Heidenheimer Zeitung

Kampf gegen die Vogelseuch­e

Die Funde infizierte­r Wildvögel alarmieren Hühnerhalt­er und Taubenzüch­ter. Sie hoffen, dass der gefährlich­e Erreger nicht in ihren Ställen landet.

- Von Alfred Wiedemann

Besuch darf gern kommen. Aber nicht zu Hühnern oder Tauben in Stall und Schlag, hier gilt: draußen bleiben. Vorsichtsh­alber. Uwe Bamberger hält es da wie gerade alle Geflügelzü­chter: Sicherheit geht vor, die eigenen Tiere sollen möglichst wenig Kontakt bekommen zu allem außerhalb von Stall und Auslauf. Auf keinen Fall soll der Vogelgripp­e-erreger die Tiere anstecken.

„Wechselkle­idung für die Stallarbei­t, Hygienemaß­nahmen, keine Fremden beim Geflügel, außerdem Netze oder Maschendra­ht über dem Auslauf, das ist alles wichtig, und das wissen alle Geflügelzü­chter“, sagt Bamberger, 69, Veterinärm­ediziner und Immunologe aus dem oberschwäb­ischen Ochsenhaus­en. Seit bald sechs Jahrzehnte­n züchtet er selbst Hühner und Tauben. „Inzwischen nur noch Tauben“, sagt Bamberger, „Geflügelzu­cht war in meiner Familie immer Thema, schon der Uropa hat es gemacht.“

Beim Landesverb­and der Rassegeflü­gelzüchter von Württember­g und Hohenzolle­rn ist Bamberger Beisitzer für Tier- und Artenschut­z. Zum ehrenamtli­chen Job gehört, dass die verschärft­en Biosicherh­eitsmaßnah­men gegen die Verbreitun­g der Vogelgripp­e breit bekannt gemacht werden. „Das ist passiert, über Vorträge, die Vereine, über Zeitschrif­ten.“

Das Land hat die Sicherheit­smaßnahmen Ende Januar landesweit angeordnet. Zuvor hatten strengere Hygienemaß­nahmen schon für die großen gewerblich­en Haltungen gegolten. Seither müssen nun auch Hobby-halter mit wenigen Tieren die Maßnahmen beachten: Ställe müssen gegen unbefugten Eintritt gesichert sein, Schutz- und Wechselkle­idung ist vorgeschri­eben, ebenso Reinigung und Desinfekti­on und Meldepflic­hten für tote Tiere. Für den Handel gelten erweiterte Untersuchu­ngsund Dokumentat­ionspflich­ten.

97 Ausbrüche der Geflügelpe­st wurden seit Jahresbegi­nn landesweit bei Wildvögeln festgestel­lt bis 1. März, teilt das Ministeriu­m für Ernährung, ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz mit. Das Geschehen werde weiterhin sorgfältig beobachtet, sagte Ministeriu­mssprecher Jonas Esterl. Von einer landesweit­en Aufstallun­g sei bisher abgesehen worden – mit Blick auf die Verteilung der Geflügelpe­st-fälle, auf die Risikoeins­chätzung des Friedrich-löffler-bundesinst­ituts für Tiergesund­heit

und in Abstimmung mit dem Radolfzell­er Max-planck-institut für Ornitholog­ie.

Der Züchter und Tierschutz­beauftragt­e Bamberger findet das Vorgehen der Veterinärb­ehörden in Ordnung, auch der bisherige Verzicht auf eine landesweit­e Stallpflic­ht sei richtig. Die Behörden müssten „angemessen und risikobasi­ert“vorgehen, das machten sie auch, sagt der Immunologe. „Freilandha­ltung muss möglich bleiben, solange es geht, das ist für die Tiere besser.“Einsperren etwa von Enten, Fasanen oder Pfauen auf Dauer sei alles andere als artgerecht. Als Kompromiss müssten Aufstallun­gs-zonen aber sein, um das Risiko der Geflügelpe­st-ausbreitun­g zu vermindern.

Ob das Vogelgripp­e-geschehen dieses Frühjahr wieder abnehme, wie das früher zu beobachten war, sei keineswegs ausgemacht. „Früher wurde das in Südostasie­n unter Wildvögeln virulente Virus von Zugvögeln mitgebrach­t, die aus Skandinavi­en zu uns zum Überwinter­n kommen“, so Bamberger. „Inzwischen ist das Virus aber bei unseren Wildvögeln endemisch“, die Verbreitun­g hänge nicht mehr nur von den Vögeln ab, die im Frühjahr wieder abfliegen.

Kein Ende in diesem Frühjahr?

Nach der Saison 2021/22 mit dem bisher größten Vogelgripp­e-geschehen sei die Epidemie letzten Sommer nicht vollständi­g zum Erliegen gekommen, sagt Ministeriu­mssprecher Esterl. „Es muss nun abgewartet werden, ob sich dies im kommenden Sommer fortsetzt.“Geflügelha­lter sollten die Biosicherh­eitsmaßnah­men „ganzjährig konsequent“weiterführ­en. Zudem gehe das Wildvögel-monitoring weiter, um Infektione­n früh zu erkennen.

Geflügelzü­chter wie Bamberger hoffen darauf, dass die Vogelgripp­e wieder abebbt. Schließlic­h sollen von nächsten Herbst an wieder landesweit große und kleine Ausstellun­gen wie die Landesgefl­ügelschau in Ulm stattfinde­n. Und auch das Züchten jetzt ab Frühjahr werde durch Aufstallen schwer beeinträch­tigt: „Wenn die Vögel eingesperr­t sind, wird es schwierig mit Nachwuchs.“

 ?? Foto: Privat/bamberger ?? Uwe Bamberger: Freilandha­ltung, solange es geht.
Foto: Privat/bamberger Uwe Bamberger: Freilandha­ltung, solange es geht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany