Heidenheimer Zeitung

Ende einer großen Ära

Hermann Weinbuch hört nach 27 Jahren als Bundestrai­ner der Kombiniere­r auf. Zum Wm-abschluss blieb ihm eine Medaille verwehrt.

- Von Felix Neubauer und Erik Roos, sid

Zumindest seinen Golffreund­en wird Hermann Weinbuch mit seiner Renten-entscheidu­ng eine Freude bereitet haben. „Die trainieren den ganzen Winter. Ich habe denen immer gesagt: Ich muss halt übers Talent kommen“, scherzte der 62-Jährige nach dem letzten Wm-rennen „seiner“Kombiniere­r bei der WM in Planica: „Jetzt kann ich auch ein bisschen trainieren.“

Denn: Weinbuch hört zum Saisonende auf – und meint es dieses Mal ernst. Nach fast unglaublic­hen 27 Jahren als Bundestrai­ner, in denen er immer wieder mit seinem Abschied kokettiert hatte, sei nun „die Zeit gekommen, dass ich ins zweite Glied trete“, verkündete er: „Es ist schon ungewohnt zu sagen: Es ist vorbei. Ich kann jetzt etwas entspannte­r ins Leben schreiten.“

Seit 1996 im Amt

Was bleibt, ist eine der erfolgreic­hsten Perioden der deutschen Winterspor­tgeschicht­e. Seit Weinbuch 1996 das Amt des Bundestrai­ners übernommen hatte, sammelten die Nordischen Kombiniere­r unglaublic­he 59 Medaillen bei Großereign­issen. Sechs Olympiasie­ge und 15 Wm-titel fielen in seine Ära. Zwar blieb ihm in seinem letzten Wm-rennen eine weitere Medaille verwehrt, doch, so Weinbuch: „Die Freude überwiegt.“

„Wir haben eine tolle WM gehabt“, befand der ehemalige Weltmeiste­r angesichts der Ausbeute von vier Silbermeda­illen aus fünf Wettbewerb­en bei den Titelkämpf­en in Slowenien und ergänzte: „Für die Zukunft ist gesorgt.“Das ist nicht zuletzt Weinbuchs eigener Verdienst, nicht umsonst liegen seine Athleten ihm schon jetzt zu Füßen.

„Wir haben viele Erfolge feiern können. Er hinterläss­t eine ziemlich große Lücke“, sagte Eric

Frenzel, der mit Weinbuchs Hilfe im nordischen Winterspor­t der Männer bislang unerreicht­e 18 Wm-medaillen gewann. Und auch Julian Schmid, dreifacher Silbermeda­illengewin­ner von Planica, würdigte Weinbuch zum Abschied: „Er hat die Kombinatio­n in Deutschlan­d über Jahrzehnte geprägt. Wir werden schauen, dass wir einen würdigen Ersatz für ihn finden. Ich denke aber, dass das sehr schwierig werden könnte.“

Tatsächlic­h könnten die Fußstapfen kaum größer sein. „Es wird keine leichte Aufgabe sein, so einen Mann zu ersetzen“, sagte der Sportdirek­tor des Deutschen Skiverband­s (DSV), Horst Hüttel: „Da werden jetzt die Gespräche

Fahrt aufnehmen.“Der Zeitpunkt für einen Wechsel ist indes gut gewählt: Im Winter 2023/24 steht kein Großereign­is an, ein Nachfolger könnte in aller Ruhe anfangen.

Weinbuch selbst will dem DSV ohnehin erhalten bleiben, noch sei aber „nichts fixiert“, betonte der langjährig­e Erfolgscoa­ch. Auch Hüttel bekräftigt­e, mit Weinbuch bis 2026 weiter zusammenar­beiten zu wollen, damit dieser sein Wissen „an den Nachwuchs, an die Trainersch­ule“weitergebe­n kann. Einen besseren Mann für einen solchen Job könnte sich der DSV wohl gar nicht wünschen. Und zum Golfen wird Hermann Weinbuch dann sicher auch öfter kommen.

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Foto: H. Schmidt/dpa War selbst Weltmeiste­r: Hermann Weinbuch gewann 1985 Einzel- und Team-gold.

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