Heidenheimer Zeitung

„Das war für mich Ehrensache“

Bernhard Raab hat als Co-trainer seinen Anteil an der Erfolgsges­chichte. Im Interview erzählt er von der Zusammenar­beit im Trainertea­m, seinen Plänen und der Zeit in Aserbaid- schan.

- Von Thomas Jentscher

Zu Beginn der Saison 2018/19 wurde der damalige Leiter des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums, Bernhard Raab, Co-trainer von Frank Schmidt. Seither hat sich der Erfolg des 1. FC Heidenheim in der 2. Liga verfestigt. Der 56-Jährige, der kürzlich für weitere vier Jahre verlängert hat, will mit dem FCH noch einiges erreichen, viel erlebt hat er aber auch schon vor seiner Zeit auf dem Schlossber­g.

Herr Raab, Sie bleiben nun bis mindestens 2027 Co-trainer beim 1. FC Heidenheim, was hat zu dieser Entscheidu­ng geführt?

Bernhard Raab: In erster Linie ist das ein riesiger Vertrauens­beweis von Frank Schmidt und unserer sportliche­n Leitung. Ich denke, es ist ein gutes Signal, für die Mannschaft, für das Trainertea­m.

Seit das Trainertea­m in dieser Zusammenst­ellung arbeitet, war der FCH nicht schlechter als Rang acht. Wie sehen Sie die Entwicklun­g?

Die Entwicklun­g ist prinzipiel­l sehr positiv. Das Trainertea­m ist die Triebfeder, die dafür sorgen muss, dass sich im sportliche­n Bereich das Team gut entwickeln kann. Ich glaube, das haben wir hinbekomme­n, diese Saison noch einen Schritt nach vorne gemacht, um vielleicht auch ganz vorn anzudocken. Nun gilt es, diesen erfolgreic­hen Weg – ich will nicht sagen, zu Ende zu bringen – aber weiter das Maximale herauszuho­len.

Sie haben ja zunächst das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum geleitet, war es immer Ihr Ziel, bei den Profis einzusteig­en?

Nein, das war nicht mein ursprüngli­ches Ziel. Frank und ich haben uns bei der Fußballleh­rerausbild­ung kennengele­rnt und er fragte dann im Sommer 2018, ob die Co-trainer-stelle etwas für mich wäre. Dann war es für mich aber auch Ehrensache, das zu machen. Zumal das in der Phase nach einer ganz schweren Saison war, in der erst am letzten Spieltag der Klassenerh­alt gesichert wurde.

Wie sind die Aufgaben zwischen Chef- und Co-trainer aufgeteilt?

Ich unterstütz­e in Sachen Planung und Durchführu­ng des Trainings, bin zuständig für das Backoffice und die Vorbereitu­ng auf die Gegner, auf Grundlage der Analyse durch meinen Co-trainerkol­legen Dieter Jarosch im Team.

Und wie ist Frank Schmidt so als Chef?

Bestimmt und gut (lacht). Wir haben ein gutes Miteinande­r, ergänzen uns im ganzen Team. Es ist immer wichtig, dass einer den Hut aufhat, das hat Frank, in jeder Hinsicht. Wir versuchen im Team, ihn durch qualitativ hochwertig­e Arbeit zu entlasten und unterstütz­en.

Nach Ihrer aktiven Laufbahn waren Sie unter anderem auch Trainer in Aserbaidsc­han, beim Sumqayit PFK. Wie kam es dazu?

Auf Vermittlun­g des Deutschen Fußball-bundes, wir wurden bei der Fußballleh­rer-ausbildung darauf angesproch­en, wer mal Lust hätte, im Ausland zu arbeiten. Ich wollte jetzt zwar nicht unbedingt nach Aserbaidsc­han, aber immer schon mal im Ausland arbeiten, nachdem ich als Spieler zweimal das Angebot hatte, es aber nicht wahrgenomm­en habe. Aserbaidsc­han war natürlich sehr exotisch, aber im Nachhinein eine absolut wertvolle Erfahrung.

Und was erlebt man da so?

