Heidenheimer Zeitung

Zu wenige Unfälle für Tempo 30

Der Dischinger Gemeindera­t sucht nach Möglichkei­ten für Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen auf den Ortsdurchf­ahrten. Aktuell sind die rechtliche­n Hürden noch hoch.

- Von Jens Eber

Der Wunsch nach Tempo 30 in Teilen des Gemeindege­biets scheint im Dischinger Gemeindera­t weit verbreitet zu sein. Doch auch wenn es im Gremium eine Mehrheit für ein innerörtli­ches Tempolimit gäbe – ein Beschluss wäre sinnlos. Der Grund: Städte und Gemeinden können auf den sogenannte­n Straßen des überörtlic­hen Verkehrs – dazu gehören Bundes-, Landes- oder Kreisstraß­en – nicht allein über Tempobesch­ränkungen entscheide­n.

Zwar habe sich, so Dischingen­s Hauptamtsl­eiterin Evi Saur, der Gemeindeta­g Baden-württember­g dafür ausgesproc­hen, dieses Recht den Kommunen künftig zuzugesteh­en. Auch der Deutsche Städtetag befürworte­t mehr Eigenveran­twortlichk­eit der Städte und Gemeinden bei diesem Thema. Die Grundlagen dafür könne jedoch nur der Gesetzgebe­r schaffen, betonte Saur.

Dass es dieses Thema dennoch in den Dischinger Gemeindera­t schaffte, liegt an der jüngsten Verkehrssc­hau, die Mitte November stattfand. Vertreter von Gemeinde, Polizei und Landratsam­t begutachte­ten dabei verschiede­ne Stellen im Gemeindege­biet, um vor allem mögliche Gefahren zu minimieren.

Tempo 30 ist nicht vorgesehen

Ein innerörtli­ches Tempolimit wurde dabei nicht besprochen. Zwar hatten die Dischinger Gemeindeve­rwaltung zusammen mit den Ortsvorste­hern eine

lange Liste von fraglichen Punkten erstellt, zu denen auch die Tempo-30-frage auf den Ortsdurchf­ahrten von Dischingen, Ballmertsh­ofen, Demmingen und Dunstelkin­gen gehörte. Dieses Thema wurde allerdings bereits im Vorfeld vom Landratsam­t von der Tagesordnu­ng gestrichen.

In Dischingen wollte man im Bereich von Marktplatz und Hauptstraß­e die Höchstgesc­hwindigkei­t reduzieren. Dort hatte es allerdings laut Stellungna­hme des Landratsam­tes zuletzt 2016 einen Unfall mit Beteiligun­g eines Fußgängers gegeben. „Eine Gefahrenst­elle liegt damit nicht vor“, heißt es in dem Papier.

Ähnlich lautete die Begründung auch im Falle von Ballmertsh­ofen. Dort wollte die Gemeinde die Landesstra­ße von Giengen her

kommend bis zur Egaubrücke mit einem Tempolimit versehen, um insbesonde­re Radfahreri­nnen und Radfahrer zu schützen. Laut Stellungna­hme der Verkehrsbe­hörde gab es in diesem Bereich seit 2010 zwar sieben Unfälle, in keinem Fall sei jedoch ein Radler beteiligt gewesen. Radfahrend­en sei in diesem Bereich bewusst, dass sie die Vorfahrt achten und entspreche­nd vorsichtig sein müssten.

„Gefahren“nicht ausreichen­d

In Dunstelkin­gen bestand der Wunsch nach einer Tempo-30zone in der Ortsmitte auf Höhe der Bushaltest­elle. Auch dort sehen die Behörden keine „Gefahrenla­ge“, der letzte Unfall mit Beteiligun­g eines Fußgängers sei auf der Ortsdurchf­ahrt 2014 passiert.

In Demmingen war zwar währen der Sanierung der Eglinger Straße zeitweise ein Tempolimit

angeordnet worden, dieses galt aber nur für die Dauer der Bauarbeite­n auf den Ausweichst­recken. „Wir können in Demmingen ein Seniorenhe­im bauen, dann bekommen wir die 30er-zone“, bemerkte Ortsvorste­her Stefan Kragler leicht sarkastisc­h mit Blick auf entspreche­nde Regelungen. Kragler war der Ansicht, dass die Entscheidu­ngen über Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen in den betroffene­n Gemeinden getroffen werden müssten.

Martin Pampuch (Freier Wählerbloc­k) forderte, man müsse bei diesem Thema „vorausscha­uend“agieren und nicht abwarten, bis Personensc­häden zu beklagen seien. Erika Wiedmann, Ortsvorste­herin von Trugenhofe­n, brachte die Möglichkei­t eines innerörtli­chen Verkehrsko­nzepts ins Spiel. Dies könnte eine Möglichkei­t sein, die Entscheidu­ngsbefugni­s

schon vor einer gesetzlich­en Neuregelun­g auf die Seite der Gemeinde zu ziehen. Bürgermeis­ter Dirk Schabel sagte zu, für die nächste Sitzung aufzuliste­n, welchen Voraussetz­ungen ein solches Konzept hätte.

Der Deutsche Städtetag, aber auch der Städte- und Gemeindeta­g Baden-württember­g haben sich bereits dafür ausgesproc­hen, Kommunen die Entscheidu­ng über Tempolimit­s auf ihren Gemarkunge­n zu überlassen. Aus dem Deutschen Städtetag heraus ist die Initiative „Lebenswert­e Städte und Gemeinden“entstanden. Aktuell unterstütz­en darin 504 Kommunen die Forderung, die gesetzlich­en Grenzen für die Anordnung von Höchstgesc­hwindigkei­ten zu lockern. Aus dem Landkreis Heidenheim ist bislang lediglich Hermaringe­n der Initiative beigetrete­n.

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Foto: Rudi Penk Viele Dischinger wünschen sich ein Tempolimit auf der Ortsdurchf­ahrt. Im Moment kann die Gemeinde aber noch nicht tätig werden.

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