Heidenheimer Zeitung

Anlauf gegen Xxl-parlament

Die FDP bringt einen Antrag ein, um die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren, doch der Vorschlag findet keine Mehrheit. Jetzt könnte es zu einem Volksbegeh­ren kommen.

-

Die Abgeordnet­en des Landtags in Badenwürtt­emberg haben mit großer Mehrheit eine drastische Reduzierun­g der Wahlkreise im Land abgelehnt. Die Abgeordnet­en von Grünen, CDU und SPD stimmten am Mittwoch gegen einen entspreche­nden Antrag der FDP. Die AFD enthielt sich. Die Liberalen wollten mit einer Reduzierun­g der Wahlkreise von 70 auf 38 analog zur Bundestags­wahl eine Aufblähung des Parlaments verhindern. Die FDP hatte zuvor angekündig­t, im Fall einer Ablehnung des Gesetzesen­twurfs ein Volksbegeh­ren mit dem gleichen Ziel in die Wege zu leiten.

Die Grünen-abgeordnet­e Daniela Evers sprach sich gegen die Reform aus, weil die Wähler dann zu wenig Einfluss darauf hätten, welche Wähler im Parlament säßen. Sie argumentie­rte mit der Nahbarkeit der Parlamenta­rier. Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Cdu-fraktion, Andreas Deuschle, nannte den Gesetzesen­twurf der FDP „unsäglich“. Ein Parlament mit 154 Abgeordnet­en sei eine würdige Größe, um elf Millionen Badenwürtt­emberger zu vertreten.

Fraktionsc­hef Hans-ulrich Rülke hingegen warb erneut für den Vorstoß – und zog das USRepräsen­tantenhaus als Vergleich

heran. Da säßen 435 Abgeordnet­e drin für ein Volk von rund 259 Millionen. „Wenn sie das ernsthaft umrechnen wollen, dann kommen sie auf einen Landtag in einer Größenordn­ung von 20 bis 25 Abgeordnet­en.“Rülke, der gleichzeit­ig stellvertr­etender Fdp-landeschef ist, hatte bereits vor der Abstimmung angekündig­t, unmittelba­r nach Ablehnung des Vorstoßes ein Volksbegeh­ren starten zu wollen. „Die Vorbereitu­ngen laufen schon“, sagte er der Deutschen Presse-agentur. „Denn es kann nicht sein, dass die Politik die Bürger zum Sparen anhält, die Parlamente aber immer fetter werden“, sagte Rülke.

Statt aktuell 154 und künftig potenziell über 200 Abgeordnet­e wolle man auf die Einhaltung der Sollgröße von 120 Abgeordnet­en hinwirken, hatten die Liberalen im Vorfeld betont. Es müsse verhindert werden, dass der Landtag nach der nächsten Landtagswa­hl auf ein Xxl-format anwachse, sagte Rülke. „Das letzte Mal, dass der Landtag von Baden-württember­g seine Sollgröße von 120 Abgeordnet­en eingehalte­n hat, war im Jahr 1972“, sagte er. „Seitdem hat er sich wie eine russische Matrjoschk­a-puppe Stück für Stück vergrößert.“Eine solche Puppe hielt Rülke auch bei seiner Rede im Plenum hoch.

Durch die erst vor wenigen Monaten beschlosse­ne Wahlrechts­reform befürchten die Liberalen eine weitere Zunahme der Abgeordnet­enzahl. Vor knapp einem Jahr wurde das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt und für Baden-württember­g ein Zwei-stimmen-wahlrecht eingeführt. Mit der Erststimme wird der Wahlkreisk­andidat oder die Wahlkreisk­andidatin direkt gewählt. Die Zweitstimm­e geht an eine Partei, die dafür eine Landeslist­e aufstellt – dadurch haben die Parteien mehr Einfluss bei der Kandidaten­kür. Die Sitzvertei­lung im Landtag bestimmt sich nach der Zweitstimm­e. Je nach Anzahl der Direktmand­ate einer Partei werden also ein Ausgleich und damit mehr Sitze im Parlament nötig, um eine Sitzvertei­lung gemäß der Zweitstimm­en zu erreichen.

 ?? ?? „Die Parlamente werden immer fetter“: Hans-ulrich Rülke (FDP).
„Die Parlamente werden immer fetter“: Hans-ulrich Rülke (FDP).

Newspapers in German

Newspapers from Germany