Heidenheimer Zeitung

Elektrisie­rende Hommagen

50 Jahre Bühnengesc­hichte in vier Stunden: Siggi Schwarz feierte am Freitag und Samstag zusammen mit dem Who is Who der Rock-szene sein Jubiläum im Lokschuppe­n.

- Von Maximilian Haller hz.de/bilder

Songs über die besten Jahre gibt es zu Genüge. Meistens sind sie dabei aus einer jüngeren Perspektiv­e heraus geschriebe­n. „Will you still need me, will you still feed me, when I’m sixty-four?“, fragten die „Beatles“bereits 1967. Dass das Leben erst mit 66 Jahren anfängt, proklamier­te Udo Jürgens nur zehn Jahre später. Ziemlich genau dazwischen liegt Siggi Schwarz.

Vor wenigen Tagen erst durfte er die 65. Kerze auf seinem Geburtstag­skuchen anzünden. Und die 50. gleich dazu. Denn zusätzlich zu seinem Geburtstag zelebriert der Heidenheim­er Gitarrist fünf Jahrzehnte auf der Bühne. Wo man einen solchen Meilenstei­n feiert? Auf der Bühne natürlich.

Koryphäen in Heidenheim

Im Rockschupp­en, pardon, im Lokschuppe­n versammelt­e Siggi Schwarz am Freitag das Who is Who der Rockszene – eine zweite Auflage gab es am Samstagabe­nd. Auf einen Teil der Gästeliste musste jedoch kurzfristi­g verzichtet werden. Chris Thompson, Bernie Marsden und Ray Dorset alias Mungo Jerry fielen krankheits­bedingt aus.

Wo fängt man an, bei 50 Jahren Bühnengesc­hichte? Bei der Magie natürlich! „A Kind of Magic“ließ das Publikum im ausverkauf­ten Lokschuppe­n warmlaufen, nicht zuletzt dank der Stimme von Markus Engelstädt­er. Beständig rockiger wurde es anschließe­nd dank der vokalen Unterstütz­ung von Dave Schaefer und Tom

Croèl – um dann kurz darauf einige deutlich ruhigere Töne anzuschlag­en.

Frank Diez, der 30 Jahre lang mit Peter Maffay musiziert hat, verneigte sich gleich zweimal: Erst buchstäbli­ch vor Siggi Schwarz für dessen Verdienste und dann metaphoris­ch vor dem Blues. Seine Darbietung von „Slow Blues“gehörte gleicherma­ßen zu den sanftesten und den einnehmend­sten Momenten des Abends.

Feiner britischer Humor

Weniger schwermüti­g, dafür mit einer reizenden Prise britischem Humor, betrat der englische Schlagzeug­er Pete York die Bühne. „Bevor ich anfange, I’d like to say ein paar Worte“, sprach York in Richtung Publikum. Er werde gleich den „Spencer Davis Group“-hit „Keep on Running“zum Besten geben, allerdings müsste der Titel wohl in „Keep on Crawling“umbenannt werden, sagte York mit augenzwink­erndem Blick auf die Tatsache, dass er selber mit Gehstock die Bühne betreten hatte. Gehstock hin oder her, Pete York bewies, dass er mit seinen inzwischen 80 Jahren

keinesfall­s kürzertret­en braucht, zumindest nicht am Schlagzeug. Bei „I’m a Man“lieferten York, Matthias Bäuerlein und Bernd Elsenhans großartige Drum-soli ab.

Ganz schön bayrisch wurde es mit dem überwiegen­d als Schauspiel­er bekannten Wolfgang Fiereck: „Ihr seid’s joa Rock-fans. Wos hoabt’s ihr mit dr Resi am Hut?“, fragte Fiereck das Publikum. Genug, urteilte dieses und sang aus voller Kehle bei Fierecks Schlager-hit „Resi, i hol di mit mei’m Traktor ab“mit. Der gebürtige Münchner steuerte zu jedem seiner Songs eine Hintergrun­dgeschicht­e bei – und schien dabei leider nicht zu bemerken, dass er seinen Auftritt damit ordentlich in die Länge zog und sich selbst der größte „Resi“-fan irgendwann zu fragen begann, wann es denn bitte endlich mit dem Programm weitergehe­n möge.

Impromptu-soundcheck

Wesentlich versöhnlic­her gab sich das Publikum bei Andreas Kümmert. Der musste, lange bevor er den ersten Ton ins Mikrofon sang, notgedrung­en und im Schnelldur­chlauf einen Soundcheck machen. Und wow! Was für ein erster Ton. Zahlreiche, ebenso großartige Töne sollten folgen. Mit der unangefoch­tenen Stimme des Abends gab Andreas Kümmert unter anderem seine Interpreta­tion von „Ain’t No Sunshine“zum Besten, an die man sich noch lange nach Ende des Konzerts erinnerte.

Weit über vier Stunden lang rockte Siggi Schwarz samt Kompagnons

– darunter bekannte Gesichter aus dem Siggi-kosmos wie etwa Danny O‘steen, Max Hunt oder Claudia Kane – den Lokschuppe­n. Womöglich sogar für den Heidenheim­er ein neuer Rekord. Aber anderersei­ts ging es dabei um 50 Jahre Bühnengesc­hichte. Um die gebührend zu erzählen, braucht es eben Zeit. Zeit, die sich Schwarz auch für sein Gitarren-solo in Gary Moores „Empty Rooms“nahm. Zeit, die zeigte, dass Siggi Schwarz nicht ohne Grund seit fünf Jahrzehnte­n erfolgreic­h Musik macht.

Mehr Fotos vom Konzert am Freitag gibt es unter

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Fotos: Rudi Penk „50 Years of Rock ‚n‘ Roll“zelebriert­e Siggi Schwarz zusammen mit zahlreiche­n Größen der Rock-szene, darunter Markus Engelstädt­er (links), am Wochenende im Lokschuppe­n.
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Der Lokschuppe­n war an beiden Konzertabe­nden ausverkauf­t.

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