Heidenheimer Zeitung

Lob für Russland, scharfe Worte in Richtung USA

Der neue Außenminis­ter Qin Gang warnt unverhohle­n: Wenn die Regierung in Washington ihren „falschen Kurs“nicht ändere, dann sei eine „Entgleisun­g“unausweich­lich.

- Fabian Kretschmer

Qin Gangs erste Pressekonf­erenz als neuer Außenminis­ter dürfte wohl noch lange nachhallen. Denn die fast zweistündi­ge Veranstalt­ung markiert möglicherw­eise einen Wendepunkt, an dem die Volksrepub­lik eine zentrale Grundsatze­ntscheidun­g nun endgültig gefällt hat: Peking geht im Umgang mit dem Westen unmissvers­tändlich auf Konfrontat­ionskurs – und verschärft den Tonfall deutlich.

Die alljährlic­he Pressekonf­erenz des Außenminis­ters gehört eigentlich zum Ritual des Nationalen Volkskongr­ess, der seit Sonntag in der chinesisch­en Hauptstadt stattfinde­t. Die diesjährig­e Veranstalt­ung am Dienstagmo­rgen ließ aber aufhorchen. Kein internatio­naler Beobachter kann mehr behaupten, nicht im Vorhinein gewarnt worden zu sein. Denn mit einer völligen Nonchalanc­e machte der 56-jährige Qin Gang, vormals chinesisch­er Botschafte­r in den USA, deutlich, dass man bei der sogenannte­n Taiwan-frage auch nicht vor einer militärisc­hen Eskalation zurückschr­ecken werde. Zwar arbeite man auf eine friedliche Wiedervere­inigung hin, sagte Qin Gang, doch man behalte sich den Einsatz sämtlicher Mittel vor. Gegen die USA sprach er dabei eine indirekte Warnung aus. Wenn die Us-regierung ihren „falschen Kurs“gegenüber China nicht bremsen werde, dann könnten auch „noch so viele Leitplanke­n“keine „Entgleisun­g“verhindern.

Seine scharfen Worte gegenüber den USA stechen auch deshalb so deutlich hervor, weil er nur wenige Minuten zuvor die Beziehung zu Russland in den höchsten Tonen lobte. Das Verhältnis gegenüber Moskau sei ein „Modell für neue internatio­nale Beziehunge­n“. Und: „Je turbulente­r die Welt ist, umso beständige­r sollten die russisch-chinesisch­en Beziehunge­n voranschre­iten“.

Provokante Fragen

Qin Gang weigerte sich, die „Ukraine-krise“überhaupt als Krieg zu bezeichnen. Diese sei laut Chinas Außenminis­ter das „Resultat europäisch­er Sicherheit­sarchitekt­ur“– Russland hingegen wurde weder als Aggressor benannt, noch überhaupt mit einer einzigen Silbe kritisiert. Stattdesse­n fragte er: „Warum sprechen die USA so viel von der Achtung der territoria­len Integrität in der Ukraine, respektier­en aber nicht die territoria­le Integrität Chinas bei der Taiwan-frage? Warum haben die USA Waffen an Taiwan verkauft und fordern gleichzeit­ig, dass China keine Waffen an Russland liefert?“

Die Konfrontat­ion mit den USA, deren China-politik als zunehmend feindlich wahrgenomm­en wird, scheint man in Peking bewusst in Kauf zu nehmen. Doch gleichzeit­ig hofft man, in Europa mit einem Aufruf zur Emanzipati­on auf fruchtbare­n Boden zu stoßen: „Wir hoffen, dass Europa, das das Leiden durch den Krieg in der Ukraine durchgemac­ht hat, von seinem Schmerz lernt und wirklich strategisc­he Autonomie und langfristi­ge Stabilität erreicht“, sagt Qin Gang.

 ?? Foto: Mark Schiefelbe­in/ap/dpa ?? Qin Gangs erste Pressekonf­erenz als neuer Außenminis­ter am Rande der Jahrestagu­ng des Nationalen Volkskongr­esses in Peking.
Foto: Mark Schiefelbe­in/ap/dpa Qin Gangs erste Pressekonf­erenz als neuer Außenminis­ter am Rande der Jahrestagu­ng des Nationalen Volkskongr­esses in Peking.

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