Mal beschwingt und mal melancholisch
Das Konzert in der Pauluskirche mit Monika Beck und Dörte Maria Packeiser erinnerte an die Passionszeit und weckte bisweilen sogar Assoziationen an Krimis.
Wie durch das Geläut der Glocken wurden die Gäste zum Konzert mit Violine und Orgel, gespielt von der Stuttgarter Geigerin Monika Beck und Organistin Dörte Maria Packeiser, in die hell erleuchtete Pauluskirche eingeladen. Den Weg dorthin fand aber nur ein sehr interessiertes Publikum, sodass die Bänke des neugotischen Gotteshauses nur etwa zur Hälfte besetzt waren.
Gedenken an Helmut Bornefeld
Die Zuhörer erlebten einen Abend mit Musik, die an die derzeitige Passionszeit erinnert. Gedacht wurde an dem Abend auch an Helmut Bornefeld. Bornefeld mag auch dem einen oder anderen noch bekannt gewesen sein. Nach seinem Studium trat er am 1. Januar 1937 die Organisten-stelle an der Pauluskirche an. Seine Musik galt zu Beginn seiner Tätigkeit als „entartet“und so konnte er erst nach dem Krieg 1945 mit seiner „eigentlichen“Arbeit beginnen. Freiere Formen seines musikalischen Werkes entstanden um 1960. Bis 1971 übte er sein Amt an der Pauluskirche aus. 1972 folgten ihm Friedrich Fröschle und 1982 Dörte Maria Packeiser im Amt des Kirchenmusikdirektors in Heidenheim.
Leicht beschwingt, aber dennoch melancholisch wurde mit der von Bornefeld 1983 überarbeiteten Andante und Fuge in A nach Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) in den Abend gestartet. Orgel und Violine spielten in einer angenehmen Höhe in einer Art Wechselgesang. Dies galt auch für das folgende Präludium von Henrich Kaminski (18861946).
Traurig bis unheimlich
Danach kam „Rebec“in der Überarbeitung von Helmut Bornefeld (Uraufführung 1979). “Rebec“ist der Name eines Streichinstruments persisch arabischen Ursprungs, das über Spanien und Südfrankreich in den bretonischbritischen Raum gekommen war. Ein ähnliches Instrument muss es schon im 7. Jahrhundert mit der „Chrotta“im keltischen Raum gegeben haben. Bis ins 18. Jahrhundert hinein hat es sich als Instrument des sonntäglichen Tanzvergnügens der Dorfjugend gehalten. Im Begleitblatt wurde an den europäisch-christlichen Totalitarismus und Kolonialismus erinnert, ohne den das Instrument möglicherweise nicht den Weg nach Europa gefunden hätte. Es wurde an die Schädigung und Zerstörung von zahllosen Kulturen erinnert und den Umgang damit heute.
„Rehàb“persischen als Bezeichnung der Urform des Instruments
bedeutet soviel wie „traurig tönend“. Dies entspricht auch dem Charakter dessen, was mit dem Stück „Rebec“zu hören war.
Leise mit langen tiefen disharmonischen Orgelklängen begann das Stück, dazwischen höhere Orgel-töne, die scheinbar durch einsetzende Violintöne aufgeheitert werden sollten. Aber dies wollte der Violine nicht so leicht gelingen. Sie stimmte in die gemeinsame Traurigkeit ein.
So traurig und teilweise unheimlich das Stück klang, so zeigte es doch eine große Spannweite, dessen was im Solospiel wie im gemeinsamen Spiel der beiden Instrumente möglich ist, auch welche Emotionen durch ein solches Spiel geweckt werden können. Emotional wurde stark das Düstere, Unheimliche, Trübe angesprochen.
Die Violine von Monika Beck glänzte durch extrem hohe Töne, die beinahe so hoch waren, dass sie für das menschliche Ohr kaum noch hörbar waren, wie auch durch die schnelle Tonfolge von einzelnen Noten und Tönen, die durch einen hohen Tonlageunterschied, vor allem von hoch nach tief, verbunden durch einen Bindebogen auf sich aufmerksam machten.
Bei der Orgel waren es zum Teil sehr lange, tiefe Disharmonien, die teilweise durch hohe
Töne der Orgel selber, aber auch durch die Violine begleitet wurden. Doch die Orgel spielte auch extrem kurze, an Schläge erinnernde Disharmonien. Gekonnt wurde extrem laut mit extrem leise kombiniert. Bei der gesamten Dramatik spielten auch die innerhalb des Stücks recht langen Pausen, die entweder durch extrem hohe Töne oder durch leise Disharmonien eingeleitet wurden, eine große Rolle. Wenn man sich nicht durch das Spiel selber in eine düstere Stimmung versetzen ließ, konnte das Gehörte durchaus an die musikalische Untermalung von Krimis oder Gruselfilmen erinnern.
Leicht und schwermütig zugleich
Abgeschlossen wurde der Abend mit Variationen über das Bachsche Corallied „Wie wohl ist mir, o Freud der Seelen“(1898) aus der Violinsonate Nr.2 op. 36 a, von Helmut Bornefed 1978 für Violine und Orgel überarbeitet. Damit wurden die Zuhörer mit einem etwas leichteren, wenn auch dennoch an manchen Stellen schwermütig klingenden Stück verabschiedet.
Ein zunächst verhaltener, dann sehr deutlicher und lang anhaltender Applaus mit Standing Ovations zollte dem gehörten virtuellen Spiel die verdiente Anerkennung.