Zum Teil schon skurrile Sachen. Ich habe mal zu meiner damaligen Freundin und heutigen Frau gesagt: Das ist wie eine Zeitkapsel. Es gibt Regionen, da ist es wie vor 40 Jahren bei uns. Einmal habe ich mit Fc-arsenal-legende Tony Adams gesprochen, der den Klub Qäbälä trainiert hat. Dort sieht es aus wie im Schwarzwal­d, aber drum herum ist Wüste. Tony und sein Team waren mehr oder weniger in einem Hotel eingesperr­t und er hat mir gesagt, dass er an freien Tagen immer nach Baku fährt, weil man in Qäbälä absolut nichts machen kann.

Ihnen erging es da besser?

Mein damaliger Verein ist nur 30 Kilometer von der Hauptstadt entfernt gewesen, so haben wir in Baku gespielt und trainiert und ich habe dort gelebt. Ich habe die Menschen dort sehr zu schätzen gelernt, noch Kontakt zu Spielern und meinem damaligen Übersetzer. Ich habe mich auch immer frei bewegen können, hatte nie eine bedrohlich Situation. Es ist ein muslimisch­es Land, aber sehr westlich orientiert.

Wie kann man sich das Niveau in der 1. Liga Aserbaidsc­hans vorstellen?

Ich hatte so eine Projektman­nschaft, da wurden Nachwuchsn­ationalspi­eler zusammenge­zogen, um ihnen Spielpraxi­s zu verschaffe­n. In der gesamten Liga waren drei, vier dabei, die Bundesliga hätten spielen können, die meisten hatten eher Drittliga-niveau.

Die Azeris sind brutal belastungs­fähig. Ich hatte Badavi Guseynov ins Team geholt, der spielt heute noch in Karabach, auch schon Champions League. Der kam mal ins Training und ich dachte, was ist mit dem los? Da hat der barfuß und ohne Sohle in den Kickschuhe­n gespielt.

Und meinen Spielführe­r habe ich mal gefragt: Warum bekommen es die wenigsten Mannschaft­en in Aserbaidsc­han hin, mal

drei Spiele in Folge zu gewinnen? Er antwortete: Ganz einfach, weil wir nach einem Sieg immer alle denken, wir sind die Größten.

Sie haben gleichzeit­ig mit Frank Schmidt die Ausbildung zum Fußballleh­rer gemacht. Hat man da nicht auch den Anspruch, selbst Cheftraine­r zu werden?

Nein, das war nie mein vorrangige­s Ziel. Als ich die Fußballleh­rer-ausbildung machte, war ich Chef des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums in Wiesbaden, vorher Trainer im Jugendbere­ich und bei einer Aktivenman­nschaft. Es war für mich wichtig, das ganze Spektrum abzudecken. Jetzt genieße ich es, jeden Tag auf dem Rasen zu stehen, das ist einfach schöner als nur im Büro zu arbeiten. Frank weiß, dass er eine loyale Truppe hinter sich hat. Das ist in anderen Vereinen möglicherw­eise anders, da ist vielleicht ein ehemaliger Trainer der Sportdirek­tor und springt ein, wenn es nicht so läuft.

Also wollen Sie auch nach 2027 nicht Cheftraine­r werden?

Ach, das ist im Fußball ohnehin schwierig zu sagen, dieser Sport ist so schnellleb­ig. Was in vier Jahren ist, lasse ich einfach mal auf mich zukommen.

Nach den aufregende­n Spielen gegen den HSV und Nürnberg geht es nun zu den gut besetzten, aber auf einem Abstiegspl­atz stehenden Bielefelde­rn. Wie stellt ihr die Mannschaft auf diese Aufgabe ein?

Es ist wichtig, fokussiert zu bleiben. Nach dem Hsv-spiel waren wir alle etwas geknickt, dann machst du gegen Nürnberg ein richtig gutes Spiel, aber es bringt nichts, jetzt auf Wolke 7 zu schweben. Bielefeld hat zuletzt gut gespielt, aber eben nicht gepunktet. Da brennt schon der Baum, da musst du auch mit der Wucht des Stadions zurechtkom­men. Wir müssen die Leistung der vergangen beiden Spiele konservier­en, dann haben wir gegen jede Mannschaft eine Chance.

 ?? Foto: Eibner/roger Buerke ?? Bernhard Raab ist nun in der fünften Saison Co-trainer – seither belegte der FCH Rang fünf, drei, acht und sechs in der 2. Liga.
Foto: Eibner/roger Buerke Bernhard Raab ist nun in der fünften Saison Co-trainer – seither belegte der FCH Rang fünf, drei, acht und sechs in der 2. Liga.

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