Quer durchs Ernährungs-alphabet
Mit „Jojo-effekt“wagt sich das Schnaitheimer „Sasse“-theater erstmals an ein Musical. Am Samstag feierte das Stück Premiere. Dabei gab es den ein oder anderen schiefen Ton – und viel Charme.
Wenn es im Haupthaarbereich mal wieder etwas zu lang wird, geht man zum Friseur. Wenn an den Hüften zu viel hängt, an wendet man sich dann? Im Idealfall: ebenfalls an seinen Friseur. Genau diesen Weg beschreiten drei Frauen aus verschiedenen Generationen im neusten Stück des Schnaitheimer „Sasse“-theaters. „Jojo-effekt“feierte dort am Samstagabend Premiere.
Margot (Erika Welches), Claudia (Nena Veelbehr) und Steffi (Jenny Jahraus) wollen sich bei Friseur Sascha (Christoph Kicherer) die Haare machen lassen. Dank eines plötzlichen Stromausfalls sitzt das Quartett nun aber erstmal mit nassen Haaren im Salon fest und kommt miteinander ins Gespräch. Tatsächlich wird jedoch nicht nur getratscht, es wird darüber hinaus auch gesungen. Erstmals wagt sich die „Sasse“mit dem Stück an ein Musical.
Charmant überspitzt
Selbstverständlich stehen auf der Bühne keine professionellen Sängerinnen und Sänger. Der gelegentliche schiefe oder flache Ton ist daher zu erwarten. Erfreulicherweise sind sowohl Handlung als auch Charaktere angenehm überspitzt, sodass der ein oder andere gesangliche Makel letztlich charmant zum Gesamtbild passt. Und da, wo die Töne sitzen, funktioniert es umso besser.
Mit der Entscheidung, sich an einem Musical zu versuchen, ist die „Sasse“durchaus ein gewisses Risiko eingegangen. Anhand der Reaktionen des Publikums lässt sich jedoch klar sagen: Wer wagt, gewinnt – zumindest in diesem Fall. Hilfreich ist dabei sicherlich die Songauswahl des „Diäticals“, geschrieben von Kerstin Langner-jorgensen, in Schnaitheim inszeniert von Lars Helfert und Christoph Kicherer.
„Griechischer Wein“, „Hungriges Herz“, „Ich bin rund und gesund“, „Aber bitte mit Sahne“: Genretechnisch wandelt „Jojo-effekt“zwischen Pop, Schlager und
Jazz, thematisch dreht sich in den Musiknummern alles ums Futtern. Die drei Damen und ihr Friseur stolpern im Laufe der Handlung einmal quer durch das Ernährungs-alphabet. Diäten, Trennkost, Diäten durch Pillen, Vegetarismus, Wodka-diäten, Fasten – alles schon probiert, gefruchtet hat es hingegen seltenst.
Weder bei Hausfrau Margot, die schon seit Jahrzehnten mit ihrem Mann verheiratet ist, noch bei Karrierefrau Claudia, die ihren Job jeglichen Männerbekanntschaften vorzieht, und schon gar nicht bei Floristin Steffi, die ihren festen Freund womöglich ein wenig zu sehr idealisiert. Auch Friseur Sascha kann die Kuchengabel bisweilen nur schwer aus der Hand legen, obgleich er seinen Blick eher auf die Ankunft seines griechischen Lovers richtet.
Man sieht also: Die Vier schlagen sich nicht nur mit überschüssigen Pfunden, sondern zu allem Übel auch noch mit Männern herum – sowohl mit überschüssigen als auch mit nicht existenten. Zwei gewichtige Themen, leicht präsentiert. Dem sympathischen Ensemble ist es zu verdanken, dass die Handlung nicht zu sehr an Hüftgold verliert. Denn hier ist jedes Kilo absolut erwünscht.