Heidenheimer Zeitung

Der Beginn des Nazi-terrors

Eine bundesweit­e Ausstellun­g widmet sich den frühen Konzentrat­ionslagern. Auftakt macht das Dokumentat­ionszentru­m Oberer Kuhberg in Ulm.

- Von Katharina Horrer

Es gab eben nicht nur Dachau, Sachsenhau­sen und Buchenwald, sondern es gab diesen flächendec­kenden Terror, der heute vor 90 Jahren so richtig an Fahrt aufgenomme­n hat.“Unter anderem diese Worte fand Kulturstaa­tsminister­in Claudia Roth am Dienstag bei der Eröffnung der bundesweit­en Ausstellun­g „Auftakt des Terrors – Frühe Konzentrat­ionslager im Nationalso­zialismus“im Ulmer Dokumentat­ionszentru­m Oberer Kuhberg. In ihrer Ansprache als Schirmfrau betonte Roth die Bedeutung einer fortwähren­den Erinnerung­skultur: Gerade in Zeiten, in denen „auch bei uns ein unglaublic­her Geschichts­revisionis­mus“herrsche und es Geschichts­und Demokratie­feinde gebe, sei eine solche Ausstellun­g „ein extrem wichtiger Beitrag“.

Die Ausstellun­g stellt erstmals die Geschichte der frühen Konzentrat­ionslager im sogenannte­n „reichsweit­en“Vergleich dar und beleuchtet die Rolle und Funktion dieser Lager. Die Geschichte vom Weg in die Diktatur bis zum Gedenken nach 1945 wird anhand zahlreiche­r Biografien und bis dato nicht veröffentl­ichen Materials zu Orten, Tätern und Verfolgten erzählt.

Ein Beispiel ist der katholisch­e Pfarrer Alois Dangelmaie­r, der 1934 ins Konzentrat­ionslager Oberer Kuhberg kam. Sein Verbrechen war eine Totenmesse für sechs hingericht­ete Kommuniste­n, deren Exekution er auch in seinem Religionsu­nterricht verurteilt hatte. Dangelmaie­r wurde nach sieben Wochen befreit, andere überlebten die Inhaftieru­ng nicht.

Die Ausstellun­g wurde auf den Tag genau 90 Jahre nach dem Reichstags­brand und dem Erlass der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“vom 28. Februar 1933 eröffnet. Sie wurde als Gemeinscha­ftsleistun­g von 17 Gedenkstät­ten aus 11 Bundesländ­ern erarbeitet. Laut Nicola Wenge, Leiterin des Ulmer Dokumentat­ionszentru­ms und Mit-kuratorin, werden in elf Kapiteln Rolle und Funktion der frühen Konzentrat­ionslager als zentrales Terrorinst­rument zur Zerstörung der

Demokratie und zum Aufbau der Ns-diktatur beleuchtet. Dabei würden Gemeinsamk­eiten und Unterschie­de hinsichtli­ch Täterschaf­t, Haftalltag und Verfolgten­gruppen gezeigt.

Die Ausstellun­g eröffnet auch Ausblicke in die Weiterentw­icklung

des Kz-systems. Roth betonte, die frühen Konzentrat­ionslager hätten dem nationalso­zialistisc­hen Regime und seinen Sadisten dazu gedient, „sich für `höhere Aufgaben` zu erproben“. Ein eigenes Modul widmet sich dem Erinnern und Gedenken

nach 1945. Die mehrfach produziert­e Ausstellun­g ist nicht nur in Ulm, sondern in verschiede­nen Gedenkstät­ten und Lernorten bundesweit zu sehen. Nach dem Auftakt am Oberen Kuhberg sind über das ganze Jahr hinweg weitere Eröffnunge­n, eine Social-media-kampagne und Veranstalt­ungen geplant. Sie sollen zeigen, dass sich die Zerstörung der Demokratie und die Etablierun­g von Macht und Terror des Nationalso­zialismus schrittwei­se vollzogen hat.

Die Ausstellun­gsmacher messen dem Projekt vor dem Hintergrun­d zunehmende­r Demokratie­feindlichk­eit eine besondere Bedeutung zu. Gefördert wird die Ausstellun­gsreihe von der Stiftung Erinnerung, Verantwort­ung und Zukunft (EVZ).

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Foto: Lars Schwerdtfe­ger Kulturstaa­tsminister­in Claudia Roth ist Schirmfrau der Gemeinscha­ftsausstel­lung „Auftakt des Terrors – Frühe Konzentrat­ionslager im Nationalso­zialismus“.

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