Gefechte auf russischem Boden
Nach einem Vorstoß ukrainischer Kämpfer in zwei Dörfer spricht Wladimir Putin von einem Terrorakt.
Jetzt sei es geschehen. „Wir haben die Staatsgrenze Russlands überschritten“, verkündete ein schwer bewaffneter Hüne und klopfte als Beweis auf das Metallschild der russischen Sanitätsstation, vor deren Eingang er sich aufgebaut hatte. „Wir kämpfen nicht mit Zivilisten, töten niemanden, der waffenlos ist. Jetzt ist es Zeit für die einfachen Bürger Russlands zu begreifen, dass sie keine Sklaven sind.“Nach Angaben des russischen Exilportals agents.media handelte es sich um Denis Kapustin, den Kommandeur des auf ukrainischer Seite kämpfenden Russischen Freiwilligenkorps, früher als Skinhead und Kampfsportler bekannt. Sein Kamerad neben ihm schwenkt eine blauweiße Flagge mit dem Wappen des Korps.
Nach Angaben der Staatsagentur RIA Nowosti waren ukrainische Aufklärungs- und Sabotagegruppen in die Grenzdörfer Ljubetschane und Suschany eingedrungen. Laut russischen Medien beschossen sie ein Auto, töteten dabei einen Einwohner und verletzten ein Kind. Russische Telegramkanäle berichteten von 6 bis 100 Geiseln, die die Eindringlinge genommen hätten. Aber diese Meldungen bestätigten sich bis Redaktionsschluss nicht. Die Staatsagentur Tass berichtete kurz nach 14 Uhr Ortszeit, dass die Ukrainer sich wieder über die Grenze zurückgezogen hätten. Kreml-chef Wladimir Putin bezeichnete den ukrainischen Vorstoß in einer Videokonferenz als Terrorakt.
Der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak twitterte dagegen, die ukrainische Diversionsgruppe in Russland sei eine klassische Provokation. „Der russische Staat will seinem Volk Angst machen, um den Angriff auf ein anderes Land und die wachsende Armut nach einem Jahr Krieg zu rechtfertigen.“Aber er fügte auch hinzu, die „Partisanenbewegung in Russland“werde immer stärker und aggressiver.
Seit Tagen sorgen mutmaßliche Drohnenangriffe oder ungeklärte Unfälle in Russland für Unruhe. Aber der Politologe Juri Korgonjuk glaubt nicht, dass die Masse der Russen sich ernsthaft gefährdet fühlt. „Und wer doch Angst hat, der wird zuerst einmal hoffen, dass Wladimir Putin ihn beschützen wird.“