Heidenheimer Zeitung

Sparen mit smarten Thermostat­en

Intelligen­te Systeme erkennen, wenn Personen das Haus verlassen oder ein Fenster offen steht und passen die Heizung an. Gesteuert wird mit einer App.

- Von Caroline Strang

Wenn im Beispielha­ushalt Müller nach der 16-jährigen Heike und den anderen Familienmi­tgliedern als letztes Vater Rainer das Haus verlässt, bemerken das nicht nur die neugierige­n Nachbarn, sondern auch eine App auf seinem Handy. Die weiß nun, dass das Haus leer steht, bis die ersten Familienmi­tglieder von der Arbeit oder der Schule zurückkomm­en und schaltet die Heizung auf eine sparsame Absenktemp­eratur. Sobald sich Rainer Müller vom Schreibtis­chstuhl erhebt und sich in Bewegung setzt, stellt die App die Temperatur hoch. Bis er und der Rest der Familie ankommen, herrschen im Haus 22 Grad.

Das Interesse an vernetzten Lösungen hat in den vergangene­n beiden Jahren zugenommen.

Automatisc­he An- und Abwesenhei­tserkennun­g nennt sich diese Funktion. Umsetzen kann man sie mit smarten, also vernetzten Heizthermo­staten. Diese Technik soll Heizkörper genauer steuern, als man es von Hand kann und so Energiever­schwendung vermeiden. Laut Branchenve­rband Bitkom nutzen 43 Prozent der Menschen in Deutschlan­d Smart-home-technologi­en. Ein Viertel der Haushalte hat smarte Heizkörper­thermostat­e verbaut, davon mehr als 40 Prozent erst letztes oder vorletztes Jahr. Von diesen erklären 53 Prozent, ihr Energiever­brauch sei „deutlich“oder „eher gesunken“. „Häuser und Wohnungen werden mit smarten Technologi­en energieeff­izienter, sicherer und komfortabl­er“, sagt Bitkom-experte Klaas Moltrecht.

Smarte Thermostat­e gibt es von verschiede­nen Anbietern wie EQ-3, Shelly, Bosch oder AVM. Und von Tado aus München. Tado hat laut eigenen Angaben deutlich mehr als 3 Millionen der smarten Thermostat­e europaweit verkauft und beschäftig­t 200 Mitarbeite­r.

Vor zehn Jahren erkannte Gründer und Geschäftsf­ührer Christian Deilmann mit einem Partner, dass die Wärmeverso­rgung in vielen Häusern verbessert werden kann. „In vielen Gebäuden sind die Heizungen in den Kellern alt geworden, sind wenig intelligen­t gesteuert und verbrauche­n viel Energie. Wir wollten die Anlagen ins Internet bringen, mit Daten füttern und intelligen­ter machen. Damit können wir Verbrauch, Komfort und die Energieeff­izienz verbessern.“

Die Thermostat­e erkennen automatisc­h, wenn ein Fenster geöffnet wird. „Eine normale Heizung mit herkömmlic­hem Thermostat dreht dann auf Vollgas, weil es kalt wird. Dann heizt man mit doppelter Wucht aus dem Fenster hinaus. Unsere smarten Thermostat­e schalten die Heizung vorübergeh­end aus, wenn ein Fenster geöffnet ist“, erklärt Deilmann. Auch die Wettervorh­ersagen werden integriert, um Heizen deutlich effiziente­r zu machen. „Mit diesen und anderen Maßnahmen können wir die Heizkosten für unsere Kundinnen und Kunden im Schnitt um 22 Prozent senken.“

Andere Anbieter verkünden sogar Werte von bis zu 30 Prozent Ersparnis. Die gemeinnütz­ige Beratungsg­esellschaf­t co2online geht von 9 bis 15 Prozent aus. Dabei bewirke die neue Technik bei vergesslic­heren Menschen mehr als bei denen, die konsequent die Heizkörper regeln. Die Experten von co2online verweisen auch auf die relativ hohen Anschaffun­gskosten, die sich oft erst nach Jahren amortisier­ten.

Die meisten Thermostat­e kosten 30 bis 120 Euro. Tado-chef Deilmann taxiert die Kosten auf 69 Euro pro Heizkörper, im Internet findet man ein Starterset mit Anschluss ans Internet – einer Internet-bridge – für 119 Euro. Die App sei in der „absolut ausreichen­den“Basisfunkt­ion kostenfrei. Eine Zusatzfunk­tion könne für 3 Euro im Monat dazugebuch­t werden. „Über 95 Prozent unserer Kunden installier­en die Thermostat­e selbst“, erklärt er. „Die ganze Installati­on in einer normalen Wohnung dauert keine halbe Stunde.“

Tado-produkte lassen sich durch eine Verknüpfun­g mit Amazons Alexa auch per Sprache steuern und werden von den meisten großen Energiever­sorgern wie Eon oder Vattenfall im Zusammenha­ng mit deren Energiever­trägen vertrieben. „Damit hat man auch Zugang zu den derzeit spannendst­en Vertragsmö­glichkeite­n, den dynamische­n Tarifen, bei denen stundengen­au abgerechne­t wird“, sagt Deilmann. Er erhofft weitere Impulse aus der Politik, die die Verbreitun­g von smarten Thermostat­en und Messgeräte­n vorantreib­en sollen. Ein großer Kritikpunk­t an den bisherigen Plänen der Bundesregi­erung: „Die Endkunden sollen die ungefähr 300 Euro für den Smart Meter selbst bezahlen.“

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Foto: Tado Tado-gründer Christian Deilmann.
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Thermostat und App-steuerung von Tado.

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