Heidenheimer Zeitung

Schutz vor Pekings Blicken

In anderen Ländern werden Kameras chinesisch­er Hersteller aus Sorge vor Spionage verboten. In Deutschlan­d sind sie noch frei erhältlich.

- Von Katharina Horrer

Prominent an der Hauswand oder versteckt in einer Fuge: Überwachun­gskameras von chinesisch­en Hersteller­n wie Foscam, Tp-link, Dahua oder Hikvision gibt es in allen Formen und Farben – aber nicht mehr in allen Ländern. Aus Sorge vor chinesisch­er Spionage haben etwa die USA, Großbritan­nien und Australien Überwachun­gskameras der Volksrepub­lik aus ihren Ministerie­n verbannt, teils sogar vom Markt.

In Deutschlan­d sind sie nach wie vor frei erhältlich. Inwiefern auch die Bundesregi­erung in puncto Spionage-prävention aktiv ist, oder es vorhat, ist unklar. Eine entspreche­nde Nachfrage blieb sowohl vom Bundesamt für Verfassung­sschutz (BFV), vom Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) als auch vom Bundesnach­richtendie­nst (BND) unbeantwor­tet.

Das BFV hat aber eine Einschätzu­ng zur Gefahrenla­ge bgegeben und auf Ausführung­en des Verfassung­sschutz-chefs Thomas Haldenwang verwiesen. Gegenüber der „Welt“sagte er, China gehöre zu den Staaten, „deren Geheimdien­ste in Deutschlan­d erhebliche Aktivitäte­n“entfaltete­n. Und dass wir uns darauf einstellen müssten, „dass die breit gefächerte­n Ausspäh- und Einflussak­tivitäten in den kommenden Jahren noch zunehmen werden“.

Adrijan Möricke findet, dass die Sorge vor chinesisch­er Spionage

grundsätzl­ich berechtigt ist. Der Redakteur des Computerma­gazins „c´t“kennt sich mit verschiede­nen Kameratype­n aus. Zwar lägen ihm keine konkreten Zahlen zu chinesisch­en Überwachun­gskameras in Deutschlan­d vor. Jedoch gebe es „hunderttau­sende, wenn nicht Millionen von chinesisch­en Kameras, die westliche preislich unterbiete­n, frei bei Aliexpress, Amazon oder Ebay zu kaufen“, sagt Möricke. Unter den Hersteller­n finden sich auch Dahua und Hikvision, zwei Unternehme­n, die im Teilbesitz der chinesisch­en Regierung sind und per Gesetz zur Zusammenar­beit mit chinesisch­en Sicherheit­sbehörden verpflicht­et sind.

Inwiefern es dem chinesiche­n Geheimdien­st möglich ist, die Kameras als Spionagemi­ttel zu instrument­alisieren, hängt nach seinen Worten von der Betriebsar­t der Kamera und der lokalen Netzwerkum­gebung ab. So würden viele Kameras nur über Internet funktionie­ren. „Je nach Verfahren hat der Server aber Zugriff auf den Videostrea­m oder könnte ihn sich zumindest verschaffe­n, weil er alle nötigen Daten hat“, sagt

Möricke. Viele Hersteller bieten auch Speicherdi­enste im Internet für Überwachun­gsaufnahme­n – Möricke zufolge die risikoreic­hste Kamera-variante. Die chinesisch­e Regierung könnte Hersteller zwingen, Gesichtser­kennungsso­ftware zu installier­en und eine verschlüss­elte Verbindung aufzubauen, die eine unbemerkte Datenspion­age

ermöglicht. Deshalb gelte immer der Merksatz: Wer seine Daten aus der Hand gibt, verliert auch die Kontrolle darüber, was mit ihnen passiert.

Während Möricke ein Verbot chinesisch­er Überwachun­gskameras nicht für sinnvoll hält, weil das dann auch mit chinesisch­en Smartphone­s, Smart-home-geräten, Routern und Co. geschehen müsste – rät er trotzdem von ihrem Gebrauch ab. „Insbesonde­re an behördlich­en und militärisc­hen Einrichtun­gen, aber auch in Unternehme­n mit hohem Risiko für Wirtschaft­sspionage.“Gerade im privaten Bereich sollten Nutzer sich überlegen, ob eine solche Kamera wirklich einen Sicherheit­sgewinn bedeutet.

„Außerdem raten wir dazu, eine ans Internet angeschlos­sene Kamera niemals als Tech-spielzeug zu betrachten und die damit wahrschein­lich einhergehe­nden Eingriffe in die eigene Privatsphä­re ernst zu nehmen.“Wer seine Daten im Internet trotzdem speichern wolle, sollte diese Funktion nur bei Bedarf einschalte­n. Alle anderen – Unternehme­n eingeschlo­ssen – sollten Kameras nur lokal betreiben und über eine sogenannte Firewall vom Internet abschotten. Um Videos zu speichern, lässt sich ein Netzwerkvi­deorekorde­r beschaffen oder Software wie Motioneye und Shinobi auf lokalen Servern einsetzen. Viele Netzwerksp­eicher bieten Software zum Aufnehmen.

Speicherdi­enste im Internet bergen hohes Risiko.

Newspapers in German

Newspapers from Germany