Die ganze Nachbarschaft steht unter Schock
Eine Explosion legt eine Haushälfte in Stuttgart in Schutt und Asche. Vier Personen erleiden Verletzungen, am Abend wird eine Leiche geborgen.
Um kurz nach drei Uhr in der Früh habe er einen „Riesenknall“gehört, sagt Luigi Pantisano. Er habe die Polizei gerufen. Kurz darauf habe er gesehen, wie die Nachbarsfamilie mit zwei Kindern im Alter von 11 und 13 Jahren aus dem brennenden Haus nebenan geklettert kam.
Jetzt, rund sieben Stunden später, steht Pantisano wieder auf der Köllestraße im Stuttgarter Westen und schaut auf die Trümmer. Die Rauchwolken des Schwelbrands sind weithin zu sehen. Spürhunde und eine Drohne sind im Einsatz, weil die 85-jährige Oma der Familie noch vermisst wird. Am Abend wird eine Leiche geborgen, mutmaßlich handele es sich um die vermisste Frau, teilt die Polizei mit.
Auf der ganzen Straße sind Trümmer verteilt. Ein Abschleppwagen, beladen mit einem ausgebrannten Skoda Octavia, quält sich den engen Rommelsweg, eine Zugangsstraße, hoch. Eine ganze Reihe an Autos wird abgeschleppt, damit das Technische Hilfswerk (THW) mit schwerem Gerät anrücken kann, die Feuerwehr hat den Brand am Montagvormittag mittlerweile unter Kontrolle.
Die Köllestraße wird von mehrgeschossigen Wohnhäusern dominiert. Sie liegt im Stuttgarter Westen, dem am dichtesten bevölkerten Stadtteil der Landeshauptstadt. Einige Straßen weiter oben beginnt bereits der Killesberg, ein Villenviertel mit hoher Porsche- und Mercedes-benz-geländewagen-dichte.
Über 100 Einsatzkräfte waren schon in der Nacht im Einsatz; kurz nach drei Uhr in der Früh gingen mehrere Notrufe ein. Der Brand hat auch die andere Doppelhaushälfte, aus der in der Nacht 14 Menschen gerettet werden konnten, in Mitleidenschaft gezogen. In der Nachbarschaft sind teilweise Fensterscheiben gesprungen, die Hitzeentwicklung ließ zudem Rollläden dahinschmelzen. In der Nacht wurden Menschen aus mehreren angrenzenden Gebäuden evakuiert, die Bewohner durften am Morgen aber wieder in ihre Wohnungen zurückkehren.
Der Schock ist dem Stuttgarter Linken-stadtrat Pantisano sieben Stunden nach dem Brand noch genauso anzumerken wie Hans-jochen Ogger, der ebenfalls in der Nachbarschaft wohnt. Ogger sagt, er habe gefühlt zwei Explosionen gehört. Er habe dann nachgeschaut, was los sei und die vierköpfige Familie, die sich aus dem brennenden Haus hatte retten können, nachts bei sich untergebracht.
Später wurde die Familie zu Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht, alle vier haben Verletzungen. Über die Schwere war zunächst nichts bekannt.
Pantisano hatte in der Nacht noch geholfen, den über 100-jährigen Vermieter, der im gleichen Haus wohnt, herauszuholen. Er selbst habe die Nacht mit seiner Familie bei Nachbarn, die etwas entfernter vom Brandort wohnen, verbracht.
Einen solchen Einsatz gebe es extrem selten, sagt der Amtsleiter der Stuttgarter Feuerwehr, George Belge. Es könne sein, dass die Explosion durch Gas ausgelöst worden sei, doch bislang stehe die Ursache nicht mit Sicherheit fest. Die Ermittlungen dürften sich angesichts der Schwere des Brandes ziehen.
Gleich am Morgen kommt der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) an den Unglücksort, um sich selbst ein Bild zu machen und den Rettungskräften zu danken. „Es ist ein sehr bedrückendes Bild“, sagt der Rathaus-chef.„was für ein Unglück in meinem Wahlkreis Stuttgartwest“, meldet sich auch der Grünen-bundestagsabgeordnete und Bundeswirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) via Twitter zu Wort. Auch er dankt den beteiligten Einsatzkräften und gibt der Hoffnung Ausdruck, dass die Vermisste „schnell und wohlauf “gefunden werde.
Am Mittag meldete die Feuerwehr, der Brand sei unter Kontrolle, wenn auch Glutnester weiter bekämpft werden mussten.