Schutz vor Pekings Blicken
In anderen Ländern werden Kameras chinesischer Hersteller aus Sorge vor Spionage verboten. In Deutschland sind sie noch frei erhältlich.
Prominent an der Hauswand oder versteckt in einer Fuge: Überwachungskameras von chinesischen Herstellern wie Foscam, Tp-link, Dahua oder Hikvision gibt es in allen Formen und Farben – aber nicht mehr in allen Ländern. Aus Sorge vor chinesischer Spionage haben etwa die USA, Großbritannien und Australien Überwachungskameras der Volksrepublik aus ihren Ministerien verbannt, teils sogar vom Markt.
In Deutschland sind sie nach wie vor frei erhältlich. Inwiefern auch die Bundesregierung in puncto Spionage-prävention aktiv ist, oder es vorhat, ist unklar. Eine entsprechende Nachfrage blieb sowohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BFV), vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als auch vom Bundesnachrichtendienst (BND) unbeantwortet.
Das BFV hat aber eine Einschätzung zur Gefahrenlage bgegeben und auf Ausführungen des Verfassungsschutz-chefs Thomas Haldenwang verwiesen. Gegenüber der „Welt“sagte er, China gehöre zu den Staaten, „deren Geheimdienste in Deutschland erhebliche Aktivitäten“entfalteten. Und dass wir uns darauf einstellen müssten, „dass die breit gefächerten Ausspäh- und Einflussaktivitäten in den kommenden Jahren noch zunehmen werden“.
Adrijan Möricke findet, dass die Sorge vor chinesischer Spionage
grundsätzlich berechtigt ist. Der Redakteur des Computermagazins „c´t“kennt sich mit verschiedenen Kameratypen aus. Zwar lägen ihm keine konkreten Zahlen zu chinesischen Überwachungskameras in Deutschland vor. Jedoch gebe es „hunderttausende, wenn nicht Millionen von chinesischen Kameras, die westliche preislich unterbieten, frei bei Aliexpress, Amazon oder Ebay zu kaufen“, sagt Möricke. Unter den Herstellern finden sich auch Dahua und Hikvision, zwei Unternehmen, die im Teilbesitz der chinesischen Regierung sind und per Gesetz zur Zusammenarbeit mit chinesischen Sicherheitsbehörden verpflichtet sind.
Inwiefern es dem chinesichen Geheimdienst möglich ist, die Kameras als Spionagemittel zu instrumentalisieren, hängt nach seinen Worten von der Betriebsart der Kamera und der lokalen Netzwerkumgebung ab. So würden viele Kameras nur über Internet funktionieren. „Je nach Verfahren hat der Server aber Zugriff auf den Videostream oder könnte ihn sich zumindest verschaffen, weil er alle nötigen Daten hat“, sagt
Möricke. Viele Hersteller bieten auch Speicherdienste im Internet für Überwachungsaufnahmen – Möricke zufolge die risikoreichste Kamera-variante. Die chinesische Regierung könnte Hersteller zwingen, Gesichtserkennungssoftware zu installieren und eine verschlüsselte Verbindung aufzubauen, die eine unbemerkte Datenspionage
ermöglicht. Deshalb gelte immer der Merksatz: Wer seine Daten aus der Hand gibt, verliert auch die Kontrolle darüber, was mit ihnen passiert.
Während Möricke ein Verbot chinesischer Überwachungskameras nicht für sinnvoll hält, weil das dann auch mit chinesischen Smartphones, Smart-home-geräten, Routern und Co. geschehen müsste – rät er trotzdem von ihrem Gebrauch ab. „Insbesondere an behördlichen und militärischen Einrichtungen, aber auch in Unternehmen mit hohem Risiko für Wirtschaftsspionage.“Gerade im privaten Bereich sollten Nutzer sich überlegen, ob eine solche Kamera wirklich einen Sicherheitsgewinn bedeutet.
„Außerdem raten wir dazu, eine ans Internet angeschlossene Kamera niemals als Tech-spielzeug zu betrachten und die damit wahrscheinlich einhergehenden Eingriffe in die eigene Privatsphäre ernst zu nehmen.“Wer seine Daten im Internet trotzdem speichern wolle, sollte diese Funktion nur bei Bedarf einschalten. Alle anderen – Unternehmen eingeschlossen – sollten Kameras nur lokal betreiben und über eine sogenannte Firewall vom Internet abschotten. Um Videos zu speichern, lässt sich ein Netzwerkvideorekorder beschaffen oder Software wie Motioneye und Shinobi auf lokalen Servern einsetzen. Viele Netzwerkspeicher bieten Software zum Aufnehmen.
Speicherdienste im Internet bergen hohes Risiko.