Wohin mit Omas Mantel?
Wer Geld hat, trug früher Pelz. Das ist längst vorbei. In vielen Schränken hängen aber noch alte Exemplare. Bleibt da nur der Mülleimer?
Früher mal Zeichen für Wohlstand, heute ziemlich verpönt: Kleidung aus Echtpelz. Tierschützer kämpfen seit langem erfolgreich gegen Kleidung mit Tierfell aus weltweiter Qualzucht. Kürschner halten dagegen, Jagdverbände werben für eine Alternative, für das Verwenden der Felle etwa von erlegten Füchsen. Mittendrin im lauten Streit stehen alle, die alte Echtpelze geerbt haben.
Tausende solcher einst guten Stücke von Tante und Oma lagern noch in Kleiderschränken, vor Jahrzehnten für teures Geld erstanden und irgendwann weggepackt. Bleibt jetzt nur noch die Mülltonne für Persianerjäckchen oder Chincillamantel oder kann frau sie noch auftragen und anziehen? Mit dem Risiko, böse Blicke oder Kommentare zu ernten.
Eine Möglichkeit ist die Spende. „Die Caritas nimmt sehr gerne die alten Pelze entgegen“, sagt Eva-maria Bolay vom Caritasverband der Diözese RottenburgStuttgart. Sie können direkt in den Secontique-shops in Ulm, Aalen und Albstadt gespendet werden oder im Future Fashion Store in Stuttgart. „Wir geben die Pelze ihrem Wert entsprechend weiter. Mit den Erlösen aus dem Verkauf finanziert die Caritas nachhaltige Sozialprojekte.“
Die Neue Arbeit Stuttgart, die vier Secondhand-läden betreibt, hat ebenfalls Erfahrung mit Pelzkleidung.
Aber nur als „Randphänomen“, sagt Martin Tertelmann. Bei Entrümpelungen oder als Spende tauchten hin und wieder Echtpelze auf. „Sind sie gut erhalten, wird zuerst geklärt, ob es Pelze geschützter Arten sind“, sagt er. Ozelot oder Leopard zum Beispiel, dann ist der Handel verboten. Das Regierungspräsidium helfe immer in Zweifelsfällen. Können die Pelze angeboten werden, kommen sie in die Läden. 15 bis 20 Pelzmäntel seien es pro Jahr, meistens werden sie gekauft von Frauen aus Osteuropa.
„Haut eines gequälten Tieres“
Die Tierrechtsorganisation PETA ist gegen ein Auftragen der Erbstücke: „Egal ob neu, geupcycled, vererbt oder gebraucht: Pelz setzt gegenüber Dritten immer das Zeichen, dass es in Ordnung sei, die tote Haut eines gequälten Tieres als vermeintliches Modeaccessoire oder Wohnungsdekoration zu verwenden“, sagt Peta-campaignerin Johanna Fuoß. Dadurch werde potenziell ein Neukauf befördert, wodurch weitere Tiere getötet werden.
„Für Mäntel und Jacken aus Pelz werden Millionen fühlende Lebewesen in engen Drahtkäfigen eingesperrt“, sie fristeten ihr Leben unter unhygienischsten Bedingungen, die Pelztierfarmen seien auch Brutstätten für gefährliche Viruserkrankungen. Nerze, Füchse oder Marderhunde würden auf grausamste Art und Weise getötet. Tierqualprodukte sollten deshalb nicht gekauft werden. Für alte Pelze gebe es aus PETASICHT keine perfekte Lösung, gebrauchte Pelzprodukte könnten gespendet werden – am besten für humanitäre Zwecke. Allerdings zuvor mit Farbspray markiert, damit sie nicht in den Handel zurückgelangen, so Fuoß.
Ganz anders sehen das die Kürschner. „Jeder Pelz reduziert den Plastikmüll im Kleiderschrank. Jeder umgestaltete Pelz reduziert ihn doppelt“, heißt es auf Anfrage von der Kürschnerinnung Nordbayern und Schwaben. Es gebe viele individuell umgestaltete Nerzmäntel, die von drei Generationen – von Oma, Mutter und Enkeltochter – getragen wurden und werden. Ein Umarbeiten lohne sich allerdings nur, wenn Pelz und Leder in Ordnung sind. Das lasse sich bei einer Beratung in einem Kürschnerbetrieb klären. Auf Ebay, in Secondhandläden und auf Flohmärkten bekomme man nur wenig Geld, obwohl der Materialwert sehr hoch sein kann, sagt die Innung.
Vorsicht ist angebracht bei Anzeigen und Werbezetteln mit Slogans wie „Wir kaufen an – Pelzmäntel, Gold und Modeschmuck“. Solche Werbung sollte ignoriert werden. „Die Zettel gehören sofort ins Altpapier“, sagt Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-württemberg.
Bei den Angeboten gehe es den Händlern fast immer nur darum, an Goldschmuck weit unter Marktwert zu kommen. „Da werden dann viel zu billige Angebot gemacht, oft wird dabei mit Bargeld sofort gelockt und ein Pelzmantel nur mit abgenommen, wenn der Schmuck viel zu billig hergegeben wird“, sagt Bauer. „Leider liegen solche unseriösen Werbezettel auch immer wieder seriösen Zeitungen bei.“Manchmal gehe es den angeblichen Kaufinteressenten nicht nur um Abzocke. Möglich sei auch, dass Leute in die Häuser reinwollten, um zu schauen, ob es mehr zu holen gibt. „Finger weg“, rät Bauer, auch von ähnlich lautenden Internet-inseraten oder wenn Händler an der Haustür klingeln.