„Starke Impulse bei Nachhaltigkeit“
Susanne Schulze Bockeloh wurde als erste Frau in das Präsidium des Deutschen Bauernverbands gewählt. Ein Gespräch über Widerstände und Quoten.
Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer, sie haben andere medizinische Bedürfnisse als Männer und ihre Körper sind Teil des politischen Diskurses. Rund um den Frauentag am 8. März wollen wir unterschiedliche frauenspezifische Themen beleuchten. Heute: Frauen in der Landwirtschaft. Susanne Schulze Bockeloh, die erste Vizepräsidentin des Deutschen Bauernverbands (DBV), erzählt an dieser Stelle über ihren Weg an die Spitze einer von Männern dominierten Berufswelt – und auch über die Stärken von Bäuerinnen.
Wie schwer hat man es als Landwirtin? Susanne
Schulze Bockeloh: Als Landwirtin, sprich Betriebsleiterin eines landwirtschaftlichen Unternehmens, hat man genau wie die männlichen Kollegen sowohl mit der täglichen Arbeit im Stall, auf dem Acker oder im Büro viele Aufgaben zu meistern. Zusätzlich kommt bei den Frauen die Organisation der Haus- und Familienversorgung, also die klassische Care-arbeit dazu. Landwirtin zu sein heißt also, vielfältige, aber auch verflixt viele Aufgaben zu managen.
Was machen Frauen in der Landwirtschaft anders, vielleicht auch besser?
Aus rein fachlicher Sicht sind Landwirte wie Landwirtinnen sehr gut ausgebildet und machen gute Arbeit. Die besonderen Kompetenzen der Frauen liegen unter anderem im Organisationstalent, in der Kommunikation und in der Teamarbeit. All dies sind wichtige Fähigkeiten in der täglichen Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und auch in Gesprächen mit Kunden. Gerade Letzteres, das Gespräch mit der Gesellschaft und den Verbrauchern, ist besonders für die Verbesserung der Wertschätzung und Akzeptanz unserer Arbeit enorm wichtig.
Blicken Bäuerinnen anders auf das Thema Nachhaltigkeit?
Im gesamten Berufsstand sind die Nachhaltigkeitsthemen stark im
Fokus. Biodiversität, Klimaschutz und Tierwohl werden immer mitgedacht und Verbesserungen erarbeitet. Landwirtinnen setzen starke Impulse bei diesen Nachhaltigkeitsthemen. Besonders im Bereich Tierwohl kenne ich viele Landwirtinnen, die hier eine Vorreiterrolle eingenommen haben.
Wie kann man denn mehr Frauen für den Beruf der Landwirtin begeistern?
Landwirtschaft durch ihre Vielfältigkeit und Verantwortung, die für Tiere und Umwelt und die Erzeugung von Nahrungsmitteln übernommen wird, absolut eine Zukunftsbranche. Daher ist es für viele, die den Beruf ergreifen, auch eine Herzensentscheidung. Begeistern kann man durch die vielen engagierten Landwirtinnen, die ihre Frau auf den Betrieben
stehen. Solche Vorbilder zu zeigen und verstaubte Rollenbilder aufzubrechen, macht noch mehr Frauen Mut, Landwirtin zu werden. In Ausbildung und Studium
gibt es bereits heute bis zu 40 Prozent Frauen. Nach neuesten Erhebungen werden elf Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Frauen geführt – da gibt es also noch Steigerungspotenzial.
Woran hakt es?
Zum einen müssen die, die den Hof übergeben, es ihren Töchtern zutrauen und zum anderen sind es die klassischen Themen von berufstätigen Frauen, die gegen eine Betriebsleitung sprechen können. Kann ich als Betriebsleiterin eine Familie gründen? Wer kann in der Familienphase entlasten? Speziell für die Landwirtschaft kommt dann noch der Faktor Urlaub ins Spiel. 365 Tage im Jahr zu arbeiten, ist nicht attraktiv. Die betriebliche Situation muss auch Auszeiten und Erholung ermöglichen.
Sehen Sie sich als Vorbild?
Ich sehe mich eher als Wegbereiterin für mehr Frauen auf den landwirtschaftlichen Betrieben und im Verband.
Sie sind die erste Vizepräsidentin des DBV – und ohne Quote ins Amt gekommen. Sind Sie trotzdem für eine Frauenquote?
Unternehmen und Verbände brauchen mehr Frauen, nicht weil die es besser können, sondern weil wir die Herausforderungen gemeinsam besser bewältigen. Damit mehr kompetente Frauen in verantwortliche Positionen kommen, kann eine Quote helfen. Denn nur wer suchen muss, der findet. Wenn eine Quote dann durch spezielle Förderung und Mentoring begleitet wird, ist das Ziel, mehr Frauen in Unternehmen und Verbänden zu bekommen, zu erreichen.