Skandale um Sex-doku und Islamfeindlichkeit
Frankreichs Enfant terrible Michel Houellebecq wird 65 – und steht mehr denn je in der Kritik.
Zuerst sein Interview, in dem er von einem nationalen Aufstand gegen die Musliminnen und Muslimen des Landes fabuliert, die Frankreich unterminieren würden. Dann ein Porno-trailer, in dem Michel Houellebecq mit einer jungen Frau im Bett liegt. Das Enfant terrible der Literaturszene („Vernichten“), das am Sonntag 65 Jahre wird, provoziert wieder. Nur diesmal ist er für viele zu weit gegangen. Die französische Tageszeitung „Libération“fragt sich sogar, ob er den Verstand verloren habe. Diesmal macht er wegen eines vermeintlichen Porno-films von sich reden, der am 11. März ins Netz gestellt werden soll. Ein Trailer zeigt den Autor im Bett mit einer jungen Frau. „Kirac 27“erzählt Berichten zufolge von Houellebecqs sexuellen Abenteuern in Amsterdam.
„Michel Houellebecq. Die Geschichte eines Untergangs“, titelte „Libération“nach der Veröffentlichung des Trailers. Nun wollen seine Anwälte das Verbot des Films und das Löschen des Trailers erwirken. Wie der Autor auf seiner Homepage schreibt, schade der Trailer seinem Privatleben, seiner Ehre und vor allem seiner Frau Qianyum Lysis Li.
In dem Trailer zu „Kirac 27“erzählt der niederländische Regisseur Stefan Ruitenbeek aus dem Off, wie es zu dem Film mit Houellebecq gekommen sei, mit dem er seit geraumer Zeit per E-mail kommuniziert habe. Demnach hatte der Autor ihm erzählt, dass er eine Sextourismusreise absagen musste. Es gäbe genügend Mädchen, die mit dem Starliteraten Sex haben wollten, habe Ruitenbeek daraufhin geantwortet. Und das Ganze organisieren lassen, mit dem Ziel, daraus einen Film zu machen. Houellebecq selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die ganze Aufregung kann Ruitenbeek nicht verstehen. Er habe mit ihm einen Vertrag unterschrieben, sagte er dem Wochenmagazin
„L‘express“. Er finde es weder lächerlich noch unvernünftig, dass seine Figur Sex mit Prostituierten habe. Er selbst spreche darüber in seinen Büchern, etwa in dem Roman „Plattform“(2001).
Bei den Romanen handelt es sich um Fiktion, doch Houellebecq äußert sich auch als öffentliche Figur. Ende November fabulierte er in dem rechtspopulistischen Magazin „Front Populaire“von einer nationalen Rebellion gegen die muslimische Bevölkerung des Landes. „Wenn ganze Gebiete unter islamistischer Kontrolle stehen, denke ich, dass es zu Widerstandsaktionen kommen wird. Es wird Anschläge und Schießereien geben in Moscheen, in von Muslimen frequentierten Cafés, kurz: umgekehrte Bataclans.“
Bei dem Terroranschlag 2015 auf den Pariser Konzertsaal kamen 90 Menschen ums Leben.
In dem Interview äußerte Houellebecq rassistische Verfehlungen. Die Aussagen haben für ihn nun ein juristisches Nachspiel. Wegen Aufstachelung zum Hass gegen Muslime hat die Vereinigung der Moscheen in Frankreich Klage gegen ihn erhoben. Für Intellektuelle und Politiker wird Houellebecq langsam nicht mehr tragbar. Immer mehr Menschen wenden sich von ihm ab, nun auch das Satiremagazin „Charlie Hebdo“: Mit dem größenwahnsinnigen Interview habe er die Grenzen überschritten. Im Namen der Meinungsfreiheit hatte es den Literaten lange unterstützt.