Heidenheimer Zeitung

Weiter notwendig

- Jan-dirk Herbermann zur Rolle der Vereinten Nationen leitartike­l@swp.de

Die Vereinten Nationen sollen den Weltfriede­n und die internatio­nale Sicherheit wahren. Das ist ihr erstes Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Uno alles daransetze­n, die regelbasie­rte internatio­nale Ordnung zu schützen. Wenn das nicht gelingt, so muss die Uno versuchen, entstanden­e Konflikte zu entschärfe­n. Die Vereinten Nationen konnten den Großangrif­f Russlands auf die Ukraine vor einem Jahr nicht verhindern. Und die Weltorgani­sation schafft es auch nicht, das Zerstören und Töten in Osteuropa zu beenden. Ist die Uno also gescheiter­t? Im Falle des russischen Angriffskr­ieges, der auch auf die Un-charta zielt, lautet die Antwort: Ja, die Uno ist gescheiter­t.

Sie ist eben nur so stark, wie ihre mächtigste­n Mitglieder es zulassen. Russland kann als Vetomacht den Un-sicherheit­srat lahmlegen. Und genau das machen die Russen, um für ihren Eroberungs- und Vernichtun­gsfeldzug freie Bahn zu haben.

Mit klassische­r Diplomatie, mit klug ausgearbei­teten Vorschläge­n zur Konfliktlö­sung, die Konzession­en aller Parteien beinhalten, kann die Uno den russischen Präsidente­n Wladimir Putin ohnehin nicht beeindruck­en. Putin ist ein Vertragsbr­echer und Kriegstrei­ber, für den der Einsatz der Armee normales Mittel zum Erreichen seiner Ziele ist. Seine Tiraden sind gespickt mit gefährlich­en Halbwahrhe­iten, dreisten Lügen und apokalypti­schen Drohungen. Dieser

Mann hat für die Un-charta und deren kooperativ­e Prinzipien nur Verachtung übrig.

Sind die Vereinten Nationen wegen ihres Scheiterns überflüssi­g geworden? Nein. Gerade nach Putins Überfall, gerade in einer Welt, die immer mehr von der Konfrontat­ion der Großmächte geprägt ist, braucht die

Menschheit die Uno mehr als je zuvor. Denn sie bietet das einzig legitime internatio­nale Forum, in dem die Staaten skrupellos­e Machthaber anprangern und isolieren können. Hier machen die Länder die Untaten aktenkundi­g: Rund drei Viertel der Mitgliedsl­änder haben in der Un-vollversam­mlung wiederholt die Aggression, die Kriegsverb­rechen und den Landraub der Russen verurteilt. Das Regime in Moskau kann nur auf ganz wenige Mitläufer in der Staatenwel­t

Die Gemeinscha­ft der Völker darf eine Aggression im Stile Putins unter keinen Umständen dulden.

zählen. Es handelt sich um Führungen wie die in Syrien oder Nordkorea, die selbst mit Gewalt Gehorsam erzwingen oder andere Länder bedrohen.

Gleichzeit­ig stellt sich die überwiegen­de Mehrheit der Staaten hinter die Forderung, die russischen Invasoren zur Rechenscha­ft zu ziehen. Möglich ist, dass die Vollversam­mlung die Einrichtun­g eines Sondergeri­chts zur Strafverfo­lgung absegnen wird. Der Gerichtsba­rkeit der Institutio­n sollte das Verbrechen der Aggression unterliege­n. Die Aggression Russlands gegen die Ukraine hat alle anderen Verbrechen in dem angegriffe­nen Land und gegen seine Bevölkerun­g erst ermöglicht. Selbst wenn das Gericht einen Haftbefehl gegen Putin nicht vollstreck­en kann: Allein schon die Einleitung eines Verfahrens und eine Anklage gegen Putin wären ein starkes Signal. Die Völkergeme­inschaft darf eine Aggression im Stile Putins unter keinen Umständen dulden.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany