Lassen sich Klimaschutz und Renditestreben vereinbaren?
Baden-württemberg will nur noch in nachhaltige Finanzanlagen investieren. Was heißt das konkret – und wie sinnvoll ist das geplante Gesetz?
An diesem Mittwoch wollen Grüne und CDU im Landtag – möglicherweise mit Zustimmung der oppositionellen SPD – ein „Gesetz für nachhaltige Finanzanlagen in Baden-württemberg“beschließen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Gesetzesvorhaben der Landesregierung.
Worum geht es?
Neben Sicherheit, Rentabilität und Liquidität soll Nachhaltigkeit die vierte Säule der Finanzanlagen des Landes werden, Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) spricht von einem „magischen Viereck“.
Um welches Volumen geht es dabei?
Das Gesetz wirkt sich auf Finanzanlagen in Höhe von 17 Milliarden Euro aus, der größte Brocken sind Versorgungsfonds und Versorgungsrücklagen des Landes in Gesamthöhe von 10 Milliarden Euro – also Mittel, die dem Land helfen sollen, die Pensionskosten auch langfristig zu stemmen.
Wie definiert die Landesregierung Nachhaltigkeit in Finanzfragen?
Das Land will sich an drei Aspekten orientieren: den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, der Eu-taxonomie und dem 1,5-Grad-ziel des Pariser Klimaschutzabkommens.
Was heißt das konkret?
Weder in Unternehmen, die Atomenergie produzieren oder gentechisch verändertes Saatgut, noch in solche, die an der Produktion von Tabak beteiligt sind oder an der von Streumunition, darf das Land Gelder stecken. Das Gesetz schließt auch Finanzanlagen in Unternehmen aus, die ein Prozent oder mehr ihrer Einnahmen mit der Exploration, dem Abbau, der Förderung, dem Vertrieb oder der Veredelung von Stein- und Braunkohle erzielen. Bei Erdöl wird die Höchstgrenze der Einnahmen bei 10 Prozent, bei gasförmigen fossilen Brennstoffen bei 50 Prozent gezogen.
Welche Investitionen sind noch ausgeschlossen?
Ausgeschlossen sind auch Fonds von Diktaturen oder von als besonders korrupt eingestuften Staaten. Auch Fonds von Ländern, die Angriffskriege führen oder das Pariser Klimaabkommen nicht ratifiziert haben, stehen auf der schwarzen Liste. „Unternehmen oder Staaten, in die investiert wird, dürfen nicht im Widerspruch zu den Werten des Investors – in diesem Fall des Landes Baden-württemberg – stehen“, erklärt Bayaz das Prinzip.
Was ist mit der Rendite?
Die gute Nachricht sei, dass Rendite und Nachhaltigkeit „kein Widerspruch“seien, hat die Cduabgeordnete Sarah Schweizer im Landtag gesagt. Ganz grundsätzlich würden Studien weltweit zeigen, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie zu höheren Renditen führen könne, sagt auch Bayaz. Allerdings, schränkt der Grünenpolitiker ein, sei die Frage der Rendite „nicht ganz so einfach zu beantworten“, wie es Befürworter, aber auch Kritiker gerne hätten. Denn das mit einer nachhaltigen Anlagenstrategie verbundene Reduzieren riskanter Positionen führe perspektivisch dazu, dass Renditen sinken könnten – aber das Risiko sinke eben auch.
Beides müsse man ins Verhältnis setzen.
Was sagen die Kritiker?
Das Kriterium Nachhaltigkeit in die Anlagestrategie aufzunehmen ohne die anderen Kriterien wie Rentabilität zu beeinträchtigen, funktioniere nicht, sagt der Fdpfinanzexperte Stephen Brauer. Ähnlich argumentiert der Finanzwissenschaftler Hans-peter Burghof im „Staatsanzeiger“: Es gebe nur zwei Möglichkeiten: Entweder verfehle die Strategie des Landes das Ziel, die Welt zu verbessern. In diesem Falle fließe das Geld in Fonds, die nur das Gewissen beruhigen. Oder es funktioniere – zu dem Preis, dass die Anlagen weniger Geld abwerfen.
Woran stören sich Kritiker noch?
In einer Situation, in der Deutschland dringend auf Gasexporte angewiesen sei, sei es „mehr als borniert“, Unternehmen auf den Index zu setzen, die mit der Exploration und dem Transport von Gas ihr Geld verdienten, sagt Fdp-finanzexperte Brauer. Dasselbe gelte etwa für die Kernenergie, die zur Stabilisierung des Stromnetzes gebraucht werde. Der Afd-abgeordnete Rainer Podeswa verweist darauf, dass die Atomkraft von der Eu-taxonomie als klimafreundliche Investition eingestuft werde. „Das passt den Grünen natürlich nicht.“