Weiter notwendig
Die Vereinten Nationen sollen den Weltfrieden und die internationale Sicherheit wahren. Das ist ihr erstes Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Uno alles daransetzen, die regelbasierte internationale Ordnung zu schützen. Wenn das nicht gelingt, so muss die Uno versuchen, entstandene Konflikte zu entschärfen. Die Vereinten Nationen konnten den Großangriff Russlands auf die Ukraine vor einem Jahr nicht verhindern. Und die Weltorganisation schafft es auch nicht, das Zerstören und Töten in Osteuropa zu beenden. Ist die Uno also gescheitert? Im Falle des russischen Angriffskrieges, der auch auf die Un-charta zielt, lautet die Antwort: Ja, die Uno ist gescheitert.
Sie ist eben nur so stark, wie ihre mächtigsten Mitglieder es zulassen. Russland kann als Vetomacht den Un-sicherheitsrat lahmlegen. Und genau das machen die Russen, um für ihren Eroberungs- und Vernichtungsfeldzug freie Bahn zu haben.
Mit klassischer Diplomatie, mit klug ausgearbeiteten Vorschlägen zur Konfliktlösung, die Konzessionen aller Parteien beinhalten, kann die Uno den russischen Präsidenten Wladimir Putin ohnehin nicht beeindrucken. Putin ist ein Vertragsbrecher und Kriegstreiber, für den der Einsatz der Armee normales Mittel zum Erreichen seiner Ziele ist. Seine Tiraden sind gespickt mit gefährlichen Halbwahrheiten, dreisten Lügen und apokalyptischen Drohungen. Dieser
Mann hat für die Un-charta und deren kooperative Prinzipien nur Verachtung übrig.
Sind die Vereinten Nationen wegen ihres Scheiterns überflüssig geworden? Nein. Gerade nach Putins Überfall, gerade in einer Welt, die immer mehr von der Konfrontation der Großmächte geprägt ist, braucht die
Menschheit die Uno mehr als je zuvor. Denn sie bietet das einzig legitime internationale Forum, in dem die Staaten skrupellose Machthaber anprangern und isolieren können. Hier machen die Länder die Untaten aktenkundig: Rund drei Viertel der Mitgliedsländer haben in der Un-vollversammlung wiederholt die Aggression, die Kriegsverbrechen und den Landraub der Russen verurteilt. Das Regime in Moskau kann nur auf ganz wenige Mitläufer in der Staatenwelt
Die Gemeinschaft der Völker darf eine Aggression im Stile Putins unter keinen Umständen dulden.
zählen. Es handelt sich um Führungen wie die in Syrien oder Nordkorea, die selbst mit Gewalt Gehorsam erzwingen oder andere Länder bedrohen.
Gleichzeitig stellt sich die überwiegende Mehrheit der Staaten hinter die Forderung, die russischen Invasoren zur Rechenschaft zu ziehen. Möglich ist, dass die Vollversammlung die Einrichtung eines Sondergerichts zur Strafverfolgung absegnen wird. Der Gerichtsbarkeit der Institution sollte das Verbrechen der Aggression unterliegen. Die Aggression Russlands gegen die Ukraine hat alle anderen Verbrechen in dem angegriffenen Land und gegen seine Bevölkerung erst ermöglicht. Selbst wenn das Gericht einen Haftbefehl gegen Putin nicht vollstrecken kann: Allein schon die Einleitung eines Verfahrens und eine Anklage gegen Putin wären ein starkes Signal. Die Völkergemeinschaft darf eine Aggression im Stile Putins unter keinen Umständen dulden.