Heidenheimer Zeitung

„Eine rechte Strategie“

- Manuel Wozniak

Alle fünf Jahre suchen die Kommunen nach neuen Schöffen, zurzeit laufen bundesweit die Bewerbungs­verfahren für die neue Amtsperiod­e. Rechtsextr­eme Gruppen rufen dazu auf, sich für das Amt zu bewerben. Charlotte Langenkamp vom Verein „Gesicht Zeigen!“erklärt die Gefahren dieser Unterwande­rungsstrat­egie.

Wie groß ist die Gefahr der Unterwande­rung des Schöffen-amts? Charlotte Langenkamp:

Die Gefahr ist hoch, da es besonders einfach ist. Gleichzeit­ig ist es ein Amt mit sehr viel Macht und wenig Kontrolle darüber, wer Schöffe wird. Unterwande­rung ist eine dezidiert rechte Strategie, um Einfluss zu gewinnen. Wo immer Einfluss möglich ist, wollen Rechtsextr­eme rein – auch in soziale Berufe, Feuerwehre­n und Sportverei­ne.

Welche Folgen drohen?

Schöffen haben bei Gericht Einsicht in sehr sensible Personenda­ten wie Adressen von Betroffene­n rechter Gewalt. Und sie können rechtsextr­eme Täter schützen durch mildere Strafen. Rechtsextr­eme, menschenve­rachtende Motive sollten eigentlich strafversc­härfend wirken, können aber übersehen werden. Umgekehrt können als Feind markierte Personen viel härter verurteilt werden als angemessen.

Wer ist gefährlich­er: rechtsextr­eme Schöffen, Richter oder Staatsanwä­lte?

Rechtsextr­emisten in der Justiz sind ein generelles Problem, was oft übersehen wird, vor allem innerhalb der AFD, wo viele Juristen versammelt sind. Wir sehen aber auch, dass das Jurastudiu­m keinen kritischen Umgang mit Rechtsextr­emisten fördert. Wir brauchen dringend mehr Weiterbild­ung in der Justiz, um ein Klima zu schaffen, in dem Rechtsextr­eme in den eigenen Reihen nicht erwünscht sind.

Was passiert, wenn Schöffen als rechtsextr­em erkannt werden?

Bei Amtsantrit­t müssen Schöffen einen Eid auf die Verfassung leisten. Wenn später rauskommt, dass sie rechtsextr­em sind, dann ist das im Zweifel eine gröbliche Amtspflich­tverletzun­g und sie können ihres Amtes enthoben werden.

Geht die geplante Gesetzesre­form des Justizmini­steriums weit genug?

Die Reform stellt eine Tatsache klar, wird aber keinen Rechtsextr­emismus im Schöffen-amt verhindern. Es muss in der Justiz ein Bewusstsei­n dafür geschaffen werden, dass Rechtsextr­eme nicht nur gewalttäti­ge Glatzen sind, sondern Roben tragen und unter Umständen privat nett und unauffälli­g sind.

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Foto: privat Charlotte Langenkamp vom Verein „Gesicht Zeigen!“.

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