Heidenheimer Zeitung

Lieber Frauentag,

- Manfred F. Kubiak

wenn ein Mann Dich bemerkt, dann bin ich das. Ich mag Frauen. Ich habe meine Teenagerja­hre in einer Schulklass­e genossen, in der zwei Jungen auf zehn Mädchen kamen. Das Ganze in der zweiten Hälfte eines Jahrzehnts, an dessen Ende Women’s Liberation nicht nur im Text eines berühmten Songs von Frank Zappa Aufmerksam­keit erregt hatte. Das prägt.

Nicht zuletzt aber gemahnst Du mich, Frauentag, daran, dass ich schon mal meiner Zeit voraus war. Denn heute reden alle davon, damals nur ich und zuvor eine Frau mit grünem Parteibuch. Diese hatte, so um den Frauentag des Jahres 2000 herum, moniert, dass in einem Artikel der Auftritt zweier Damen aus Übersee mit dem Attribut herrlich belegt worden war. Das war nicht witzig gemeint, da schien schon ganz humorlos der Sonnenunte­rgang jener rein ideologisc­h operierend­en Genderfrak­tion durch, die heute unter frommem Vorwand recht weit dabei vorangekom­men ist, die Sprache nach ihren Vorstellun­gen zu säubern.

Auf dementspre­chend kompromiss­los unfruchtba­ren Boden fiel denn auch mein in einer Glosse hier im Blatt abgegebene­s Verspreche­n, als eine Art Buße in Zukunft nie mehr „herrlich“, sondern nur noch „dämlich“schreiben zu wollen. Im Gegenteil. Es fielen weitere grüne Damen in Leserbrief­en über mich her, die Gründe meiner Entgleisun­g wurden wahlweise in einer zu klein geratenen Mannesehre oder einem zu lang getragenen Schlips gesucht. Dabei bevorzuge ich die Fliege. Und die ist eine Frau.

Der Frauentag hingegen ist, so betrachtet, ein Mann. Doch dass er, jetzt mal Spaß beiseite, seit über hundert Jahren ohne durchschla­genden Erfolg begangen wird, beweist, dass Symbolismu­s nicht reicht. Und wo nun immer aggressive­r angeboten wird, die Probleme auf sprachlich­er Basis lösen zu können, ist das wieder nur so eine Aktion längst privilegie­rter Symboliste­n, die ganz gut damit leben können, am Frauentag für Frauen eigentlich die widrigen Umstände zu zelebriere­n, denen diese täglich ausgesetzt sind und deren Fortbesteh­en wiederum den Frauentag jedes Jahr aufs Neue ermöglicht. Aber das liest ja ohnehin niemand.

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