Heidenheimer Zeitung

Klare Regeln für Militärtra­nsporte

Erst kürzlich verunglück­te ein Konvoi der Us-armee nahe Crailsheim. Auf den Straßen im Südwesten sind solche Transporte inzwischen häufiger zu sehen. Wer ist für sie zuständig?

- Von Theo Westermann

Dass es wieder mehr Militärtra­nsporte gibt, kann jeder aufmerksam­e Autofahrer auch auf Baden-württember­gs Autobahnen beobachten. Eine zentrale Verkehrsac­hse für den Transport militärisc­her Güter im Südwesten ist dabei die Autobahn A6 Richtung Nürnberg. Sie ist sozusagen das Verbindung­sglied zwischen den großen Kasernen und Depots der Us-armee in und um Mannheim und Kaiserslau­tern und den Us-garnisonen sowie Übungsplät­zen in Bayern, aber auch für den Nachschub für Nato-standorte in Osteuropa, darunter Bundeswehr-einheiten.

Es begann mit der Verstärkun­g der Nato-truppen an der Ostgrenze des Bündnisses ab 2020, der Überfall Russlands auf die Ukraine brachte eine weitere Steigerung des Verkehrs. Ein Teilbereic­h dieser im Südwesten stattfinde­nden Bewegungen wird von Stuttgart mit gesteuert, nämlich vom Landeskomm­ando Badenwürtt­emberg in der Theodorheu­ss-kaserne in Bad Cannstatt. Dies gilt allerdings nur, wenn sie im Rahmen des sogenannte­n „Host Nation Support“passieren. „Wir bekommen solche Bewegungen mit, wenn ein anderes Land ‚Host Nation Support‘ beantragt und das durch Baden-württember­g geführt wird“, so ein Sprecher des Landeskomm­andos.

Beim aus fünf Lastwagen bestehende­n Transport der Us-armee, bei dem Anfang Februar auf der A6 zwischen Kirchberg und Crailsheim zwei Us-sattelschl­epper mit Munition und Raketentei­len verunglück­ten, war das Landeskomm­ando nicht involviert, da es nicht auf Basis einer „Hostnation-support“-anfrage geschah.

Das Landeskomm­ando organisier­e als Folge des Ukraine-krieges verstärkt „Host Nation Support“für Transporte von militärisc­hem Gerät verschiede­ner Nationen durch Deutschlan­d, so jüngst der Kommandeur des Landeskomm­andos. Bei „Host Nation Support“könne es aber auch um eher niederschw­ellige Dienstleis­tungen wie die Gesundheit­sversorgun­g übender Soldaten alliierter Nationen gehen, so der Sprecher.

Zu unterschei­den ist auch, ob das jeweilige Partnerlan­d „Host Nation Support“angeforder­t hat oder ob es alltäglich­er militärisc­her Betrieb der Bundeswehr und hier stationier­ter Truppen wie etwa der Us-armee ist. Bei Letzterem sind die Zuständigk­eiten etwas anders, erklärt ein Sprecher des Logistikko­mmandos der Bundeswehr in Erfurt auf Nachfrage:

Militärisc­he Bewegungen der Bundeswehr auf der Straße (im Bundeswehr­jargon „Marsch“) sind beim Logistikze­ntrum der Bundeswehr in Wilhelmsha­ven anmeldepfl­ichtig. Und zwar auf jeden Fall beim Einsatz von Großraum- und Schwertran­sporten, Gefahrgutt­ransporten mit der Bestimmung des Fahrwegs nach den einschlägi­gen Regeln der Gefahrgutv­erordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschi­fffahrt. Auch wenn mehr als zehn Fahrzeuge, unabhängig von Ladung und Ausstattun­g, unterwegs sind, muss angemeldet werden. Das Logistikze­ntrum ermittelt die bestmöglic­he Route und erteilt einen sogenannte­n Marschkred­it für die „marschiere­nde Einheit“. Sollte es um einen Transport per Zug gehen, ist ebenfalls das Logistikze­ntrum zuständig, das dann mit der Deutschen Bahn die Möglichkei­ten klärt.

Vergleichb­ares gilt auch für die Us-armee und ihre Bewegungen

im Südwesten: „Märsche“von allen Us-streitkräf­ten, die sich von, nach oder durch Deutschlan­d bewegen und die genannten Kriterien erfüllen, werden über das Us-nachschubk­ommando „21. Theater Sustainmen­t Command“in Kaiserslau­tern beim Logistikze­ntrum der Bundeswehr angemeldet und dort – wie bei Bundeswehr­transporte­n – weiter bearbeitet. Das Kommando in Kaiserslau­tern, das auch Schulungen für die Fahrer organisier­t, ist zuständig für den Nachschub im Verantwort­ungsbereic­h des Usoberkomm­andos für Europa und Afrika in Wiesbaden.

Beim „Host Nation Support“läuft es anders: Hier ist eine enge regionale Abstimmung mit den Innenbehör­den der Bundesländ­er oder, wenn nötig, mit den regionalen Verkehrsäm­tern notwendig. Die erste Anfrage der jeweiligen Nation landet beim Territoria­len Führungsko­mmando der Bundeswehr – dieses wiederum informiert die betroffene­n unterstell­ten 16 Landeskomm­andos, eines davon das in Stuttgart.

Das Spektrum ist weit: Es reicht von der Planung und Genehmigun­g von Durchfahrt­en über deutsche Straßen oder Gewässer, das Bereitstel­len von Unterkünft­en oder Tankmöglic­hkeiten in Bundeswehr­kasernen bis hin zu einer Begleitung durch die Feldjäger oder die Absicherun­g gegen mögliche Störaktion­en. Ebenso werden die Nationen über die Regeln in Deutschlan­d informiert, beraten und unterstütz­t. Hintergrun­d ist natürlich die Veränderun­g der Sicherheit­slage in Europa und die verstärkte Konzentrat­ion auf Bündnisver­teidigung seit 2020. Deutschlan­d sieht sich, so formuliert es die Bundeswehr selbst, seither vornehmlic­h als Transitlan­d für den Aufmarsch multinatio­naler Verstärkun­gskräfte der Nato, die in Deutschlan­d Unterstütz­ung während der Verlegung benötigen.

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Foto: M. Bulling/onw-images/ostalb Network /dpa Anfang Februar verunglück­ten mehrere Us-militärtra­nsporter auf der A 6 bei Crailsheim.

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