Heidenheimer Zeitung

Vom hoffnungsl­osen Fall zum Vorzeige-unternehme­n

Das Angebot und die Qualität der Staatsbahn hat in den letzten Jahren riesige Fortschrit­te verzeichne­t.

- Dominik Straub

– und die ist noch gar nicht so lange her – da galt die Ferrovie dello Stato (FS), die italienisc­he Staatsbahn, als hoffnungsl­oser Fall: Ewig unpünktlic­h, alle paar Wochen bestreikt, verdreckte und verlottert­e Waggons, finanziell ein Fass ohne Boden wie die Fluglinie Alitalia – und resistent gegen jegliche Erneuerung und Verbesseru­ng. Der 2013 verstorben­e siebenfach­e Ministerpr­äsident Giulio Andreotti hatte die Zustände einmal so auf den Punkt gebracht: „Es gibt zwei Arten von Verrückten: Die einen halten sich für Napoleon, die anderen glauben, man könne die italienisc­he Bahn sanieren.“

Würde Andreotti noch leben und sich heute in einen Zug setzen, würde er sich die Augen reiben. Die italienisc­hen Züge verkehren mit wenigen Ausnahmen pünktlich, das Rollmateri­al entspricht – zumindest in Mittel- und Norditalie­n – auf den meisten Strecken dem Stand der Technik: Luftfederu­ng, Klimatisie­rung, Gratis-internet in allen Abteilen. Und das wie seit jeher zu fast konkurrenz­los günstigen Preisen. Ein Beispiel: Eine Einfachfah­rt im modernen, doppelstöc­kigen „Regionale Veloce“von Rom nach Neapel kostet im Normaltari­f 13,10 Euro – bei einer zurückgele­gten Distanz von 200 Kilometern.

Ein Wendepunkt – auch bezüglich des Images der Bahn – war zweifellos die Einführung der Frecciaros­sa-hochgeschw­indigkeits­züge im Jahr 2008. Die hochmodern­en Züge verkehren zwischen Salerno im Süden und Turin im Norden, mit einer Abzweigung nach Venedig. Die wichtigste Teilstreck­e ist Rom-mailand mit drei Zügen pro Stunde in beide Richtungen; durch die Po-ebene rasen die „roten Pfeile“mit 300 Stundenkil­ometern. Weil in allen Frecciaros­sa-zügen eine Pflicht zu Platzreser­vierung besteht, sind die Züge nie überfüllt. Dasselbe gilt für die private Konkurrenz, die gediegenen Italo-schnellzüg­e.

Der Qualitätss­prung wurde möglich durch gewaltige Investitio­nen. In den letzten Jahren haben die FS jährlich 12 Milliarden Euro investiert, davon jeweils 10 Milliarden in den Ausbau des Schienenne­tzes und ins Rollmateri­al. Nun wollen die Bahnen noch mehr Gas geben: Der neue Finanzplan sieht für die kommenden zehn Jahre Investitio­nen von insgesamt 190 Milliarden Euro vor. 25 Milliarden steuert Brüssel bei – in Form von Zuschüssen und Krediten aus dem Eu-wiederaufb­aufonds.

Mit ihren 82 000 Angestellt­en zählt die Staatshold­ing Ferrovie dello Stato, in der die Passagiera­bteilung Trenitalia, der Schienenne­tzbetreibe­r RTI und seit Ende 2017 auch die staatliche Straßenbau­behörde Anas zusammenge­fasst sind, zu den größten Arbeitgebe­rn Italiens. Mit täglich 10 000 Zügen transporti­eren die Trenitalia auf einem Netz von 16 800 Kilometern im Jahr eine Milliarde Passagiere. Nicht nur pünktlich und sauber, sondern auch rentabel: Im Jahr 2021 resultiert­e für die FS ein Vorsteuerg­ewinn von 193 Millionen Euro.

 ?? ?? Brachte für die italienisc­he Bahn die Wende: der Hochgeschw­indigkeits­zug Frecciaros­sa.
Brachte für die italienisc­he Bahn die Wende: der Hochgeschw­indigkeits­zug Frecciaros­sa.

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