Drogerie Müller verliert Klage
Unternehmen verweigert Annahme von Elektroaltgeräten und wird von der Deutschen Umwelthilfe verklagt. Nun drohen drakonische Strafen.
Kinder lieben alles, was blinkt und leuchtet. Schuhe etwa, die bei jedem Schritt integrierte farbige Lichter leuchten lassen. Sind die Blinke-schuhe kaputt oder das Kind herausgewachsen, stellt sich die Frage: wohin damit? In den Hausmüll, in den Gelben Sack? Auf keinen Fall, heißt es beim Umweltbundesamt. Diese Schuhe gehören zum Beispiel – in den Drogeriemarkt. Denn dort müssen sie seit Sommer vergangenen Jahres kostenlos entgegengenommen werden, auch wenn sie dort nicht gekauft wurden. Damit soll eine nicht sachgerechte Entsorgung verhindert werden, teilt die Behörde mit.
Nicht nur Wertstoffhöfe der Kommunen, Elektrofachmärkte, Baumärkte und große Onlinehändler müssen Rasierapparate, Uhren, Telefone, Toaster und beleuchtete Schuhe und Kleidung zurücknehmen, sondern auch Superund Drogeriemärkte mit einer Fläche von mindestens 800 Quadratmetern, die zumindest gelegentlich Elektroprodukte verkaufen. Voraussetzung: Die Gegenstände sind nicht größer als 25 Zentimeter.
Soweit die Theorie. In der Praxis aber verweigern viele Einzelhändler die Annahme, berichtet die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Bei Testbesuchen seien in 10 der 34 getesteten Supermärkte und Drogerien keine oder nur eingeschränkt Elektroaltgeräte akzeptiert worden. Dazu gehörte auch die Drogeriekette Müller. Die DUH schickte dem Unternehmen eine Unterlassungserklärung, die allerdings nicht gegeben wurde, berichten die Umweltschützer. „Darauf hin haben wir sie verklagt“, sagt der Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft der DUH, Thomas Fischer. Nun steht das Urteil des Landgerichts Ulm fest: Müller muss Elektroaltgeräte zurücknehmen. Bei Verstößen droht Bußgeld bis zu 100 000 Euro.
„Dies ist die erste gerichtliche Entscheidung gegen Drogerieund Supermärkte“, sagt Fischer. „Es werden weitere Urteile folgen. Wir gehen etwa gegen Rewe und Norma vor, die ebenfalls eine Annahme verweigern.“Im Verhalten der Händler zeige sich „der Unwille und Abwehrkampf gegen eine sachgerechte Entsorgung“. „Die Produkte werden zwar massenhaft verkauft und damit viel Geld verdient, aber an der Entsorgung will man sich nicht beteiligen. Das kann so nicht sein.“
Elektroprodukte landeten oft im Hausmüll, wertvolle Ressourcen wie Kupfer und Gold gingen so verloren, die durch Recycling wieder verwendet werden könnten. Derzeit liege die Sammelquote der Elektrogeräte in Deutschland bei 44 Prozent, vorgesehen seien aber mindestens 65 Prozent. Selbst in die Natur werden die Altgeräte geworfen, schreibt das Umweltbundesamt. Zudem fangen in den Hausmüll geworfene Ionen-akkus immer wieder Feuer. Es komme zu Bränden in Mülltonnen, Abfallfahrzeugen oder Müllversorgungsanlagen.
„Behörden wie Ordnungsämter müssten die Einhaltung eigentlich kontrollieren, aber das passiert nicht“, sagt der Duh-mitarbeiter. „Wenn hier Stichproben vorgenommen würden, stiege auch die Bereitschaft, alte Geräte anzunehmen.“Dies sei wie in der Straßenbahn: Bestehe die Möglichkeit, bei der Kontrolle ertappt zu werden, kauften die meisten Fahrgäste sich ein Ticket. „Wir haben aber den Eindruck, es gibt keine Kontrollen durch Behörden.“
Die Drogeriekette habe die verweigerte Rücknahme unumwunden vor Gericht zugegeben, berichtet DUH. Müller hat sich gestern zu dem Urteil auf Anfrage dieser Zeitung nicht geäußert.
Bei den Tests habe es von Superund Drogeriemärkten geheißen, man sei kein Schrottsammler und keine Müllabfuhr. „Hier wird einfach abgewartet, bis ein Urteil sie zur Annahme zwingt, vorher wird nichts gemacht“, sagt Fischer. Es sei erschreckend, dass Unternehmen erst dann ihrer Verantwortung nachkommen.
Die DUH hat bereits bei anderen Handelsunternehmen wie Galerie Kaufhof und Saturn in der Vergangenheit eine verweigerte Annahme von Altgeräten festgestellt. Der Möbelhändler Ikea wurde 2017 zur Rücknahme und Information des Verbrauchers über gesetzliche Rückgabemöglichkeiten verurteilt.
Seit dem 24. Juli 2016 können Verbraucher alte Elektrokleingeräte kostenlos bei Händlern zurückgeben, die Elektrogeräte auf einer Fläche von mindestens 400 Quadratmetern verkaufen – bei Onlinehändlern gilt die Versandund Lagerfläche. Bei Kleingeräten unter 25 cm ist die Rückgabe von bis zu fünf Geräten pro Geräteart auch hier nicht an den Kauf eines Gerätes gebunden.
Abgewartet, bis Urteil zur Annahme zwingt.