Heidenheimer Zeitung

Wohin mit Omas Mantel?

Wer Geld hat, trug früher Pelz. Das ist längst vorbei. In vielen Schränken hängen aber noch alte Exemplare. Bleibt da nur der Mülleimer?

- Von Alfred Wiedemann

Früher mal Zeichen für Wohlstand, heute ziemlich verpönt: Kleidung aus Echtpelz. Tierschütz­er kämpfen seit langem erfolgreic­h gegen Kleidung mit Tierfell aus weltweiter Qualzucht. Kürschner halten dagegen, Jagdverbän­de werben für eine Alternativ­e, für das Verwenden der Felle etwa von erlegten Füchsen. Mittendrin im lauten Streit stehen alle, die alte Echtpelze geerbt haben.

Tausende solcher einst guten Stücke von Tante und Oma lagern noch in Kleidersch­ränken, vor Jahrzehnte­n für teures Geld erstanden und irgendwann weggepackt. Bleibt jetzt nur noch die Mülltonne für Persianerj­äckchen oder Chincillam­antel oder kann frau sie noch auftragen und anziehen? Mit dem Risiko, böse Blicke oder Kommentare zu ernten.

Eine Möglichkei­t ist die Spende. „Die Caritas nimmt sehr gerne die alten Pelze entgegen“, sagt Eva-maria Bolay vom Caritasver­band der Diözese Rottenburg­Stuttgart. Sie können direkt in den Secontique-shops in Ulm, Aalen und Albstadt gespendet werden oder im Future Fashion Store in Stuttgart. „Wir geben die Pelze ihrem Wert entspreche­nd weiter. Mit den Erlösen aus dem Verkauf finanziert die Caritas nachhaltig­e Sozialproj­ekte.“

Die Neue Arbeit Stuttgart, die vier Secondhand-läden betreibt, hat ebenfalls Erfahrung mit Pelzkleidu­ng.

Aber nur als „Randphänom­en“, sagt Martin Tertelmann. Bei Entrümpelu­ngen oder als Spende tauchten hin und wieder Echtpelze auf. „Sind sie gut erhalten, wird zuerst geklärt, ob es Pelze geschützte­r Arten sind“, sagt er. Ozelot oder Leopard zum Beispiel, dann ist der Handel verboten. Das Regierungs­präsidium helfe immer in Zweifelsfä­llen. Können die Pelze angeboten werden, kommen sie in die Läden. 15 bis 20 Pelzmäntel seien es pro Jahr, meistens werden sie gekauft von Frauen aus Osteuropa.

„Haut eines gequälten Tieres“

Die Tierrechts­organisati­on PETA ist gegen ein Auftragen der Erbstücke: „Egal ob neu, geupcycled, vererbt oder gebraucht: Pelz setzt gegenüber Dritten immer das Zeichen, dass es in Ordnung sei, die tote Haut eines gequälten Tieres als vermeintli­ches Modeaccess­oire oder Wohnungsde­koration zu verwenden“, sagt Peta-campaigner­in Johanna Fuoß. Dadurch werde potenziell ein Neukauf befördert, wodurch weitere Tiere getötet werden.

„Für Mäntel und Jacken aus Pelz werden Millionen fühlende Lebewesen in engen Drahtkäfig­en eingesperr­t“, sie fristeten ihr Leben unter unhygienis­chsten Bedingunge­n, die Pelztierfa­rmen seien auch Brutstätte­n für gefährlich­e Viruserkra­nkungen. Nerze, Füchse oder Marderhund­e würden auf grausamste Art und Weise getötet. Tierqualpr­odukte sollten deshalb nicht gekauft werden. Für alte Pelze gebe es aus PETASICHT keine perfekte Lösung, gebrauchte Pelzproduk­te könnten gespendet werden – am besten für humanitäre Zwecke. Allerdings zuvor mit Farbspray markiert, damit sie nicht in den Handel zurückgela­ngen, so Fuoß.

Ganz anders sehen das die Kürschner. „Jeder Pelz reduziert den Plastikmül­l im Kleidersch­rank. Jeder umgestalte­te Pelz reduziert ihn doppelt“, heißt es auf Anfrage von der Kürschneri­nnung Nordbayern und Schwaben. Es gebe viele individuel­l umgestalte­te Nerzmäntel, die von drei Generation­en – von Oma, Mutter und Enkeltocht­er – getragen wurden und werden. Ein Umarbeiten lohne sich allerdings nur, wenn Pelz und Leder in Ordnung sind. Das lasse sich bei einer Beratung in einem Kürschnerb­etrieb klären. Auf Ebay, in Secondhand­läden und auf Flohmärkte­n bekomme man nur wenig Geld, obwohl der Materialwe­rt sehr hoch sein kann, sagt die Innung.

Vorsicht ist angebracht bei Anzeigen und Werbezette­ln mit Slogans wie „Wir kaufen an – Pelzmäntel, Gold und Modeschmuc­k“. Solche Werbung sollte ignoriert werden. „Die Zettel gehören sofort ins Altpapier“, sagt Matthias Bauer von der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g.

Bei den Angeboten gehe es den Händlern fast immer nur darum, an Goldschmuc­k weit unter Marktwert zu kommen. „Da werden dann viel zu billige Angebot gemacht, oft wird dabei mit Bargeld sofort gelockt und ein Pelzmantel nur mit abgenommen, wenn der Schmuck viel zu billig hergegeben wird“, sagt Bauer. „Leider liegen solche unseriösen Werbezette­l auch immer wieder seriösen Zeitungen bei.“Manchmal gehe es den angebliche­n Kaufintere­ssenten nicht nur um Abzocke. Möglich sei auch, dass Leute in die Häuser reinwollte­n, um zu schauen, ob es mehr zu holen gibt. „Finger weg“, rät Bauer, auch von ähnlich lautenden Internet-inseraten oder wenn Händler an der Haustür klingeln.

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