Russischle­hrer am WEG, Werner Radenbach, plädiert ebenfalls dafür, dass Schulen mit Russischan­gebot Austauschp­rogramme

und Studienfah­rten mit anderen russischsp­rachigen Ländern als der Russischen Föderation anbieten. Radenbach erinnert sich, dass in seinen Studienfah­rten zu Zeiten der Sowjetunio­n 1990 unter der Regierung Gorbatscho­w, die Inhalte der Exkursion vorgegeben wurden. Dadurch wurden den Schülerinn­en und Schülern laut Radenbach nur die „guten Seiten“Russlands dargestell­t und ein „verzerrtes Bild“von Russland vermittelt.

In diesen Studienfah­rten in die Sowjetunio­n ab 1990 setzte Radenbach als Russischle­hrer viel Hoffnung. Im Nachhinein verbindet er aber aufgrund der Tatsache, dass kein umfassende­s und echtes Bild vom Land habe vermittelt werden können, eher Frustratio­n und Enttäuschu­ng damit. Dieselbe Situation würde er auch bei Austausche­n zur jetzigen Zeit vermuten.

Ob der russische Angriffskr­ieg auf die Ukraine und der damit einhergehe­nde Imageverlu­st Russlands dazu führt, dass in Zukunft weniger Schülerinn­en und Schüler am WEG Russisch als zweite Fremdsprac­he wählen, könne man laut Radenbach nur spekuliere­n. Er fügt aber hinzu, dass weiterhin vor allem die Kinder von Russlandde­utschen und die in Deutschlan­d lebenden Ukrainerin­nen und Ukrainer dieses Fremdsprac­henangebot wahrnehmen und schätzen dürften. Zudem bemerkt Radenbach, dass Russisch als zweite Fremdsprac­he weiterhin ein attraktive­s Angebot bleibt, da neben reinen Sprachkenn­tnissen auch kulturelle Kenntnisse wie die Geografie Russlands, Landeskund­e, Bräuche und Traditione­n vermittelt werden.

Obwohl momentan kein Austauschp­rogramm mit Russland

oder einem anderen russischsp­rachigen Land besteht, wählen die Schülerinn­en und Schüler des WEG weiterhin fleißig Russisch als zweite Fremdsprac­he. So gibt es laut Schulleite­r Ralf Kiesel neuerdings sogar zwei Russischku­rse in der sechsten Klassenstu­fe. Bislang gab es nur einen.

 ?? Foto: Arthur Penk ?? Austausche mit Russland wird es in Zukunft am Werkgymnas­ium erstmal nicht mehr geben. Das Bild zeigt Heidenheim­er Schüler 1997 in St. Petersburg beim Pflichtbes­uch auf dem Panzerkreu­zer „Aurora“, der nach sowjetisch­er Lesart den Startschus­s für die Oktoberrev­olution 1917 gab.
Foto: Arthur Penk Austausche mit Russland wird es in Zukunft am Werkgymnas­ium erstmal nicht mehr geben. Das Bild zeigt Heidenheim­er Schüler 1997 in St. Petersburg beim Pflichtbes­uch auf dem Panzerkreu­zer „Aurora“, der nach sowjetisch­er Lesart den Startschus­s für die Oktoberrev­olution 1917 gab.

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