Kampf gegen die Vogelseuche
Die Funde infizierter Wildvögel alarmieren Hühnerhalter und Taubenzüchter. Sie hoffen, dass der gefährliche Erreger nicht in ihren Ställen landet.
Besuch darf gern kommen. Aber nicht zu Hühnern oder Tauben in Stall und Schlag, hier gilt: draußen bleiben. Vorsichtshalber. Uwe Bamberger hält es da wie gerade alle Geflügelzüchter: Sicherheit geht vor, die eigenen Tiere sollen möglichst wenig Kontakt bekommen zu allem außerhalb von Stall und Auslauf. Auf keinen Fall soll der Vogelgrippe-erreger die Tiere anstecken.
„Wechselkleidung für die Stallarbeit, Hygienemaßnahmen, keine Fremden beim Geflügel, außerdem Netze oder Maschendraht über dem Auslauf, das ist alles wichtig, und das wissen alle Geflügelzüchter“, sagt Bamberger, 69, Veterinärmediziner und Immunologe aus dem oberschwäbischen Ochsenhausen. Seit bald sechs Jahrzehnten züchtet er selbst Hühner und Tauben. „Inzwischen nur noch Tauben“, sagt Bamberger, „Geflügelzucht war in meiner Familie immer Thema, schon der Uropa hat es gemacht.“
Beim Landesverband der Rassegeflügelzüchter von Württemberg und Hohenzollern ist Bamberger Beisitzer für Tier- und Artenschutz. Zum ehrenamtlichen Job gehört, dass die verschärften Biosicherheitsmaßnahmen gegen die Verbreitung der Vogelgrippe breit bekannt gemacht werden. „Das ist passiert, über Vorträge, die Vereine, über Zeitschriften.“
Das Land hat die Sicherheitsmaßnahmen Ende Januar landesweit angeordnet. Zuvor hatten strengere Hygienemaßnahmen schon für die großen gewerblichen Haltungen gegolten. Seither müssen nun auch Hobby-halter mit wenigen Tieren die Maßnahmen beachten: Ställe müssen gegen unbefugten Eintritt gesichert sein, Schutz- und Wechselkleidung ist vorgeschrieben, ebenso Reinigung und Desinfektion und Meldepflichten für tote Tiere. Für den Handel gelten erweiterte Untersuchungsund Dokumentationspflichten.
97 Ausbrüche der Geflügelpest wurden seit Jahresbeginn landesweit bei Wildvögeln festgestellt bis 1. März, teilt das Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit. Das Geschehen werde weiterhin sorgfältig beobachtet, sagte Ministeriumssprecher Jonas Esterl. Von einer landesweiten Aufstallung sei bisher abgesehen worden – mit Blick auf die Verteilung der Geflügelpest-fälle, auf die Risikoeinschätzung des Friedrich-löffler-bundesinstituts für Tiergesundheit
und in Abstimmung mit dem Radolfzeller Max-planck-institut für Ornithologie.
Der Züchter und Tierschutzbeauftragte Bamberger findet das Vorgehen der Veterinärbehörden in Ordnung, auch der bisherige Verzicht auf eine landesweite Stallpflicht sei richtig. Die Behörden müssten „angemessen und risikobasiert“vorgehen, das machten sie auch, sagt der Immunologe. „Freilandhaltung muss möglich bleiben, solange es geht, das ist für die Tiere besser.“Einsperren etwa von Enten, Fasanen oder Pfauen auf Dauer sei alles andere als artgerecht. Als Kompromiss müssten Aufstallungs-zonen aber sein, um das Risiko der Geflügelpest-ausbreitung zu vermindern.
Ob das Vogelgrippe-geschehen dieses Frühjahr wieder abnehme, wie das früher zu beobachten war, sei keineswegs ausgemacht. „Früher wurde das in Südostasien unter Wildvögeln virulente Virus von Zugvögeln mitgebracht, die aus Skandinavien zu uns zum Überwintern kommen“, so Bamberger. „Inzwischen ist das Virus aber bei unseren Wildvögeln endemisch“, die Verbreitung hänge nicht mehr nur von den Vögeln ab, die im Frühjahr wieder abfliegen.
Kein Ende in diesem Frühjahr?
Nach der Saison 2021/22 mit dem bisher größten Vogelgrippe-geschehen sei die Epidemie letzten Sommer nicht vollständig zum Erliegen gekommen, sagt Ministeriumssprecher Esterl. „Es muss nun abgewartet werden, ob sich dies im kommenden Sommer fortsetzt.“Geflügelhalter sollten die Biosicherheitsmaßnahmen „ganzjährig konsequent“weiterführen. Zudem gehe das Wildvögel-monitoring weiter, um Infektionen früh zu erkennen.
Geflügelzüchter wie Bamberger hoffen darauf, dass die Vogelgrippe wieder abebbt. Schließlich sollen von nächsten Herbst an wieder landesweit große und kleine Ausstellungen wie die Landesgeflügelschau in Ulm stattfinden. Und auch das Züchten jetzt ab Frühjahr werde durch Aufstallen schwer beeinträchtigt: „Wenn die Vögel eingesperrt sind, wird es schwierig mit Nachwuchs.“