Heidenheimer Zeitung

Drei Professure­n für Rechtsextr­emismus-forschung

Uni Tübingen erhält Zuschlag für neue Einrichtun­g. Land gibt dafür jährlich 1,2 Millionen Euro.

- Theo Westermann

An der Universitä­t Tübingen soll eine neue Forschungs­stelle Rechtsextr­emismus entstehen, die vom Land mit 1,2 Millionen Euro im Jahr finanziert wird. Die Eberhard-karls-universitä­t setzte sich mit ihrem Konzept bei einer Auswahlent­scheidung einer unabhängig­en Kommission gegen die Universitä­t Mannheim durch. Mit der Forschungs­stelle werde eine Empfehlung des zweiten Untersuchu­ngs-ausschusse­s des Landtags zum NSU und der Koalitions­vertrag umgesetzt, sagte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. „Vom Rechtsextr­emismus geht die größte Gefahr für unsere Demokratie aus“, betonte der Regierungs­chef. Je mehr man darüber wisse, desto besser könne man dem begegnen.

Die neue Forschungs­stelle, die als bundesweit einzigarti­g gilt und auch in der Lehre aktiv sein soll, wird mit drei Professure­n ausgestatt­et, die Uni Tübingen fügt zudem eine Juniorprof­essur hinzu. Das Land ergänzt damit die vor drei Jahren eingericht­ete Dokumentat­ionsstelle Rechtsextr­emismus am Generallan­desarchiv in Karlsruhe, die sich mit dem Sammeln und Auswerten von Archivmate­rialien befasst.

Mit der ersten politikwis­senschaftl­ichen Professur zur Rechtsextr­emismus-forschung in Deutschlan­d wähle Baden-württember­g nicht nur einen innovative­n Ansatz, sagte Wissenscha­ftsministe­rin Petra Olschowski (Grüne). Das Land stelle zugleich sicher, dass das Thema dauerhaft und systematis­ch erforscht werde.

Die Forschungs­stelle soll die landesspez­ifischen Bedingunge­n und Forschungs­bedarfe in den Blick nehmen und mit bestehende­n Strukturen der Extremismu­spräventio­n und Rechtsextr­emismus-forschung innerhalb des Landes und darüber hinaus kooperiere­n sowie Netzwerke aufbauen und stärken.

Es gehe auch um die Übergangss­trukturen hin zum Rechtsextr­emismus, so Olschowski. Die neue Tübinger Stelle, deren Aufbau bereits im April beginnen soll, und die bestehende Karlsruher Einrichtun­g sollen eng zusammenar­beiten, sagte die Ministerin weiter.

FDP und SPD begrüßten die neue Forschungs­stelle. Der FDPLandtag­sabgeordne­te Dennis Birnstock erklärte: „Die Einrichtun­g einer institutio­nellen Forschungs­stelle mit Finanzieru­ngssicherh­eit ist das richtige Signal und vor dem Hintergrun­d aktueller Vorfälle extremisti­scher Gewaltausb­rüche auch dringend geboten“. Spd-innenexper­te Boris Weirauch nannte die Pläne einen „Meilenstei­n im Kampf gegen Rechts“.

Kritisch wird die neue Forschungs­stelle dagegen von der AFD gesehen: „Die These vom Rechtsextr­emismus als größter Gefahr für die Demokratie lässt sich in Anbetracht der Zahlen linksextre­mer und auch islamistis­cher Gewalttate­n schlichtwe­g nicht halten. Das haben erst jüngst die skandalöse­n Vorgänge rund um den Afd-parteitag in Offenburg wieder einmal bewiesen“, so Afd-fraktionsc­hef Anton Baron.

Größte Gefahr für unsere Demokratie geht vom Rechtsextr­emismus aus. Winfried Kretschman­n (Grüne) Ministerpr­äsident

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