Sparen mit smarten Thermostaten
Intelligente Systeme erkennen, wenn Personen das Haus verlassen oder ein Fenster offen steht und passen die Heizung an. Gesteuert wird mit einer App.
Wenn im Beispielhaushalt Müller nach der 16-jährigen Heike und den anderen Familienmitgliedern als letztes Vater Rainer das Haus verlässt, bemerken das nicht nur die neugierigen Nachbarn, sondern auch eine App auf seinem Handy. Die weiß nun, dass das Haus leer steht, bis die ersten Familienmitglieder von der Arbeit oder der Schule zurückkommen und schaltet die Heizung auf eine sparsame Absenktemperatur. Sobald sich Rainer Müller vom Schreibtischstuhl erhebt und sich in Bewegung setzt, stellt die App die Temperatur hoch. Bis er und der Rest der Familie ankommen, herrschen im Haus 22 Grad.
Das Interesse an vernetzten Lösungen hat in den vergangenen beiden Jahren zugenommen.
Automatische An- und Abwesenheitserkennung nennt sich diese Funktion. Umsetzen kann man sie mit smarten, also vernetzten Heizthermostaten. Diese Technik soll Heizkörper genauer steuern, als man es von Hand kann und so Energieverschwendung vermeiden. Laut Branchenverband Bitkom nutzen 43 Prozent der Menschen in Deutschland Smart-home-technologien. Ein Viertel der Haushalte hat smarte Heizkörperthermostate verbaut, davon mehr als 40 Prozent erst letztes oder vorletztes Jahr. Von diesen erklären 53 Prozent, ihr Energieverbrauch sei „deutlich“oder „eher gesunken“. „Häuser und Wohnungen werden mit smarten Technologien energieeffizienter, sicherer und komfortabler“, sagt Bitkom-experte Klaas Moltrecht.
Smarte Thermostate gibt es von verschiedenen Anbietern wie EQ-3, Shelly, Bosch oder AVM. Und von Tado aus München. Tado hat laut eigenen Angaben deutlich mehr als 3 Millionen der smarten Thermostate europaweit verkauft und beschäftigt 200 Mitarbeiter.
Vor zehn Jahren erkannte Gründer und Geschäftsführer Christian Deilmann mit einem Partner, dass die Wärmeversorgung in vielen Häusern verbessert werden kann. „In vielen Gebäuden sind die Heizungen in den Kellern alt geworden, sind wenig intelligent gesteuert und verbrauchen viel Energie. Wir wollten die Anlagen ins Internet bringen, mit Daten füttern und intelligenter machen. Damit können wir Verbrauch, Komfort und die Energieeffizienz verbessern.“
Die Thermostate erkennen automatisch, wenn ein Fenster geöffnet wird. „Eine normale Heizung mit herkömmlichem Thermostat dreht dann auf Vollgas, weil es kalt wird. Dann heizt man mit doppelter Wucht aus dem Fenster hinaus. Unsere smarten Thermostate schalten die Heizung vorübergehend aus, wenn ein Fenster geöffnet ist“, erklärt Deilmann. Auch die Wettervorhersagen werden integriert, um Heizen deutlich effizienter zu machen. „Mit diesen und anderen Maßnahmen können wir die Heizkosten für unsere Kundinnen und Kunden im Schnitt um 22 Prozent senken.“
Andere Anbieter verkünden sogar Werte von bis zu 30 Prozent Ersparnis. Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft co2online geht von 9 bis 15 Prozent aus. Dabei bewirke die neue Technik bei vergesslicheren Menschen mehr als bei denen, die konsequent die Heizkörper regeln. Die Experten von co2online verweisen auch auf die relativ hohen Anschaffungskosten, die sich oft erst nach Jahren amortisierten.
Die meisten Thermostate kosten 30 bis 120 Euro. Tado-chef Deilmann taxiert die Kosten auf 69 Euro pro Heizkörper, im Internet findet man ein Starterset mit Anschluss ans Internet – einer Internet-bridge – für 119 Euro. Die App sei in der „absolut ausreichenden“Basisfunktion kostenfrei. Eine Zusatzfunktion könne für 3 Euro im Monat dazugebucht werden. „Über 95 Prozent unserer Kunden installieren die Thermostate selbst“, erklärt er. „Die ganze Installation in einer normalen Wohnung dauert keine halbe Stunde.“
Tado-produkte lassen sich durch eine Verknüpfung mit Amazons Alexa auch per Sprache steuern und werden von den meisten großen Energieversorgern wie Eon oder Vattenfall im Zusammenhang mit deren Energieverträgen vertrieben. „Damit hat man auch Zugang zu den derzeit spannendsten Vertragsmöglichkeiten, den dynamischen Tarifen, bei denen stundengenau abgerechnet wird“, sagt Deilmann. Er erhofft weitere Impulse aus der Politik, die die Verbreitung von smarten Thermostaten und Messgeräten vorantreiben sollen. Ein großer Kritikpunkt an den bisherigen Plänen der Bundesregierung: „Die Endkunden sollen die ungefähr 300 Euro für den Smart Meter selbst bezahlen.“