„Win-win-situation für alle“
Seit Mitte Januar kooperiert das Heidenheimer Sportinternat mit dem Jugendamt. Demnach dürfen dort nun auch minderjährige Flüchtlinge betreut werden.
Als der Ukrainekrieg im vergangenen Jahr ausbrach, betrachtete Sportinternatsleiter Juri Marker den Flüchtlingsansturm mit Sorge – auch weil sich darunter minderjährige und unbegleitete Kinder und Jugendliche befanden, die ihre Heimat verließen und alleine nach Heidenheim gekommen waren. Deshalb bot der studierte Sozialpädagoge beim Jugendamt seine Hilfe an.
Im Herbst des vergangenen Jahres konkretisierte sich das Vorhaben die Jugendlichen im Sportinternat zu betreuen. „Es ging aber nicht nur um Ukrainer, sondern um unbegleitete minderjährige Ausländer allgemein“, sagt Juri Marker und ergänzt: „Der Zulauf war groß und die bestehenden Träger der Kinderund Jugendhilfe waren an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt.“
Betreuung in Schüler-wg
Der Plan sieht vor, minderjährige Jungen im Rahmen einer Jugendhilfemaßnahme des Jugendamtes im Heidenheimer Sportinternat in einer Art Schülerwohngemeinschaft zu betreuen. Dafür wurden zu den bereits bestehenden Internatswohnungen zwei neue Wohneinheiten angemietet. Im Zuge dessen wurde im Sportinternat in der Verwaltung auch eine neue Arbeitsstelle geschaffen, die Marker entlastet, damit er operativ in der pädagogischen Betreuung der Flüchtlinge mithelfen kann.
„Das bedeutet, dass wir damit das Spektrum des Internats über den Sport hinaus erweitern und gleichzeitig auch ein Stück weit helfen können. Wir haben die passende Infrastruktur und die entsprechenden Möglichkeiten. Deshalb ist es eine Win-win-situation für alle“, so Marker.
Regelmäßige Hilfegespräche
Eine der Voraussetzungen dafür ist, dass die Jugendlichen einen gewissen Grad an Selbstständigkeit aufweisen, also beispielsweise alleine ihre Wäsche waschen und sich Essen zubereiten können, aber auch, dass sie physisch und psychisch gefestigt sind. Zudem
werden im Rahmen der Jugendhilfemaßnahme regelmäßig sogenannte Hilfeplangespräche geführt, in denen mit den Jugendlichen aktuelle Themen wie Lebenssituation, Schule oder Gesundheit besprochen und Ziele für die kommenden Monate entwickelt werden.
Landratsamt trägt Kosten
Die Kosten für Wohnen, Verpflegung und die Grundversorgung sind dabei durch das Landratsamt gedeckt. „Wir als Träger schauen, dass wir das Geld, das die Jugendlichen bekommen, entsprechend einteilen und sie dabei auch führen“, erklärt Juri Marker.
Zudem haben die jungen Flüchtlinge im Rahmen ihrer Internatsunterbringung auch die
Möglichkeit, Mitglied in den verschiedenen Abteilungen des Heidenheimer Sportbundes zu werden und die entsprechenden Angebote zu nutzen.
Einen Einfluss darauf, wer einen der Internatsplätze in Anspruch nehmen kann, hat Juri Marker nicht. „Wir vertrauen darauf, wen das Jugendamt uns vermittelt“, so
der Sportinternatsleiter und ergänzt: „Das Jugendamt kennt die Jungs gut und kann sie auch entsprechend einschätzen.“Auch wenn die Jugendlichen in den Wohngemeinschaften des Sportinternats leben und dort betreut werden, liegt die Vormundschaft weiterhin beim Jungendamt.
Sechs Jugendliche untergebracht
Derzeit sind sechs junge Männer im Alter zwischen 16 und 17 Jahren im Sportinternat untergebracht und besuchen die sogenannten Vorbereitungsklassen (Vkl-klassen) umliegender Schulen, darunter auch ein 17-Jähriger aus Afghanistan, der aufgrund des Krieges seine Heimat verlassen hat und sich nun mit einem weiteren Afghanen und einem
Syrer eine WG im Sportinternat teilt. „Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe hier wohnen zu dürfen“, sagt er und fügt hinzu: „Am Anfang war es ein bisschen schwierig. Jetzt weiß ich, dass es das Beste für mich ist.“
Es ging nicht nur um Ukrainer, sondern um unbegleitete minderjährige Ausländer allgemein. Juri Marker Leiter des Heidenheimer Sportinternats